Unser Geld soll grün werden
Die Finanzindustrie soll künftig eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz spielen. Zu Beginn steht aber ein Wust von EU-Richtlinien, der die Banken vor große Herausforderungen stellt.
- Wirtschaft Top 250: Die größten Unternehmen des Landes und ihre Chancen beim Klimaschutz
Die Idee ist bestechend. Wenn Europa die Klimawende schaffen will, dann braucht es hohe Investitionen. Und wo ist das Geld zuhause? In der Finanzindustrie, also bei Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften, die das Geld der Anleger verwalten.
"Das ist eine Riesen-Chance", sagt Michaela Keplinger-Mitterlehner, Obfrau der Sparte Banken und Versicherungen in der Wirtschaftskammer OÖ. Bei der Umsetzung sieht sie aber große Herausforderungen auf die Banken zukommen. "Wir sind nicht nur selbst gefordert, wir müssen auch Verantwortung für unsere Kunden übernehmen." Und es bestehe auch die Gefahr für Länder mit starker Industrie, wie eben Oberösterreich, dass sich daraus ein Nachteil ergeben könnte. "Da schwebt die Gefahr der Deindustrialisierung über uns", sagt Keplinger-Mitterlehner.
Am Anfang steht die Taxonomie. Das ist eine Liste, in der die EU sechs Umweltziele festlegt, die die Kommission als "grüne Aktivitäten" einstuft. Da gehören nicht nur der Klimaschutz dazu, sondern auch der Schutz von Wasser und Ressourcen im weitesten Sinne.
Die wendet sich erst einmal an alle größeren Unternehmen. Sie müssen ihre Umsätze, Investitionen und Aufwände offenlegen. Welche Aktivität als "taxonomiekonform" eingestuft werden kann, muss anhand von technischen Kennzahlen bewertet werden.
Das müssen auch die Banken für sich selbst machen, aber darüber hinaus müssen sie auch ihr Kreditportfolio entsprechend überprüfen. Denn am Ende des Prozesses könnte es sein, dass Unternehmen, die sich nicht "taxonomiekonform" verhalten, ein zusätzliches Risiko darstellen. "Am Ende des Prozesses könnte es für diese Unternehmen schwieriger werden, an gute Konditionen für Kredite heranzukommen oder überhaupt noch finanziert zu werden", sagt Keplinger-Mitterlehner.
Die Europäische Zentralbank hat die Banken schon mit einem Leitfaden beglückt, der ihnen vorschreibt, wie sie Klima- und Umweltrisiken in ihr Risikomanagement-Rahmenwerk einfügen sollen. Das klingt nicht nur kompliziert, es ist es auch.
Und für viele Unternehmen könnte das unliebsame Überraschungen bergen. Noch dazu, weil sie viele von ihnen noch unterschätzen. Ein "Weiter so" wird es in den nächsten Jahren sicher nicht geben.
Das gilt vor allem auch für die Investmentfonds-Gesellschaften, die längst auf das Nachhaltigkeits-Thema aufgesprungen sind. "Das wird das Thema dieses Jahrzehnts", sagt Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Invest. ESG heißt das magische Kürzel. Dahinter stecken die Begriffe Environment, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
Hier wird also der Klimaschutz um Menschenrechte und gutes Management erweitert. Auch das hat die EU längst auf der Agenda. Mit der Taxonomie ist die Sache längst nicht getan. Lieferketten sind ebenso ein Thema wie Korruptionsbekämpfung oder Geldwäsche.
Für die gesamte Finanzindustrie ist die Klimawende und der Trend zu mehr Nachhaltigkeit eine große Chance. "Man muss nur aufpassen, dass man nicht alles in Bürokratie erstickt", sagt Keplinger-Mitterlehner. Jedenfalls würden die Bankkunden einen großen Finanzierungsbedarf haben, vor allem jene, die einen großen Anpassungsdruck haben werden. Auch wenn die Banken sich derzeit intensiv mit dem Wust an neuen Vorschriften herumschlagen müssen, sie bekommen dadurch einen Informationsvorsprung, den sie dann an ihre Kunden als Beratungsleistungen weitergeben können.