Luger: "Man hätte die Impfpflicht durchziehen müssen"

LINZ. Nach drei Jahren Corona-Pandemie zieht der Linzer Bürgermeister Bilanz, in der er die Bundesregierung scharf kritisiert und eine umfassende Aufarbeitung fordert.
Corona ist immer noch da, zumindest in Form einer Nachricht, die der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SP) jeden Donnerstag um 17 Uhr auf sein Mobiltelefon bekommt. Es ist die Corona-Ampelgrafik, eine der vielen Episoden der langen Corona-Jahre. Luger hat die Ampel schon bei ihrer Einführung scharf kritisiert. Mit der Bundesregierung geht er bei der heutigen Bilanz über drei Jahre Corona-Pandemie auch insgesamt hart ins Gericht. Einziges Zugeständnis: In den ersten Monaten habe die Regierung gute Arbeit gemacht. "Es war eine große Leistung das Land runterzufahren, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten und Panik zu verhindern", so Luger, zumal man wenig über das Virus wusste. Spätestens ab dem Sommer sei die Performance immer schlechter geworden.
Corona als "Kommunikations-Fiasko"
Konkret kritisiert Luger das "Kommunikations-Fiasko" bei den Lockdowns. Statt einer bundesweiten, einheitlichen und konsequenten Strategie, hätte die Bundesregierung einen politisch motivierten Zick-Zack-Kurs gefahren und Erwartungshaltungen geweckt, die nicht erfüllt werden konnten. Weiters hätten handwerkliche Fehler zu einem massiven Vertrauensverlust in der Bevölkerung geführt, wenn etwa Betretungsverbote oder nächtliche Ausgangsbeschränkungen vom Verfassungsgerichtshof kassiert wurden. Schließlich kritisiert Luger noch das Daten-Chaos und nennt als Beispiel, dass unterschiedliche Stellen des Bundes und der Länder teils stark voneinander abweichende Zahlen zum Infektionsgeschehen veröffentlicht haben. Die Schwächen in der Digitalisierung bestünden bis heute, wie die aktuelle Gießkannenförderung im Zuge der Teuerung zeige. "Das Finanzministerium kann keine Haushaltsdaten zusammenführen und damit keine Haushaltsobergrenze für die Energieförderungen einführen", so Luger.
Luger verteidigt Impfpflicht
All das hätte zu einer massiven Spaltung der Bevölkerung geführt, die bis heute anhält und die Luger regelmäßig von seinem Bürofenster aus mitverfolgen konnte, spielt er auf die meist freitäglichen Corona-Demos auf dem Hauptplatz an. Die Impfpflicht sieht Luger zwar als "kommunikatives Eigentor", allerdings nicht als hauptsächlichen Grund für die Spaltung. Anders als viele Politiker und Experten, steht Luger aber zu seiner damaligen Unterstützung für die zwar beschlossene, aber nie umgesetzte Maßnahme. Allerdings hätte man sie auch durchziehen müssen, so Luger.
Schwachstellen in der Zusammenarbeit
„Die Zeit der Pandemie hat massive Schwachstellen in der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den ausführenden Behörden auf Bezirks- und Kommunalebene aufgezeigt. Über weiteste Strecken waren Bezirke und Kommunen in der Pandemie-Arbeit auf sich alleine gestellt und haben die Umsetzung der Maßnahmen – vom sinnvollen Impfangebot bis hin zu fragwürdigen Massentests – gewährleisten müssen“, sagt Luger. Diese Fehler müsse man umfassend aufarbeiten und rasch Schlüsse daraus ziehen.
Raml fordert "gesellschaftliche Aussöhnung"
Eine Aufarbeitung fordert auch der Linzer Gesundheitsstadtrat Michael Raml (FP). Die Politik, allen voran die Bundesregierung, schulde den Bürgern eine umfassende, selbstkritische und transparente Aufarbeitung dieser Jahre. Die Stadt Linz gehe mit gutem Beispiel voran und arbeite intensiv an einem Leitfaden, der die Erfahrungen und Lösungswege im Zuge der Pandemie analysiert und zusammenfasst. Persönlich sieht Raml vor allem die einseitige Fokussierung der Bundesregierung auf die gesundheitlichen Folgen von Corona als Fehler an. So habe etwa die völlige Vernachlässigung von Präventionsmaßnahmen bei anderen Krankheiten wirklich fatale Folgen nach sich gezogen. Außerdem fordert Raml mehr Autarkie in Schlüsselindustrien wie der Medikamentenherstellung und eine "gesellschaftliche Aussöhnung".
Die Ampelgrafiken löscht Luger übrigens immer, ohne sie sich anzusehen. Das liegt an der fehlenden Relevanz. Grundlage für die Einfärbung sind die beim Magistrat neu gemeldeten Fälle - 57 waren das heute. Aus den Abwasseruntersuchungen wisse man aber, dass derzeit rund 2000 Personen in Linz Corona-positiv sein müssen.
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