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Wiener Macheten-Mordprozess: "Blutrache darf es bei uns nicht geben!"

Von nachrichten.at/apa, 19. März 2024, 14:15 Uhr
Die Staatsanwältin forderte am Dienstag in ihrem Schlussplädoyer am Landesgericht Strafen "am oberen Ende" und für den Hauptangeklagten lebenslange Haft. Bild: TOBIAS STEINMAURER (APA/TOBIAS STEINMAURER)

WIEN. Hart ins Gefecht ist Staatsanwältin Iris Helm mit den Angeklagten im Prozess um den so genannten Wiener Macheten-Mord gegangen.

Sie forderte am Dienstag in ihrem Schlussplädoyer am Landesgericht Strafen "am oberen Ende" und für den Hauptangeklagten lebenslange Haft: "Blutrache darf es bei uns nicht geben!" Der 22 Jahre alte Hauptangeklagte bat um ein mildes Urteil, die Rechtsvertreterinnen der Mitangeklagten um Freisprüche.

"Da gibt es dann nur eines: Blutrache"

"Ich möchte Ihnen nicht noch ein Mal diese ganze Horrorgeschichte erzählen", begann die Staatsanwältin ihren Schlussvortrag. Die Angeklagten seien "wie Brüder" und hätten sich daher gemeinsam dazu entschlossen, den 31-jährigen Djafaar H. am 20. April 2023 zu töten, fasste Helm zusammen: "Wenn die Ehre oder der Respekt von nur einem der Brüder verletzt wird, gibt es nur eines: Blutrache. Genau das haben sie gemacht." Die vier Algerier hätten das Opfer "in einen Hinterhalt gelockt" und mit einer Machete und Messern angegriffen, bis der 31-Jährige "zerstückelt da gelegen ist".

Die Versionen, die die Angeklagten bei Gericht dargetan hätten, seien absolut unglaubwürdig, betonte die Anklägerin: "Ich bin in meiner Laufbahn noch nie so viel und so schlecht angelogen worden. Es hat mir teilweise weh getan. Alle vier haben uns frech angelogen und für dumm zu verkaufen versucht."

Der Hauptangeklagte hatte in der Schwurverhandlung zugegeben, dem Opfer eine Machete zwei Mal auf den Kopf geschlagen zu haben - allerdings nur, nachdem er von seinem Kontrahenten angegriffen worden sei. Die Mitangeklagten hätten nichts gemacht, hatte der 22-Jährige versichert. Djafaar H. habe ihren Mandanten "beschimpft, erniedrigt, beleidigt", sagte nun Elisabeth Mace, die Rechtsvertreterin des 22-Jährigen, am Ende des Verfahrens. Ihr Mandant sei "völlig außer sich und sehr angespannt gewesen". Das Beweisverfahren habe ja ergeben, "dass das Opfer ein gefährlicher Verbrecher und Teil einer kriminellen Vereinigung war, die von Algerien aus Drogen verkauft hat", merkte die Anwältin an.

Eine Vielzahl von Verletzungen durch "scharfe Klingen und große Kraft"

Zuvor hatte Gerichtsmediziner Wolfgang Denk dargelegt, wie der 31-jährige Djafaar H. am 20. April 2023 in Wien zu Tode gebracht wurde. Der Mann habe "eine Vielzahl von Verletzungen" erlitten, die ihm "mit scharfen Klingen" und "mit großer Kraft" zugefügt wurden, erläuterte der Sachverständige. Die geringen Abwehrverletzungen sprächen für einen "überwältigenden Angriff" von mehreren Personen.

Der Anklage zufolge wurde der aus Algerien stammende Djafaar H., der in Wien Suchtmittelgeschäfte betrieben haben soll, von den vier Angeklagten im Alter von 21, 22, 25 und 29 Jahren nach vorangegangenen Streitereien gezielt in eine Falle gelockt und bei der U-Bahn-Station Jägerstraße mit äußerster Gewalt getötet. Tatwaffen waren demnach eine 70 Zentimeter lange Machete und mehrere Messer. Die Angeklagten kannten das Opfer seit längerem. Alle fünf stammen bzw. stammten aus Constantine, mit knapp 450.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Algeriens, und hatten mangels beruflicher Perspektiven ihre Heimat Richtung Europa verlassen. Djafaar H. war laut Anklageschrift in eine länderübergreifende Suchtgiftorganisation eingebunden, drei Angeklagte sollen für ihn in Wien als sogenannte Streetrunner gearbeitet und Drogen verkauft haben. Bei der Abrechnung soll es zu Unstimmigkeiten gekommen sein, die Beschuldigten - vor allem der 22-Jährige - fühlten sich übers Ohr gehauen und kamen laut Anklageschrift "überein, ihre Probleme mit Djafaar H. endgültig gewaltsam zu lösen".

Während der Zweitangeklagte schon zu Beginn der dreitätigen Hauptverhandlung zugegeben hatte, dem 31-Jährigen mit einer Machete auf den Kopf geschlagen zu haben, bestritten die drei weiteren Angeklagten, an den inkriminierten Tathandlungen beteiligt gewesen zu sein. Dem widersprach nun Gerichtsmediziner Denk insofern, als er im Großen Schwurgerichtssaal anmerkte, das Verletzungsbild deute auf als mehr als eine angreifende Person hin.

Opfer konnte noch reanimiert werden

Laut Gutachten kam Djafaar H., nachdem er zu Boden gebracht worden war, in Bauchlage zu liegen. Dann wurde mit den Tatwaffen gegen seine Extremitäten vorgegangen, was ihn bewegungsunfähig machte. An den Beinen wurden ihm sieben Hiebwunden zugefügt, die die Muskulatur fast ganz zerstörten und beide Wadenbeine durchtrennten. Weitere Hiebe wurden gegen den linken Unterschenkel, die linke Hand und gegen den Kopf gesetzt, was zwei klaffende Wunden im Stirnbereich und einen Schädelbruch bewirkte.

Erstaunlicherweise konnten die Rettungskräfte den Schwerverletzten nach dem Eintreffen am Tatort noch reanimieren. Der Mann, der sich laut Denk in einer "umfänglichen Blutlache" befand, wurde danach in eine Klinik gebracht, dort notfallmedizinisch versorgt und im Anschluss in eine weitere, auf Gefäßchirurgie spezialisierte Klinik überstellt, wo er auch Kreislauf stützende Medikamente bekam. Zwölf Stunden kämpften die Ärzte um das Leben des 31-Jährigen - diesem wurde sogar noch eine abgebrochene Klinge aus einer Wade herausoperiert - , ehe der Mann infolge des erlittenen massiven Blutverlustes an einem Herz-Kreislauf-Versagen verstarb.

Die Geschworenen zogen sich kurz nach 13.00 Uhr zu ihren Beratungen über die Schuldfrage zurück. Mit den Urteilen dürfte am späten Nachmittag zu rechnen sein.

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