24-Stunden-Streik in der voestalpine ab 14 Uhr

WIEN. Der Konzernbetriebsrat der voestalpine, Mitglied im engsten Verhandlungsteam der Produktionsgewerkschaft, Hans-Karl Schaller, schildert den Verlauf der siebten Verhandlungsrunde aus seiner Sicht.
Nach sechseinhalb Stunden waren die Lohnverhandlungen der Metaller am Montagabend schneller als erwartet vorbei. Danach gab Hans-Karl Schaller den OÖN Einblick, wie die Verhandlungen aus seiner Sicht gelaufen sind. Das Angebot der Arbeitgeber nannte er respektlos. Der erfahrene Verhandler geht davon aus, dass der Fachverband der Metalltechnischen Industrie die Verhandlungsgemeinschaft der Metaller endgültig auflösen will. "Die wollen die Sozialpartnerschaft sprengen."
Schon die Vorlage von mehreren weiteren Verhandlungsterminen unmittelbar nach Start der Gespräche habe die Gewerkschaft vor den Kopf gestoßen. Bis 8. Dezember habe die Arbeitgeberseite vier Termine vorgelegt. "Mein Kommentar war: Da will jemand keinen Abschluss, wenn zuerst einmal vier weitere Termine hergelegt werden", so Schaller.
"Taschenspieler-Tricks"
Vor allem Forderungen im Rahmenrecht wie die Kürzung des Überstundenzuschlages von 100 auf 50 Prozent stieß sauer auf. "Das haben die Arbeitgeber-Verhandler mit 0,4 Prozent bewertet." Der Mehrzeitzuschlag bei Teilzeit von 25 Prozent sollte ganz wegfallen. Auch Dienstreise-Diäten sollen "massiv verschlechtert" werden, so Schaller. Dazu kamen weitere Flexibilisierungsforderungen. Unterm Strich seien diese Vorschläge der Arbeitgeberseite zusätzliche 0,7 Prozent auf das bisherige Angebot wert gewesen, so die Darstellung des ProGe-Verhandlers. Also plus 3,4 Prozent statt 2,7 Prozent und - wie bekannt -130 Euro und der Einmalbetrag von 1300 Euro. Für Schaller ein Taschenspieler-Trick, den Beschäftigten werde aus dem linken Tasche genommen und in die rechte Tasche gegeben.
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Die Arbeitnehmer-Seite wollte dann umgekehrt das Volumen beziffert wissen, das zur Verteilung steht - um dieses sozial gestaffelt zu verteilen. Die Gewerkschaft habe ihre Forderung auf durchschnittlich 10,6 Prozent reduziert. Für die unterste Lohngruppe sollten das 12, 88 Prozent, in der höchsten plus 7,7 Prozent sein. "Wir wären bereit gewesen, über Prozent, Fixbetrag, mit Deckel, ohne Deckel zu verhandeln", so Schaller. Auch Geld in Zeit zu verwandeln, einen Teil der Erhöhung den Betroffenen zur Wahl zu stellen, ob sie Einmalzahlungen oder prozentuelle Erhöhungen haben wollten, habe die Arbeitnehmerseite angeboten. Man sei kreativ gewesen, so die Darstellung des Gewerkschafters und SP-Politikers.
"Die wollen den Kollektivvertrag angreifen"
Nach einer Essenspause seien die Arbeitgeber mit einer gegenüber den früheren Angeboten reduzierten Offert wiedergekommen. "Da war uns klar, es geht nicht um die Lohnverhandlungen, die wollen den Kollektivvertrag angreifen und die Verhandlungsgemeinschaft aufbrechen. Das ist eine hochpolitische Lohnrunde", so Schaller. Auch die vom Finanzminister Magnus Brunner in Aussicht gestellte steuerlich begünstigte Lohnprämie sei Teil einer Absprache, die langfristig auf hohe Lohnverluste der Beschäftigten hinauslaufe.
