Sabitzer und Baumgartner schossen Österreich zum 2:0-Sieg über Deutschland

Ein EURO-Vorgeschmack: Die DFB-Auswahl enttäuschte in Wien und beendete das Match nach dem Ausschluss von Sane in Unterzahl
Langsam, aber sicher steigt das Fußball-EURO-Fieber. Bevor am 2. Dezember in der Hamburger Elbphilharmonie die Auslosung der sechs Vierer-Gruppen über die Bühne gehen wird, trafen zwei der 24 Endrunden-Teilnehmer im Wiener Ernst-Happel-Stadion aufeinander. Der Klassiker Österreich gegen Deutschland, der auch bei der EURO möglich wäre, endete mit einem überzeugenden 2:0-(1:0)-Sieg des Teams von Ralf Rangnick. Hut ab!
Beim Abspielen der deutschen Hymne sind vereinzelt Pfiffe von den Rängen zu vernehmen. Ziemlich deplatziert. Nach nur 90 Sekunden gibt es die erste Abschlussmöglichkeit für die rot-weiß-rote Equipe: Christoph Baumgartners Schuss wird abgefälscht. Es ist der Auftakt zu einem prächtigen und laufintensiven Fußballabend - mit den klar besseren Möglichkeiten für die Österreicher.
Die größte hat Michael Gregoritsch, der die Abseitsfalle der DFB-Auswahl überlistet, auf Torhüter Kevin Trapp zuläuft, aber kläglich vergibt. Das Schüsschen fällt zu zentral aus. Was für eine Chance (16.)!

