"Es ist vielen Bürgern ein Anliegen, dass der Wuschelkopf wieder wegkommt"
BERLIN. Deutschland verlängert den Lockdown bis 7. März, öffnet allerdings bestimmte Bereiche
Der Corona-Lockdown in Deutschland wird bis 7. März verlängert. Das ergaben die Verhandlungen bei der gestrigen Bund-Länder-Videokonferenz, wo bis in die Abendstunden gestritten wurde. Nicht nur über das konkrete Datum wurde stundenlang debattiert. Kontroversen gab es beispielsweise auch über eine vorzeitige Öffnung der Friseure sowie der Schulen und Kindergärten.
Fixiert wurde schließlich, dass die Friseure bereits mit 1. März wieder öffnen dürfen – unter strengen Hygieneauflagen. Dafür hatten sich insbesondere die Länderchefs starkgemacht. "Es ist vielen Bürgern ein Anliegen, dass der Wuschelkopf wieder wegkommt", sagte etwa Manuela Schwesig, die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.
Vereinbart wurde zudem, dass die Länder über die Öffnung von Schulen und Kindergärten noch im Februar entscheiden können. Gleichzeitig sollen Lehrer und Erzieher bei Impfungen vorgereiht werden. Das war Kanzlerin Angela Merkel ein Anliegen.
Außerdem wurde festgelegt, dass der Einzelhandel erst ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 öffnen darf. Gestern lag dieser Wert (Neuinfektionen der vergangenen sieben Tage je 100.000 Einwohner) bei 68.
Die Wirtschaft schlägt Alarm
Die deutsche Wirtschaft warnte vor Verwerfungen bei einer zu späten Lockerung. Viele Firmen seien in einer existenziellen Notlage, hieß es in einem Appell von Industrie- und Arbeitgeberverband, der gestern veröffentlicht wurde. "Ihnen fehlt der Planungshorizont. Ein Licht am Ende des Tunnels ist nicht zu erkennen", kritisieren die Verbände BDI und BDA.
"Wir plädieren deshalb eindringlich für ein Öffnungskonzept." Dieses müsse aufzeigen, wie schrittweise und regional differenziert Einschränkungen zurückgenommen werden könnten. "Dazu gehört ein systematisches, wissenschaftliches Monitoring zur Wirksamkeit einzelner Eindämmungsmaßnahmen."
Scharfe Kritik kam vom Chef des arbeitgebernahen "Instituts der deutschen Wirtschaft", Michael Hüther: Die Politik rechtfertige die Maßnahmen nur mit einer allgemeinen Gefahrenabwehr, Referenzwerte seien beliebig geworden. Besser wäre es, sich an Vorbildern zu orientieren – etwa Rostock mit der bundesweit monatelang niedrigsten Inzidenz. Erfolgsfaktoren seien viele Tests in Kliniken, Pflegeheimen und bei Rettungsdiensten sowie mehr Personal im Gesundheitsamt.
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer warnte vor einer Welle an Insolvenzen. Lockerungen müssten so schnell wie möglich umgesetzt werden, sagte er der "Rheinischen Post". "Ein tausendfaches Betriebesterben muss unbedingt verhindert werden."
Daten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) aus einer Umfrage unter 30.000 Firmen zeugen jedenfalls von einer angespannten Lage: 33 Prozent der Reisevermittler rechnen demnach 2021 mit weiteren Umsatzverlusten im Vergleich zum Vorjahr.
In der Gastronomie sind es 39 und im Einzelhandel 40 Prozent. 31 Prozent der Reisevermittler stehen laut eigener Einschätzung vor der Pleite. In der Gastronomie sind es 19 Prozent, im Einzelhandel sieben Prozent.