Nächster E-Mail-Irrläufer: VP-Pläne für U-Ausschuss gegen Grüne, FP, SP

WIEN. Wöginger bestätigt die Echtheit des durchgesickerten Dokuments.
Das Gerücht kursiert seit ein paar Tagen: Die ÖVP plant einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der unter anderem auch die Regierungsarbeit der Grünen zum Thema haben soll. An sich scheint ein solches Vorhaben wenig plausibel. Die Einsetzung eines U-Ausschusses ist eigentlich ein Recht der parlamentarischen Minderheit. Dass eine Regierungspartei davon Gebrauch macht, ist höchst ungewöhnlich. Dass sie sich auch noch gegen den eigenen Koalitionspartner wendet, ist höchst überraschend.
Die Neos legten gestern den Beweis vor, dass das Gerücht mehr Substanz hat als angenommen. Wieder einmal war ein E-Mail irrtümlich verschickt worden. In diesem Fall handelte es sich um den Entwurf für einen Transparenz-U-Ausschuss, den ein Mitarbeiter des VP-Klubs Freitagnachmittag an die Neos versandt hatte. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger berief deshalb am Montagnachmittag eine Pressekonferenz ein.
Gewessler im Visier
Auf 14 Seiten findet sich der Entwurf für die Einsetzung eines U-Ausschusses. Dieser soll aufklären, ob Mitglieder der Regierung, die mit der SPÖ, der FPÖ oder den Grünen verbunden sind, aus „sachfremden Motiven“ Inserate geschaltet, Medienkooperationen eingegangen oder Umfragen und Studien im Zeitraum von 11. Jänner 2007 bis Oktober 2023 beauftragt haben. Bemerkenswert ist freilich, dass auch die Regierungsarbeit der Grünen untersucht werden soll. Hier steht vor allem Verkehrsministerin Leonore Gewessler im Fokus, die unter anderem für das Projekt Klimarat die Agentur des früheren grünen Generalsekretärs Lothar Lockl beauftragt hatte.
Mit Empörung reagierte Meinl-Reisinger auf den von der ÖVP angedachten U-Ausschuss. „Das ist natürlich ein Frontalangriff auf den eigenen Koalitionspartner und ein Bruch der Koalition“, sagte sie. Diese politische Schlammschlacht bringe niemanden weiter. „Wir brauchen Neuwahlen jetzt und einen echten Neustart“, resümierte Meinl-Reisinger.
VP-Klubchef August Wöginger bestätigte die Authentizität des versehentlich an die falsche Adresse geschickten Mails. Er kalmierte: Das Dokument sei nichts Neues. Man wolle sich wappnen, falls die Oppositionsparteien einen Untersuchungsausschuss beantragen würden. Damit sollten Einseitigkeiten in der parlamentarischen Aufklärungsarbeit vermieden werden. Zudem müsse der Entwurf noch um die Sora-Affäre aktualisiert werden. Schließlich stellte Wöginger aber klar: „Aktuell ist kein Untersuchungsausschuss seitens der ÖVP geplant.“
Die Grünen forderten die ÖVP auf, ihre Energie in die Regierungsarbeit zu stecken und nicht politische Mitbewerber anzuschütten. „Diesen politischen Stil lehnen wir ab“, sagte die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer.
FP-Generalsekretär Christian Hafenecker bestätigte hingegen, dass SPÖ und FPÖ einen gemeinsamen U-Ausschuss zum Thema Kika/Leiner planen. Dabei könnte es auch um die COFAG-Förderungen und Interventionen für Antiteuerungsmaßnahmen gehen. Für einen U-Ausschuss sind die Unterschriften von 46 Mandataren nötig. Dem Vernehmen nach könnte ein entsprechendes Verlangen für einen solchen U-Ausschuss am 18. Oktober eingebracht werden.
Video: Das Statement von Neos-Chefin Meinl-Reisinger
Rundumschlag gegen SPÖ, FPÖ und Grüne auf 14 Seiten
Die ÖVP hat einen umfassenden Entwurf für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verfasst. Er spannt einen Bogen von der Amtszeit von SP-Kanzler Alfred Gusenbauer bis hin zu FP-Aufträgen von Herbert Kickl oder Kampagnen der grünen Verkehrsministerin Leonore Gewessler. Der Text enthält Fehler (so ist etwa von Sabine Karmasin statt den Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab die Rede). Einige der etwaigen Zeugen leben nicht mehr, so wie Ex-Sozialminister Rudi Hundstorfer und Krone-Herausgeber Hans Dichand.
Untersucht werden soll, ob aus „sachfremden Motiven“ Mitglieder der Bundesregierung von SPÖ, FPÖ oder Grünen zwischen 11. Jänner 2007 und Oktober 2023 Inserate geschaltet, Umfragen beauftragt oder Werbeagenturen eingesetzt haben.
So soll etwa untersucht werden, welche Absprachen die SPÖ mit Karmasin getroffen habe. Bei der FPÖ werden Inserate in Zeitschriften wie „Wochenblick“ thematisiert. Zudem soll auch die Beteiligung Kickls an der Werbeagentur „Ideenschmiede“ aufgeklärt werden. Bei den Grünen sollen Aufträge des Klimaministeriums aber auch von Vizekanzler Werner Kogler unter die Lupe genommen werden.
Untersucht werden soll aber auch „staatsanwaltschaftliches Handeln“.
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