Zeilinger ein Jahr nach dem Nobelpreis: "Da gibt es sicher eine Vorbildwirkung"
WIEN. Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger will sich weiterhin der Forschung widmen.
Am 4. Oktober 2022, wurde dem gebürtigen Rieder Anton Zeilinger (78) für Experimente mit verschränkten Photonen der Physik-Nobelpreis zuerkannt. Der Quantenphysiker blickt im Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA) auf ein ereignisreiches Jahr mit der Verleihungszeremonie als "nicht zu toppendem Höhepunkt" zurück und sieht überzogene Erwartungen in die Quantenphysik.
Wie ist es Ihnen seit der Bekanntgabe des Physik-Nobelpreises ergangen?
Anton Zeilinger: Es haben sich die Dinge mehr geändert, als ich erwartet habe.
Zum Positiven oder zum Negativen?
Ich will das nicht bewerten. Wirklich nett ist, dass ich auf der Straße alle paar Schritte von jemandem kurz angeredet oder angelächelt werde. Ich merke, dass der Nobelpreis positiv gesehen wird.
Was waren die Höhepunkte des vergangenen Jahres?
Ich bekomme ständig Einladungen von irgendwo auf der Welt. Ich kann aber gerade einmal einen Bruchteil davon wahrnehmen – und das tut schon irgendwo weh.
Gibt es Menschen, die sich mit einer Einladung im Glanz des Nobelpreisträgers sonnen wollen?
Das gibt es auch und da muss man sehr aufpassen, dass man nicht ausgenutzt wird. An dieser Stelle möchte ich der Politik ein Lob aussprechen. Ich wurde von verschiedenen Politikern zu Gesprächen eingeladen, ohne dass etwas nach außen gedrungen ist. Das rechne ich allen hoch an.
Sie sagten nach der Nobelpreis-Bekanntgabe, dass die Wissenschaft weiterhin große Priorität habe und Sie weiterforschen wollten. Ist Ihnen das gelungen?
Nicht in dem Ausmaß, wie ich gehofft habe. Ich muss Verpflichtungen zurückschrauben, um mich wieder mehr der Forschung widmen zu können.
Jahrzehntelang war zu hören, dass Österreich wieder einen Nobelpreisträger brauche, als Vorbild und um das Standing der Wissenschaft in Gesellschaft und Politik zu verbessern. Gibt es Ihrer Meinung nach so etwas wie den "Zeilinger-Effekt"?
Ich höre, es gibt ihn. Angeblich gibt es mehr Interessenten für das Physikstudium.
Kann ein Nobelpreis so etwas bewirken?
Das glaube ich schon. Es geht um die Motivation von jungen Menschen. Da gibt es sicher eine Vorbildwirkung.
Sie plädieren dafür, nicht mehr von der Forschung zu verlangen, dass sie sagt, wozu sie gut sein kann. Werden Sie damit gehört?
Bei der Jahrestagung der Amerikanischen Physikergesellschaft habe ich klar gesagt, dass ich die Entwicklung hin zu Anwendungsorientierung in der Forschung für einen Fehler halte. Dafür habe ich tosenden Applaus bekommen.
In der Wissenschaft werden Sie offensichtlich gehört ...
Aber nicht bei allen. Es gibt Kollegen, die mehr anwendungsorientierte Gelder für Forschung verlangen, etwa in der Klimakrise, die sicher ein Problem darstellt. Aber auch da muss die wissenschaftliche Zielsetzung vorrangig sein.
Heutzutage werden Firmen gegründet, die auf den quantenphysikalischen Grundlagen aufbauen, die Sie und Ihre Kollegen gelegt haben. Freut Sie das oder ist Ihnen das gleichgültig?
Bei diesen Dingen stört mich, dass oft zu viel versprochen wird, was angeblich in Bälde gelöst werden wird. Wenn jemand behauptet, dass in zwei Jahren Kryptographie-Codes geknackt werden, dann verfügt er offenbar über hellseherische Fähigkeiten. Eine solche Aussage ist wissenschaftlich nicht begründbar. Ich bin nicht der Einzige, der Angst hat, dass sich dieser "Quanten-Hype" stark reduzieren könnte, weil Erwartungen überzogen sind. Wobei ich nichts gegen die Forschung sage, die ist nach wie vor spannend.
Sie haben schon vor einigen Jahren Ihre Leitungsfunktionen zurückgelegt, in Innsbruck ziehen sich Ihre Kollegen Rainer Blatt und Peter Zoller zunehmend zurück. Sehen Sie diesen Generationswechsel in der österreichischen Quantenphysik als Risiko?
Es gibt sehr gute Leute auf der Ebene nach uns. Aber wir müssten jetzt wirklich schauen, ob wir ungewöhnliche Leute herholen können, die absolut etwas Neues machen wollen und gleichzeitig Führungsqualitäten haben.
Zur Person
Physiker Anton Zeilinger (78) wurde 2022 gemeinsam mit dem französischen Physiker Alain Aspect und seinem US-Kollegen John Clauser mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Zeilinger, am 20. Mai 1945 in Ried im Innkreis geboren, zählt zu den renommiertesten österreichischen Wissenschaftern. Der Quantenphysiker hat in seiner Karriere bahnbrechende Beiträge zu den Grundlagen der Quantenphysik geliefert.
Anton Zeilinger gewann den Nobelpreis letztes Jahr zusammen mit Alain Aspect und John F. Clauser.
Im Juli sprach John F. Clauser auf der Veranstaltung «Quantum Korea 2023» und kritisierte die Klimahysterie:
"Ich habe noch einen zweiten Elefanten im Raum, den ich vor kurzem im Zusammenhang mit dem Klimawandel entdeckt habe. Ich glaube, dass der Klimawandel keine Krise ist.
Die wirkliche Wahrheit könnte gefunden werden, wenn und nur wenn man lernt, gute Wissenschaft zu erkennen und anzuwenden. Das gilt vor allem dann, wenn die wirkliche Wahrheit politisch unkorrekt ist und nicht den politischen oder wirtschaftlichen Zielen oder Wünschen der Regierenden entspricht. Selbst die wissenschaftliche Gemeinschaft kann manchmal durch Pseudowissenschaft verwässert werden."