Video: Siebenhofer (ORF) zu Metaller-Verhandlungen
Der Fachverband der Metalltechnischen Industrie (FMTI) ist der größte der sechs Fachverbände der Metallindustrie mit 120.000 von etwa 240.000 Mitarbeitern. Die Fahrzeugindustrie, Bergbau- und Stahl, Gießereien, Nicht-Eisenmetall sind weitere Fachverbände, die aber trotz getrennter Verhandlung seit über einem Jahrzehnt immer gleich abgeschlossen haben.
In Linz streiken 6000 Leute
Nachdem in der voestalpine vergangene Woche nur wenige hundert Mitarbeiter (aus dem der FMTI zugeordneten Betriebe) gestreikt hatten, sollen ab Dienstag, 14 Uhr alle nicht kontinuierlichen Betriebe in Linz und den anderen Standorten in Österreich streiken, sagt Schaller spätabends. Kraftwerk, Kokerei und Stahlwerk in Linz als Dauerbetriebe sollen vorerst weiterlaufen. Wenn bei den Verhandlungen nichts weitergehe, sei auch hier eine Drosselung vorstellbar. Laut Schaller werden am Dienstag 6000 der 20.000 Mitarbeiter in Österreich die Arbeit niederlegen, in Kapfenberg sollen am Tag darauf 2000 Beschäftigte streiken. In Linz sollen - über 24 Stunden oder drei Schichten - 6000 Leute an dem Streik beteiligt sein. Auch bei den Angestellten in den Büros sei die Streikbereitschaft groß. Verkehrsbehinderungen (wie beim Warnstreik vor zwei Wochen) am Dienstag schließt Schaller aus. "Für die Tage danach kann ich das nicht versprechen", so der Betriebsrat.
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"Unfassbare Grauslichkeit, was die Arbeitgeber da bieten"
Die Chefverhandler der Arbeitnehmerseite, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA), bezeichneten das Angebot der Unternehmervertreter gestern Abend als "Frechheit", Arbeitgeber-Chefverhandler Christian Knill zeigte sich weiter verhandlungsbereit. Aber er stellte Montagabend auch klar: "Wir lassen uns von weiteren Streiks und Machtdemonstrationen nicht beeindrucken."
Binder wiederum meinte in der "ZiB 2": "Das ist eine unfassbare Grauslichkeit, was die Arbeitgeber da bieten. (...) Wir werden uns gut überlegen, wie wir die weiteren Maßnahmen nun festsetzen. Wir werden jetzt auf jeden Fall einen Zahn zulegen."

Salzburger Firma mit ungewöhlichem Vorschlag
Vergangenen Woche hatte der Salzburger Beschlägehersteller Maco mit einem ungewöhnlichen Vorschlag die Initiative ergriffen: Er bietet eine Lohnerhöhung von sieben Prozent an, wenn die Mitarbeiter auf Streiks verzichten - gültig bis zu einer KV-Einigung, dann gelte der ausverhandelte Anstieg der Löhne und Gehälter.
Zuletzt haben die Bäcker bei 9,7 Prozent Lohn- und Gehaltsplus abgeschlossen. Einen Richtwert lieferte wiederum im Sommer die Bundesregierung, die den Pensionisten eine Erhöhung von ebenfalls 9,7 Prozent gewährte. Und auch in der Frühjahrslohnrunde bewegten sich die meisten Abschlüsse bei rund zehn Prozent. So schloss die Elektroindustrie bei 9,9 Prozent ab, die Papierindustrie bei 9,8 bis 10 Prozent. Die rollierende Inflation lag im Frühjahr bei 9,5 Prozent, im Herbst waren es 9,6 Prozent.
Verhandelt wird derzeit auch über den Kollektivvertrag im Handel, hier geht es mit rund 430.000 Beschäftigten um die größte KV-Gruppe. Die Gewerkschaft forderte ursprünglich eine Erhöhung der Gehälter um 11 Prozent, mehr Urlaub und eine Diskussion über eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung. Die Arbeitgeber boten ein Plus von 5 Prozent und zusätzlich eine Einmalzahlung von 800 Euro. Die Gewerkschaft GPA machte ein Gegenangebot von 9,5 Prozent und einen Fixbetrag von 40 Euro. Eine Einigung vor einem Kompromiss in der Metallindustrie gilt im Handel als unwahrscheinlich.
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