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Eisplatte löste sich in den Dolomiten: Sechs Tote und 15 Vermisste

Von nachrichten.at/apa, 03. Juli 2022, 16:50 Uhr
Hier lösten sich die Eismassen auf der Marmolada. Bild: ufficiostampa.provincia.tn.it

TRIENT. Auf der Marmolada in der norditalienischen Region Trentino ist am Sonntag eine große Eisplatte eingestürzt und hat sechs Menschen in Tod gerissen.

Zudem gibt es 15 Vermisste, acht Menschen wurden verletzt geborgen. Die Eisplatte löste sich laut Bergrettungsdienst in der Nähe von Punta Rocca, entlang der Aufstiegsroute zum Marmolada-Gipfel. Dabei wurde auch der normale Aufstiegsweg auf den 3.343 Meter hohen Berg getroffen, auf dem sich mehrere Seilschaften befanden. Zwei davon wurden von der Eisplatte mitgerissen. Angesichts akuter Lawinengefahr musste die Suchaktion mit Drohnen fortgesetzt werden. Die italienische Alpinrettung richtete eine Telefonnummer ein, um Angehörigen von Vermissten zu erlauben, sich mit den Rettern in Verbindung zu setzen.

"Wir sind vor Trauer über diese große Tragödie erschüttert. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien, aber natürlich auch bei den Rettungskräften, die auf der Marmolada im Einsatz sind", sagte der Trienter Landeshauptmann Arno Kompatscher, der in ständigem Kontakt mit seinem Trentiner Amtskollegen Maurizio Fugatti steht. Die Provinz Bozen hat ihre Bereitschaft bekräftigt, Hilfe zu leisten.

Die Eisplatte löste sich laut Angaben des Bergrettungsdienstes in der Nähe von Punta Rocca, entlang der Aufstiegsroute zum Marmolada-Gipfel. Mehrere Videos, die in sozialen Medien veröffentlicht wurden, zeigen das Unglück:

Dutzende Menschen, die sich an Ort und Stelle befanden, wurden von Rettungseinheiten ins Tal gebracht. Ein Schwerverletzter wurde per Hubschrauber in das Krankenhaus der Stadt Treviso geflogen, zwei weitere wurden ins Spital von Belluno eingeliefert. Die anderen fünf Verletzten befinden sich im Krankenhaus von Treviso. Bei zwei Verletzten handelt es sich um zwei Ausländer. Genauere Angaben zur Staatsangehörigkeit der Todesopfer und der Verletzten gab es noch nicht.

Weiterhin große Gefahr

Die Gefahr weiterer Lawinen ist groß. Alle alpinen Rettungsstationen in der Region Trentino wurden aktiviert, fünf Hubschrauber und Dutzende von Rettungseinheiten seien auf dem Weg zum betroffene Gebiet. Die Suche nach Vermissten sei auch mithilfe von speziellen Geräten voll im Gange. Die Such- und Rettungskräfte mussten äußerst vorsichtig vorgehen, weil die Gefahr bestand, dass weitere Eis- und Felsstürze folgen könnten. Der Zugang zum Gletscher auf der Marmolada wurde nach dem Unglück gesperrt.

"Wir haben ein lautes Geräusch gehört, typisch für einen Bergsturz", sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur ANSA. "Danach sahen wir eine Lawine von Schnee und Eis in hoher Geschwindigkeit in Richtung Tal stürzen und wir wussten, dass etwas Schlimmes passiert ist."

Temperaturrekord am Samstag

Der Präsident des Trentino, Maurizio Fugatti, erreichte die Dolomiten-Ortschaft Canazei, wo eine Einsatzzentrale eingerichtet wurde. Am Samstag war auf der Marmolada ein Temperaturrekord von zehn Grad am Gipfel gemessen worden, die Durchschnittstemperatur der vergangenen Jahre lag etwa bei sieben Grad. Der Marmolada-Gletscher ist der größte Gletscher in den Dolomiten und befindet sich auf der Nordseite der Marmoladagruppe. Diese liegt in den Provinzen Trient und Belluno.

"Der Klimawandel hat das Hochgebirge instabiler gemacht und die Gletscher sind nicht mehr im Gleichgewicht", erklärte der Glaziologe Massimo Frezzotti von der Universität "Roma Tre" gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. "Eisplatten sind das Ergebnis eines natürlichen Prozesses, aber wenn die Temperatur zu hoch wird, kann das Risiko eines Einsturzes steigen", erklärte Frezzotti. "Der Gefrierpunkt liegt viel höher als der des Gletschers. Es ist klar, dass es nicht ratsam ist, unter solchen Bedingungen zu wandern", so Experten.

