Spiel, Satz und Sieg Linz: Leuchtturm strahlte auch ohne Top-Star

Dresscode: Dirndl und Lederhose. Begleitmusik der "Poxrucker Sisters" – beim gestrigen Finaltag des Upper Austria Ladies präsentierte sich die Linzer TipsArena im Oktoberfest-Design. Am Ende gab es dann eine "Festa Italiana". War die Gugl in der Turnierwoche bisher täglich eine Tennis-Wundertüte mit vielen Überraschungssiegerinnen, so lief das Endspiel programmgemäß. Und das im Schnellzug-Tempo, denn die Italienerin Camila Giorgi ließ der Russin Ekaterina Alexandrova, die als Qualifikantin nach Linz gekommen war und gestern als Überraschungsgast im Finale stand, keine Chance. Die 26-Jährige siegte nach nicht einmal einer Stunde mit 6:3, 6:1.

Als Gewinnerin durfte sich gestern auch Turnierdirektorin Sandra Reichel fühlen, die nach dem Finale vom "stimmigsten Turnier" in der 27-jährigen Geschichte des Tennis-Gipfeltreffens in Linz sprach. Kein Hauptsponsor, kein Superstar, kein Lokalmatador im Favoritenkreis und noch dazu das strahlende Herbstwetter, das auch nicht gerade zum Besuch eines Hallen-Events animierte – im Grunde genommen hatte das Upper Austria Ladies heuer denkbar schlechte Voraussetzungen. Trotzdem wurde nicht nur tolles Tennis geboten, auch das Publikumsinteresse war so groß wie schon lange nicht mehr.

"Wenn ich einen Dominic Thiem hätte, wäre es natürlich leichter. Aber wir brauchen nicht unbedingt ein Zugpferd. Inzwischen ist das Turnier unser Star", sagte Reichel, die in dieser Woche viele Komplimente für das Turnier bekam. Über eines hat sie sich besonders gefreut. "Meine größte Hochachtung. Das ist, was das Erscheinungsbild betrifft, eines der schönsten, wenn nicht das schönste Turnier, das ich kenne", sprach Dominic Thiems Trainer Günther Bresnik auf Reichels Mailbox.

> Video: Giorgi holt sich in Linz zweiten WTA-Titel

 

Das Land erobern

Einzige Schattenseite der sonnigen Bilanz der Turnierwoche: Der "Leuchtturm" hat zwar eine große internationale Reichweite (in mehr als 100 Ländern konnte man TV-Bilder sehen), in Oberösterreich selbst wird die Bedeutung des Upper Austria Ladies allerdings gerne unterbelichtet. Heuer wurden mehr als 400 Bürgermeister eingeladen, damit sich diese stellvertretend für ihre Gemeinde ein Bild von diesem Turnier machen können. 52 sind gekommen. Nicht gerade ein toller "Return". Reichel: "Oberösterreich müssen wir erst erobern. Aber auch das wird uns noch gelingen, da bin ich mir sicher." Dirndl, Lederhosen und Poxrucker Sisters waren schon das richtige Signal in diese Richtung.

 

Farbenfrohe Siegerin

 

Sie mag es kurz: nur 59 Minuten Spielzeit, ein Tennisrockerl, das eher ein breiter Gürtel war, einsilbige Antworten in der offiziellen Pressekonferenz, zu der sie in einer sehr knappen kurzen Hose aufkreuzte: Camila Giorgi zeigte sich gestern in der TipsArena als facettenreiche Siegerin. Schon in den Tagen zuvor war die 26-Jährige nicht nur mit Super-Tennis, sondern auch mit ihrem farbenfrohen Look aufgefallen. Das Design ihrer Bekleidung hat ihre Mutter Claudia entworfen. Ihr Vater Sergio ist als Trainer für das „Strickmuster“ ihrer Karriere zuständig. Der gebürtige Argentinier, der als Student bei einem Auslandssemester in Italien hängen blieb, wendet beim Coaching mitunter außergewöhnliche Methoden an. Unter anderem absolviert Giorgi regelmäßig ein Box-Training.

Problemlos durchgeboxt in der Tennis-Weltrangliste hat sich die eher schüchtern wirkende Italienerin bisher noch nicht. Ihr erster und bis gestern einziger Turniersieg auf der WTA-Tour in Hertogenbosch liegt schon drei Jahre zurück. Nach Linz kam sie als Nummer 32 der Welt, heute wird wieder ein Zweier vorne stehen. Immerhin, die Richtung stimmt. „Dieser Sieg hier ist für die Zukunft sehr wichtig“, sagte Giorgi gestern nach ihrem Erfolg. Der Papa strahlte und zeigte auf die Uhr. Auch die Zeit ist wohl knapp bei den Giorgis ...

 

 

Ergebnisse

Upper Austria Ladies (WTA, 250.000 Dollar, Hartplatz), Einzel: Halbfinale: Camila Giorgi (Ita-5) – Alison van Uytvanck (Bel) 6:3, 6:4; Jekaterina Alexandrowa (Rus) – Andrea Petkovic (D) 0:6, 6:4, 6:0.
Finale: Giorgi – Alexandrowa 6:3, 6:1

Doppel, Halbfinale: Kirsten Flipkens/Johanna Larsson (Bel/Swe-3) – Ljudmila Kitschenok/Katarina Sretbotnik (Ukr/Slo) 6:2, 6:2; Raquel Atawo/Anna-Lena Grönefeld (USA/D-1) – Irina Bara/Xenia Knoll (Rom/Sz) 6:3, 6:3.
Finale: Flipkens/Larsson – Atawo/Grönefeld 4:6, 6:4, 10:5