Rangnicks Team weiß zu gefallen. Das Pressing funktioniert, die Österreicher sind giftig, lassen den Deutschen kaum Luft zum Atmen. Gregoritsch fällt im Strafraum - das ist zu wenig für einen Elfmeter (23.).
Der Torjubel lässt aber nicht lange auf sich warten. Das 1:0 von Dortmund-Legionär Marcel Sabitzer reißt die Fans von den Sitzen. Der gebürtige Welser schließt eine Traumkombination in der 29. Minute mit Gregoritsch und Baumgartner mit einem gekonnten Flachschuss ins linke Eck ab. Trapp wird auf dem falschen Fuß erwischt. Tor für Österreich, verdient.
Deutschland versucht, das Spiel zu beruhigen. Es gelingt nur phasenweise. Serge Gnabrys Distanzschuss in der 40. Minute fällt in die Rubrik "Verzweiflung" - keine Gefahr für das Tor von Alexander Schlager, der bis dato quasi beschäftigungslos ist.
Und schon geht es wieder mit Elan in die andere Richtung. Baumgartners Versuch zieht am rechten Kreuzeck vorbei (43.). Österreichs Auftritt ist beeindruckend und von Tempofußball geprägt. Das macht Lust auf mehr.
Die Halbzeitpause ist vorbei, vor ausverkauftem Haus (46.000 Besucher) geht es weiter - mit einer personellen Veränderung auf deutscher Seite. Thomas Müller ersetzt Niclas Füllkrug, der komplett abgemeldet war.
Leroy Sane sieht Rot
In der 49. Minute wird's turbulent: Rudelbildung auf dem Rasen, Leroy Sane und Philipp Mwene geraten aneinander, Sane fährt Mwene mit der Hand ins Gesicht. Für diese Tätlichkeit sieht er von Referee Vincic die rote Karte. Marko Arnautovic versucht, Sane zu beruhigen. Es gelingt stufenweise.
Deutschland läuft jetzt in Unterzahl einem 0:1-Rückstand hinterher. Alles spricht für die Österreicher, die druckvoll nachsetzen. Nagelsmann scheint jedes Mittel recht zu sein, um den Spielfluss zu stören. Er signalisiert Goalie Trapp, eine Wadenblessur vorzutäuschen. Der Frankfurt-Schlussmann setzt sich tatsächlich auf den Rasen, lässt sich behandeln und nimmt Minuten von der Uhr. Sehr sportlich war das nicht. Wir gehen in die letzte halbe Stunde.
Weiter mit Gregoritsch, der an Trapp scheitert (64.). Die Deutschen haben mittlerweile fünf Wechsel vollzogen. Nach Füllkrug verließen auch Julian Brandt, Serge Gnabry, Ilkay Gündogan und Leon Goretzka den Rasen, Benjamin Henrichs, Florian Wirtz, Joshua Kimmich und Robert Andrich, der sein DFB-Debüt feiert, versuchen den Umschwung herbeizuführen.
Jetzt tauschen auch die Österreicher zum ersten Mal: In der 68. Minute kommt Maximilian Wöber für den mit tosendem Beifall bedachten Mwene.
Vorentscheidung durch Baumgartner
In der 73. Minute scheint alles klar zu sein, das nächste Traumtor lässt das rot-weiß-rote Fußballer-Herz höher schlagen. Leipzig-Legionär Baumgartner trifft zum elften Mal im Teamtrikot. Es ist ein perfekt vorgetragener Angriff über David Alaba und Michael Gregoritsch, der exzellent in den Lauf seines Sturmpartners verlängert. Baumgartner lässt mit seinem Lupfer Trapp keine Chance. 2:0 - die Vorentscheidung und die Krönung einer ausgezeichneten Mannschaftsleistung.
"Oh ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen", skandieren die begeisterten Zuschauer. Die letzten Minuten laufen, Österreich hat alles im Griff, Deutschland keine Antworten. Unter dem Strich stehen 12:8-Abschlüsse, die DFB-Elf hat zwar auf dem Papier mehr Ballbesitz (52:48 Prozent), trotzdem kommt das Team von Ralf Rangnick überlegen rüber.
Der Sieg ist absolut verdient. Sabitzer hat sogar die Chance auf das 3:0 (87.). In der 89. Minute kommt es zum Teamdebüt von Hartberg-Stürmer Maximilian Entrup, er taucht in eine Welle der Begeisterung ein. Genussfaktor 100.
Acht Deutschland-Legionäre in Österreichs Startelf
Österreichs Teamchef Ralf Rangnick hat bereits mehr als eine Stunde vor dem Anpfiff seine Startelf für das prestigeträchtige freundschaftliche Länderspiel nominiert. Die einzige echte Überraschung betrifft die Position des Linksverteidigers: Philipp Mwene (FSV Mainz 05), der beim vergangenen Lehrgang verletzungsbedingt gefehlt hat, bekommt an Stelle von Maximilian Wöber eine Chance.
"Es ist ein interessantes Match für die Spieler und Zuschauer, für beide Nationen sicher ein besonderes Spiel", sagte der Coach: "Ich erwarte ein brisantes und spannendes Kräftemessen, es kann durchaus mit einem Derby verglichen werden." Klar, dass niemand verlieren möchte.
In Rangnicks Formation scheinen nicht weniger als acht Protagonisten auf, die ihre Brötchen in der deutschen Bundesliga verdienen: Neben Mwene sind das Philipp Lienhart (SC Freiburg), Konrad Laimer (FC Bayern München), Xaver Schlager, Nicolas Seiwald, Christoph Baumgartner (alle RB Leipzig). Marcel Sabitzer (Borussia Dortmund) und Michael Gregoritsch (SC Freiburg).
Und so sieht die ÖFB-Aufstellung aus: Alexander Schlager; Stefan Posch, Kapitän David Alaba, Lienhart, Mwene; Laimer, X. Schlager, Seiwald, Sabitzer; Baumgartner, Gregoritsch.

Auch Deutschlands Bundestrainer Julian Nagelsmann hat sich festgelegt: Kevin Trapp beginnt im Tor, in der Abwehr spielen Jonathan Tah, Antonio Rüdiger, Mats Hummels und Kai Havertz, die Mittelfeld-Zentrale bilden Ilkay Gündogan und Leon Goretzka, flankiert von Serge Gnabry, Leroy Sane und Julian Brandt. Als Spitze ist Niclas Füllkrug vorgesehen.
Für die Bayern-Stars Joshua Kimmich und Thomas Müller bleiben nur Plätze auf der Ersatzbank.
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