Inflationsrate im Euroraum fiel im September auf 1,7 Prozent
BERLIN/FRANKFURT. Gute Nachrichten für die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Inflation.
Waren und Dienstleistungen haben sich im September im Euroraum nur noch um durchschnittlich 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verteuert, wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag nur wenige Stunden vor dem anstehenden Zinsentscheid der EZB mitteilte.
Die finale Teuerungsrate für den vergangenen Monat ist damit noch eine Spur niedriger als das europäische Statistikamt Eurostat in einer früheren Schätzzahl mitgeteilt hatte. Bis zuletzt waren die Statistiker noch von 1,8 Prozent ausgegangen. Die Energiepreise sanken um 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und sorgten mit dafür, dass die Teuerungsrate auf den niedrigsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren gedrückt wurde. Sie liegt nunmehr klar unter dem Zielwert der Zentralbank von 2 Prozent. Im August lag sie mit 2,2 Prozent noch darüber. Mit der deutlich abgeflauten Inflation gilt es unter Experten als sehr wahrscheinlich, dass die EZB den Leitzins nunmehr erneut senkt.
Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde hatten im September die Zinsen erstmals seit ihrer geldpolitischen Wende vom Juni wieder gekappt. Der für die Finanzmärkte richtungsweisende Einlagesatz, zu dem Banken bei der Notenbank kurzfristig überschüssige Gelder parken, dürfte nunmehr nach Einschätzung vieler Fachleute um einen weiteren Viertelprozentpunkt auf 3,25 Prozent sinken.
"Verbale Begleitmusik" wichtiger
Wichtiger als die als gesetzt geltende Leitzinssenkung sei für die Börse "die verbale Begleitmusik" dieser Entscheidung der EZB, erklärte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets: "Anlegern und vor allem der Wirtschaft gehen die geldpolitischen Trippelschritte in Frankfurt nicht schnell genug, um die heimische Konjunktur wieder in Gang zu bringen." Deshalb müsse zumindest das Bekenntnis von Lagarde für weitere - und wenn nötig auch stärkere - Zinssenkungen her, sagte der Kapitalmarktexperte. Die EZB hat zuletzt allerdings stets betont, dass sie nicht auf einen Zinspfad festgelegt sei und jeweils von Sitzung zu Sitzung entscheide.
Auch wenn die Teuerungsrate jetzt unter dem Ziel der Zentralbank liegt, dürfte die noch nicht eingedämmte Inflation im Servicebereich den Währungshütern weiter Sorge bereiten: Sie lag im September mit einer Rate von 3,9 Prozent allerdings nicht mehr ganz so hoch wie noch im August mit 4,1 Prozent.
Viele Experten gehen davon aus, dass die EZB im Dezember einen weiteren Zinsschritt nach unten folgen lässt und ihren Lockerungskurs nächstes Jahr fortsetzt. Die Währungshüter halten eine Rezession in der Eurozone zwar für unwahrscheinlich, doch signalisierte mit dem Einkaufsmanagerindex von S&P Global zuletzt ein wichtiger Frühindikator eine einsetzende Talfahrt. Die unsicheren Konjunkturaussichten dürften laut DWS-Expertin Ulrike Kastens auch den jetzt anstehenden Zinsentscheid maßgeblich beeinflussen: "Letztlich dürften Befürchtungen, dass sich die Konjunktur schwächer als bisher angenommen entwickeln könnte, eine wichtige Rolle für den von uns erwarteten Zinsschritt spielen."