Charme, Chuzpe, Battlegroups: Wenn die Außenpolitik an Grenzen stößt
WIEN / BRÜSSEL. Im Zwiespalt. Mitspieler oder Betrachter an der Seitenlinie? Was kann ein Kleinstaat in der Krise tun? – Österreichs Außenpolitik bestand bisher mehr aus Reden als aus Tun. Das wird nicht so bleiben können.
Der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon wurde im Vorjahr bekannt, als er im Nordirak das Leid der Jesiden dokumentierte. Mit der heimischen Außenpolitik geht der Burgenländer hart ins Gericht.
"Von Kreiskys Lust, Weltpolitik mitzugestalten, kann ein Bundeskanzler nicht weiter weg sein als Werner Faymann. Für den sind schon die anderen EU-Länder fernes Ausland", sagt Reimon. "Im Duett mit dem Leichtgewicht Sebastian Kurz ist das fatal: Österreich wird nicht wahrgenommen."
Kurz agiere "schon wie ein alternder ÖVP-Landeshauptmann – er glaubt, wenn er auf stur stellt und hundertmal seine Forderungen wiederholt, wird er sich irgendwann durchsetzen. Damit stellt er sich aber ins Abseits."
Nicht so scharf urteilt Otmar Höll, gebürtiger Linzer, 16 Jahre lang Leiter des "Österreichischen Instituts für Internationale Politik" in Wien. Kurz verkaufe die Außenpolitik im In- und Ausland besser, "er hat Charme, reist, Österreich ist als Begegnungsort interessant." Man müsste aber Allianzen mit EU-Staaten etwa in Skandinavien schmieden, die ähnliche Interessenslagen haben.
Ursachen der Krise bekämpfen
Falsch findet es Höll, "wenn ein Neutraler sagt, da müsst ihr kräftig reinhauen, wir machen aber nicht mit. Das ist Chuzpe."
Er bezieht sich auf die Worte des Ministers, gegen die IS-Terroristen müsse militärisch mehr getan werden, Österreich würde sich aber nur mit Schutzwesten beteiligen.
Dieser Zwiespalt gehört seit jeher zur heimischen Außenpolitik. Dabei ist heute allen klar, dass die Flüchtlingskrise nicht beendet werden kann, wenn sich die internationale Gemeinschaft nicht den Ursachen widmet.
Man muss die Ursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge. Armut, Umweltzerstörung, Terror - es gibt viele Fluchtgründe. Das militärische Vorgehen gegen die Schlepperbanden im Mittelmeer wäre bloß ein erster Schritt.
Doch bisher ist die Neutralität für Kanzler Werner Faymann oberstes Gebot, ebenso für Verteidigungsminister Gerald Klug.
Dieser redet von einer möglichen Beteiligung an einem UN-Einsatz in Krisenregionen – sagt aber nicht, was er meint. Die gewöhnliche Beobachtermission (peace keeping) bedarf des Okays der Konfliktparteien; bei einer Terrormiliz ist das ausgeschlossen.
Das Bundesheer war zuletzt 2009 in Afrika aktiv. Es machte bei der humanitären UN-Mission im Tschad mit. Dafür gab es Lob. Blamabel war 2013 der Abzug vom Golan, so bald es brenzlig wurde.
Den Frieden erzwingen?
In Zukunft sind robuste Aktionen gefragt: Friedenserzwingende Maßnahmen (peace enforcement) sind Einsätze mit der Autorisierung der Vereinten Nationen unter Verwendung von Kriegswaffen.
So etwas gab es 1950 im Koreakrieg, 1990 in Kuwait, 1999 im Kosovo unter NATO-Kommando.
Auf Österreichs Außen- und Sicherheitspolitik kommt noch eine andere Herausforderung zu.
Ab Juli 2016 muss Österreich im Rahmen der EU-Sicherheitsstrategie 350 Soldaten für die EU- "Battlegroup" bereitstellen.
Dabei handelt es sich um Spezialkräfte aus mehreren Mitgliedsstaaten für Interventionen außerhalb der EU, Aktionsradius ab Brüssel: 6000 Kilometer. Es gab noch keinen Einsatzbefehl seit 2007, als die 1500 Mann starken Einheiten aufgestellt wurden.
Blasse Diplomatie
Österreich war 2011/12 erstmals dabei und ist verpflichtet, 2016 wieder mitzumachen – unter völlig veränderten Umständen.
Vorerst bewähren sich Faymann und Kurz als Gastgeber, etwa beim Westbalkan-Gipfel Ende August. Es gab Betroffenheit wegen der toten Flüchtlinge im Burgenland, ein Fünf-Punkte-Programm und ein medienwirksames Fußballmatch zwischen EU-Politikern und Beitrittswerbern.
Resümee der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Die Ergebnisse der Konferenz treten angesichts der vielen Toten in den Hintergrund. Die immer chaotischere Migrationswelle lässt auch diplomatische Erfolge blass erscheinen."
In der globalisierten Welt werden eben der Außenpolitik eines Kleinstaates die engen Grenzen aufgezeigt. Im Schatten des Schreckens ist die vertraute Gastgeberrolle zu wenig.
Der eigene Standpunkt muss offensiv vertreten werden – vor allem gegenüber Nachbarn, die auf jede europäische Solidarität pfeifen. Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner erhöhen endlich die Schlagzahl.
Gleichzeitig ist das sicherheitspolitische Engagement zu verstärken - auch wenn das mit dem traditionellen Ruhebedürfnis der Österreicher kollidiert.
Vielleicht habe ich den Artikel überlesen oder die Medien arbeiten schon "freiwillig" zensiert. KSK Soldaten in Afghanistan haben siebzehn US-Soldaten das Leben gerettet und nur durch Verleihung des höchsten im Feld zu verleihendes Kampfordens durch den US Kommandeur ist es publik geworden - in US Medien ein Thema und Österreich wollte es verleugnen oder gar nicht verlautbaren, das erste war eine Anforderung des Generalstabes ob Waffen eingesetzt wurden und da sind wir wieder bei der verlogenen Einstellung zur Außenpolitik!
Irgendwie hetzerisch dieser Artikel. Wer hat den geschrieben ?
wo sind solche Menschen wie Kreisky der sich im Nahost sehr stark für Friedensverhandlungen eingesetzt hat ?
statt für Krieg ,Ruin und Subvention der Waffen Industrie ?
Putin wäre die richtige Person ! aber nach der miserable Behandlung durch EU /USA wird es sich nicht als solcher präsentieren wollen !
an Stelle von Kurz würde ich eine DIREKTE Unterredung unter vier Augen mit Baschar el Assad suchen .mit OK der EU !
Absolut richtig, pepone. Menschen wie Kreisky - egal welcher politischen Gesinnung - fehlen. Er hat einfach ohne Vorbehalt auch mit den Schurken Tacheles geredet und so manches Einlenken erreicht. Derzeit wird die Weltpolitik aus Washington und von der Westküste gesteuert - die UNO inklusive. Die Friendesleistung des Herrn UNO - GD beschränkt sich daurauf, einmal pro Monat vor den Fernsehkameras seine Erschütterung zu zeigen. Weg mit diesem Hampelmann!
ein dummer grünInnenheini greift kurz, den besten aussenminister seit langem an.
und seien wir froh, dass ö noch neutral ist, und unsere soldaten nicht den kopf für irgendwelche politgangster hinhalten müssen...
Nur übersehen Sie, daß auch Kurz zu den Neutralitätsverrätern gehört.