„Und dann vergisst sie es, und ich fange wieder von vorne an“
WELS. Seit August gleicht das Leben der fünffachen Mutter Daniela Augustin einer Dauerschleife. Ihre 63-jährige Mutter leidet an Lungenkrebs und einer Gehirnentzündung, die Tochter pflegt sie.
„Mama, es tut mir leid. Franz ist vor zwei Monaten gestorben und du bist krank und kannst nicht mehr alleine wohnen.“ Immer wieder muss sie ihrer 63-jährigen Mutter Ingrid erklären, dass deren Lebensgefährte verstorben ist und sie an Lungenkrebs und einer Gehirnentzündung erkrankt ist, durch die ihr Kurzzeitgedächtnis schwer beschädigt wurde.
„Die Gehirnentzündung hat ihr eigentlich das Leben gerettet“, sagt die fünffache Mutter. Nach Krampfanfällen Ende Juli kam ihre Mutter Ingrid ins Spital, wo die Ärzte bei Untersuchungen die Krebszellen in ihrem Körper entdeckten. „Laut Information der Ärzte kämpfte der Körper meiner Mutter stark gegen den Krebs an, wodurch sich Autoantikörper bildeten, die die Gehirnentzündung auslösten“, erinnert sich Daniela Augustin.
Wochenlang bangten die Angehörigen um Ingrids Leben. „Ihre Gehirnfunktion war fast bei null.“ Es sei ein Wunder, dass sie überhaupt wieder sprechen und gehen könne. „Wir waren alle so glücklich, dass es ihr wieder besser ging und sie nach Hause konnte.“ Allerdings: Solange die Lymphknoten mit Krebszellen befallen seien, werde die Entzündung nicht abheilen. „Wir hoffen, dass die Bestrahlung wirkt und ihr Kurzzeitgedächtnis wieder zurückkommt.“
Wieder ein Schicksalsschlag
Ingrid muss seither 24 Stunden am Tag betreut werden. „Eigentlich hätte ihr Lebensgefährte Franz das übernommen. Doch dann ist er Ende September ganz plötzlich verstorben“, sagt die 32-Jährige und blinzelt die Tränen weg. Von einem Tag auf den anderen war wieder alles anders im Leben der Familie Augustin. Er sei zwar nicht ihr leiblicher Vater gewesen, „aber er war der Opa meiner Kinder“. Die Kosten für das Begräbnis übernahm sie, um ihre Mutter nicht weiter zu belasten.
Da die Pflege nicht anders möglich sei, holten die Augustins Ingrid zu sich. Seither schlafen die Eltern im Wohnzimmer, die fünf Kinder teilen sich zwei Räume. So kann sich Ingrid zurückziehen, wenn ihr der Trubel zu viel wird. „Jede noch so kleine Veränderung belastet sie psychisch stark.“
Das größte Problem sei die Verwirrtheit. „Wir können sie keine zehn Minuten alleine lassen. Jeden Tag muss ich ihr aufs Neue erklären, warum sie hier bei uns ist und nicht bei ihrem Lebensgefährten. Und dann vergisst sie es, und ich fange wieder von vorne an“, sagt Daniela und seufzt. Der Antrag auf Pflegegeld sei trotzdem abgelehnt worden – Augustin werde gegen die Entscheidung Einspruch erheben. Um der Familie in dieser Zeit zumindest einen Teil der finanziellen Sorgen zu nehmen, unterstützt das OÖN-Christkindl bei den hohen Kosten für Begräbnis und Pflege.
Tante als Unterstützung
Daniela absolviert gerade eine Teilzeit-Ausbildung zur Fach-Sozialbetreuerin für Altenarbeit. Vormittags kümmert sich deshalb ihre Tante um Ingrid. „80 bis 90 Prozent der Betreuung stemmen wir alleine. Aber ohne die zehn bis 20 Prozent Unterstützung von meiner Tante und einem meiner Brüder würde alles zusammenbrechen.“ Wenn Daniela nach Hause kommt – meist gleichzeitig mit ihren Kindern – muss sie erst einmal ihre Mutter beruhigen.
Die Kinder mussten schnell selbstständig werden. „Aber sie machen das toll“, sagt ihre Mutter stolz. Die fünf halten zusammen und helfen einander, wenn ihre Mama gerade mit der Oma beschäftigt ist. „Wir haben alle gemeinsam beschlossen, dass Oma zu uns zieht.“
Seit zwei Monaten funktioniert Daniela Augustin nur noch. „Ich hatte keine Zeit, um zu trauern oder überhaupt zu verarbeiten, was passiert ist.“ Sie muss stark bleiben – für ihre Mutter, Vanessa, Elias, Niclas, Jana und Louis. Ihr Lebensgefährte ist ihr dabei eine große Stütze. „Wenn er von der Arbeit nach Hause kommt, kann ich zumindest ein wenig durchatmen.“
Kein "normaler" Haushalt
Gerade liegt der Jüngste – der sechsjährige Louis – mit 40 Grad Fieber im Bett. „Zum Glück ist meine Mama gerade ein paar Tage im Spital zur Bestrahlung. Am Donnerstag hole ich sie wieder, hoffentlich ist er bis dahin wieder einigermaßen gesund.“ Denn schon eine leichte Bronchitis könne für ihre Mutter lebensgefährlich sein. Deswegen befindet sich überall in der Wohnung Desinfektionsmittel. Schon jetzt ist Ingrids Lungenfunktion so schlecht, dass ein Rollstuhl beim Verlassen der Wohnung ihr ständiger Begleiter ist. „Psychisch ist es sehr schwer für Mama, weil sie glaubt, eine Last für uns zu sein. Und ja, es ist oft stark, aber meine Mutter ist keine Last für mich.“
Am Wochenende war die Familie zu acht am Weihnachtsmarkt. „Die zwei Kleinen sind mit einem Kettenkarussell gefahren, da hatte Mama ein Lächeln im Gesicht“, sagt Daniela hoffnungsvoll. Die Enkelkinder seien ihrer Mutter immer das Allerwichtigste gewesen. Umso schlimmer war es für ihre Tochter, mit anzusehen, als Ingrid ihnen gegenüber plötzlich aggressiv wurde, etwa wenn die Kinder laut spielten. „Das ist inzwischen zum Glück besser. Ich hätte nicht gewusst, was ich noch tun soll.“ Inzwischen kann Ingrid die Zeit mit ihren Enkeln wieder genießen. „Wir malen gemeinsam, spielen Brettspiele oder gehen an die frische Luft.“
Die Familie hofft, dass Ingrid wieder gesund wird und noch viele schöne Jahre vor sich hat. „Aber wir haben gelernt, jeden Tag zu schätzen und die Zeit zu genießen, die wir gemeinsam haben.“
So können Sie helfen
Plötzliche Erkrankungen können den Alltag einer Familie von einem auf den anderen Moment vollkommen auf den Kopf stellen. Bei diesen Schicksalsschlägen ist das OÖN-Christkindl zur Stelle und hilft, die Not zumindest ein bisschen zu lindern.
Wenn auch Sie mithelfen und Hoffnung schenken möchten, dann können Sie eine Spende auf das Christkindl-Konto (IBAN: AT94 2032 0000 0011 1790) überweisen. Vielen Dank für die Unterstützung!
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