Mehr Bilder von der Unglückstelle sehen Sie in der Galerie: 

Bildergalerie: Alpin-Unglück in den Dolomiten: Hier brach das Eis aus

ITALY-MOUNTAIN-ACCIDENT
ITALY-MOUNTAIN-ACCIDENT (Foto: NATIONALE ALPINE RETTUNGSEINHEIT) Bild 1/6
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Im Zusammenhang mit dem Alpin-Unglück hat sich zeigt sich der Trienter Extrembergsteiger Reinhold Messner wegen des Klimawandels sehr besorgt gezeigt. "Durch die globale Erwärmung werden die Gletscher immer dünner, und wenn sie fallen, stürzen sie wie Wolkenkratzer herab", so der Alpinist laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

"Früher war die Gefahr geringer"

"Eisplatten sind schon immer abgebrochen, aber in den 1960er-Jahren war diese Gefahr viel geringer. Leider leiden auch die Berge unter der Umweltverschmutzung der Großstädte. Am Samstag wurden auf der Marmolada unglaubliche zehn Grad registriert, der Permafrost taut auf, und unter dem Eis bilden sich regelrechte Wasserflüsse, die alles mit sich reißen", warnte der Extrembergsteiger.

"Ich will nicht behaupten, dass diejenigen, die sich heute am Unglücksort befanden, leichtsinnig waren. Das Klettern auf der Normalroute ist eine Gewohnheit für diejenigen, die in dieser Gegend bergsteigen. Ein guter Bergsteiger sollte sich jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht unter einer Eisplatte aufhalten", meinte Messner.

"Ein dunkler Feind"

"Der Klimawandel mit Temperaturen, die in den letzten Tagen auf 3.000 Metern zehn Grad erreicht haben, ist ein dunkler Feind, den es zu bekämpfen gilt. In den Bergen sehen wir leider die katastrophalsten Auswirkungen des Klimawandels", kommentierte Roberto Padrin, Präsident der Provinz Belluno.

"Wir vertrauen auf ein Wunder und vor allem auf die Fähigkeiten und das Fachwissen all derer, die derzeit an der Marmolada arbeiten, damit die endgültige Bilanz so wenig negativ wie möglich ausfällt", sagte Padrin.

Die Königin der Dolomiten und ihre Geschichte

Der Marmolada-Gletscher, der am Sonntag mindestens sechs Menschen in den Tod gerissen hat, hat eine lange Geschichte von Lawinenabgängen und Opfern hinter sich. 300 österreichische Soldaten kamen am 13. Dezember 1916 ums Leben, als eine gewaltige Schneemasse von den nördlichen Bergkämmen abbrach und über das Reservistendorf Gran Poz stürzt. Die österreichische Soldaten, die in den für den Ersten Weltkrieg errichteten Holzhütten schliefen, wurden verschüttet.

Aufgrund der militärischen Geheimhaltung und der Wirren des Konflikts blieb die genaue Zahl der Opfer für immer unbekannt. Doch was geschah, veranlasste die österreichisch-ungarischen Befehlshaber, die Fertigstellung der "Stadt aus Eis" zu beschleunigen, in der viele Menschen im Eis der als "Bergkönigin der Dolomiten" genannten Marmolada Unterschlupf finden konnten. Heute noch findet man Gegenstände aus dieser Zeit.

Während des Ersten Weltkriegs kämpften die Soldaten auf den Gipfeln und Gletschern der Marmolada. Es handelte sich um strategische Positionen, die entscheidend für die Kontrolle über die Dolomiten-Täler waren. Bald wurden Straßen und Wege gebaut, um die in dieser Höhenlage eingesetzten Truppen schnell und mit so wenig Aufwand wie möglich zu versorgen. Wo keine Straßen gebaut werden konnten, wurde alles auf Schultern oder Tieren transportiert.

Im März 2010 wurde ein Auto, in dem sich ein österreichisches Touristenpaar befand, von einer Lawine, die in einem felsigen Gebiet abgegangen war, teilweise verschüttet: Die beiden konnten sich unverletzt aus dem Fahrzeug befreien, das stark beschädigt wurde.

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