Sturm Graz auf den Spuren eines legendären Teams
GRAZ. Nach 23 Jahren kehrt Sturm Graz in die europäische Königsklasse zurück.
Die Meistertruppe folgt in den Spuren einer legendären Mannschaft, die um die Jahrtausendwende den heimischen Fußball dominierte, für internationale Schlagzeilen sorgte und als bisher einziger österreichischer Club eine Champions-League-Gruppe gewann. Trainer Ivica Osim hatte ein Team aus internationalen Routiniers und jungen Österreichern geformt, für die offensive Show sorgte ein "magisches Dreieck".
"Es ist als Fußballer das Größte, was du mit dem Club erreichen kannst, wenn du bei den besten Mannschaften in Europa mitspielen darfst", meinte Günther Neukirchner. Das Premieren-Ticket dafür hat sich Sturm mit dem ersten Meistertitel der Clubgeschichte 1998 und der souveränen Qualifikation gegen Ujpest Budapest (4:0,3:2) geholt. Die Grazer schafften als dritter ÖFB-Verein nach SV Salzburg (1994/95) und Rapid (96/97) den Sprung in die Gruppenphase und scheffelten für damalige Verhältnisse viel Geld. 17 Millionen Schilling (1,24 Millionen Euro) gab es an Startgeld - aber kein Vergleich zu heute mit 18,6 Millionen Euro.
Kartnig, Schilcher, Osim
Konstrukteure der Erfolgsära mit zwei Meistertiteln (1998, 1999), drei Cupsiegen (1996, 1997, 1999) und drei Champions-League-Teilnahmen (1998/99, 1999/2000, 2000/01) waren drei Männer: Präsident Hannes Kartnig und Manager Heinz Schilcher, die den Verein ab 1992 führten, und Osim, der im Sommer 1994 von seinem ehemaligen Mitspieler und Freund Schilcher nach Graz geholt wurde.
"Kartnig wollte was bewegen, das ist ihm absolut gelungen. Er hatte Beziehungen und er hat sich auch nicht gescheut, Institutionen und Sponsoren um Geld anzubetteln. Das war sein Metier. Osim war ein Trainer, der auf der einen Seite ein beinhartes Training machte, auf der anderen Seite diesen Führungsstil hatte, dass er uns Freiheiten gelassen hat. Er hat uns auf seine Art und Weise vermittelt, wie wir erfolgreich waren. Der Trainer hat gewusst, egal welche Mannschaft kommt, wie wir zu agieren haben. Und Schilcher war das Ergänzungsstück, der sich um die Spieler gekümmert hat, die er geholt und die uns weitergeholfen haben", beschrieb Neukirchner im APA-Gespräch das damalige Triumvirat.
Junge heimische Kicker
Osim setzte auf junge heimische Kicker wie Neukirchner, den aktuellen LASK-Trainer Markus Schopp, Roman Mählich, Gilbert Prilasnig sowie das Offensiv-Trio Ivica Vastic, Hannes Reinmayr und Mario Haas, das regelmäßig aufgeigte und als "magisches Dreieck" bewundert und gefürchtet war. Später kamen Routiniers wie Ex-Teamchef Franco Foda oder Markus Schupp dazu. Mit zwei Vize-Meistertiteln 1994/95 und 1995/96 sowie den Cupsiegen 1996 und 1997 stellten sich die ersten Erfolge ein. "Wir haben uns sukzessive verstärkt. Der Aufbau hat in der Ära Osim zuerst mit vielen jungen Spielern begonnen, dann wurde nachjustiert. Und wir als junge Spieler sind reifer geworden", erinnerte sich Neukirchner. "Wir waren eine eingeschworene Truppe, die technisch hochwertigen Fußball spielen und 90 Minuten laufen konnte."
In der Champions League ging die Lernkurve steil nach oben. Nach nur einem Punkt im ersten Jahr folgte 1999/2000 dank Siegen gegen Dinamo Zagreb (1:0) und Olympique Marseille (3:2) Platz drei und in der Saison 2000/01 ein historisches Highlight. Zunächst setzte sich Sturm in der Qualifikation gegen Hapoel Tel Aviv (3:0,2:1) und Feyenoord Rotterdam (2:1,1:1) durch und gewann danach sogar die Gruppe vor Galatasaray Istanbul (3:0,2:2), den Glasgow Rangers (0:5,2:0) und AS Monaco (0:5,2:0). In der Zwischenrunde folgten zwei weitere Siege gegen Panathinaikos Athen (2:0,2:1).
"Von Jahr zu Jahr gesteigert"
"Wir haben uns von Jahr zu Jahr gesteigert. Das erste Jahr war mau, im zweiten haben wir schon gewonnen. Das große Highlight war das dritte Jahr mit dem Gruppensieg und dem Aufstieg in die zweite Gruppenphase. Wenn du vorher sagst, ein österreichischer Verein wird Sieger in einer Champions-League-Gruppe, hätte einem das keiner abgenommen. Du wächst mit der Aufgabe, bekommst Selbstvertrauen, wenn du siehst, du kannst mithalten, du bist gut im Spiel und dir gelingt ein Tor. Das bewirkt schon was", sagte Neukirchner. Selbst in der zweiten Gruppenphase mit Panathinaikos, Manchester United und Valencia waren die Grazer bis zum letzten Spiel im Rennen um den Viertelfinalaufstieg, ehe ein 1:2 in Valencia die internationale Saison beendete.
Rund um die damalige Truppe war eine Begeisterung entstanden, die ähnlich auch aktuell im Umfeld der "Blackies" herrscht. "Wenn du einen derart dominanten Verein wie Salzburg hast, der so lange Zeit immer den Titel holt, ist es klar, wenn du diese Dominanz brichst, dass du eine Euphorie auslöst. Durch so einen Erfolg gewinnst du viele Junge, so bekommst du einen Hype zusammen. So ein Verein wie wir steht und fällt mit dem sportlichen Erfolg. Wenn es passt, lebt alles andere mit, werden Kanäle angezapft, die du sonst nicht anzapfen kannst", meinte der 52-Jährige.
Neukirchner arbeitet bei Sturm und im Betreuerteam von Cheftrainer Christian Ilzer als Entwicklungscoach und hat so Einblick aus nächster Nähe. "Wir haben sehr gute Einzelspieler, die mit ihrer individuellen Klasse den Unterschied ausmachen können. Die Mannschaft ist taktisch hervorragend geschult und eingestellt. Wenn sie das Körperliche auf den Platz bringen, und das haben sie in der vergangenen Saison großteils geschafft, dann können sie jeder Mannschaft Probleme bereiten. Wenn die Intensität und Aggressivität nicht so gelingt, wird es für uns schwierig", meinte er.
Der einstige Allrounder freut sich nun auf die Rückkehr der Grazer in die Champions League, ist aber bei Gegnern wie CL-Finalist Borussia Dortmund, RB Leipzig, Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo oder dem spanischen Sensationsteam Girona Realist. "Wir sind in jedem Spiel Außenseiter", betonte Neukirchner.
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