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"Es geht ums Spüren und Begleiten. Nicht ums Sterben"

Von Bianka Eichinger, 05. März 2016, 17:02 Uhr
"Es geht ums Spüren, Begleiten und einfach da zu sein. Nicht ums Sterben"
Seit 2011 ist Martha Kierner (li.) Hospizkoordinatorin beim Roten Kreuz in Schärding. Marianne Koller ist ehrenamtliche Mitarbeiterin beim Mobilen Hospiz. Bild: (BiEi)

SCHÄRDING. Mobiles Hospiz Schärding: Hospizkoordinatorin Martha Kierner und ihr zwölfköpfiges, ehrenamtliches Team stehen unter dem Motto "Lebensbegleitung" Menschen bei.

Die Themen Tod beziehungsweise Sterben werden in der Gesellschaft oft verdrängt. Niemand redet gerne darüber oder beschäftigt sich damit. Eine positive Ausnahme sind die Mitarbeiter des Mobilen Hospizes Schärding. Im Gespräch mit Hospizkoordinatorin Martha Kierner und der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Marianne Koller verliert die Thematik nahezu ihre abschreckende Wirkung.

 

Volkszeitung: Was bewegt einen Menschen dazu, sich freiwillig in seiner Freizeit mit dem Tod beziehungsweise dem Weg dorthin zu beschäftigen?

Koller: Sich beim Mobilen Hospiz engagieren zu wollen, muss jeder für sich fühlen. Das ist ganz klar eine ‘herz-gesteuerte’ und keine ‘hirn-gesteuerte’ Entscheidung. Man muss es einfach wollen und es darf keinesfalls ein Muss werden, gerne zu den Menschen zu gehen und ihnen beizustehen. Es geht ganz einfach ums Spüren, nicht ums Trösten, und einfach da zu sein. Kierner: Der Weg bis zum Tod ist eine maßgebliche Zeit. Nicht das Trauern oder Trösten sollte im Mittelpunkt stehen, sondern vor allem, was noch alles möglich ist. Bei unserer Arbeit geht es ganz viel um Lebensqualität, was die Klienten noch alles klären möchten beziehungsweise natürlich auch, was sie sich noch wünschen. Auf jeden Fall ist es von unserer Seite nicht nur ein Geben, sondern jeder Mitarbeiter bekommt von den Klienten ganz viel zurück.

Wie stark ist die Nachfrage bezüglich Mobilem Hospiz?

Kierner: Das ist wirklich immer ganz unterschiedlich. Auf jeden Fall sind wir jederzeit bereit, Hilfesuchenden zu helfen. Erst kürzlich haben wieder drei neue ehrenamtliche Mitarbeiter die Ausbildung absolviert. Was aber nicht heißen soll, dass wir bereits genug Helfer haben. Ich suche eigentlich immer Mitarbeiter und bin sehr froh, wenn sich jemand meldet, der sich mit dem Thema auseinandersetzen will. Voraussetzungen sind nur, dass man mindestens 25 Jahre alt ist, die Ausbildung absolvieren will (zwei bis drei Blockveranstaltungen, insgesamt zwölf Tage, Dauer rund ein halbes Jahr und 40 Stunden Praktikum), keinen Todesfall im letzten Jahr in seinem Umfeld hatte und rund zwei Stunden pro Woche Zeit hat.

Was ist das Wichtigste bei der Hospizarbeit?

Kierner: Erstmal, dass zwischen Palliativ- und Hospizarbeit unterschieden wird. Das Palliativteam sind diplomierte Krankenschwestern. Das Mobile Hospiz sind ehrenamtliche Mitarbeiter. Bei ihrer Arbeit geht es darum, Hinweise, was den Leuten noch wichtig ist, ernst zu nehmen und sie bei der Realisierung ihrer Wünsche zu unterstützen. Ein Patient von mir wollte zum Beispiel unbedingt noch ein Spiel der SV Josko Ried im Stadion sehen. Sein glückliches Gesicht nach dem Match werde ich nie vergessen. Koller: Man sollte immer auf das schauen, was noch geht und nicht auf alles, was nicht mehr möglich ist. Viele unserer Klienten wollen zum Beispiel oft noch was klären. Wir, als emotional Außenstehende, können oft in den Familien vermitteln und damit zur Klärung von Dingen beitragen. Trotz der Schwere ist es eine intensive Zeit und nicht ein Warten auf den Tod. Ganz wichtig bei unsere Arbeit ist es einfach auch, dass wir die Angehörigen unterstützen und entlasten.

Wann sollten Angehörige das Mobile Hospiz kontaktieren?

Kierner: Der bestmögliche Zeitpunkt ist oft schon nach der Krebsdiagnose. Viele Angehörige haben Hemmungen, uns zu kontaktieren und oft kommen wir daher viel zu spät. Wir vom Hospizteam sind nicht nur da, um Menschen in ihren letzten Tagen zu begleiten, sondern schon vorher bei Erkrankten und ihren Familien die Lebensqualität zu steigern. Unser Angebot ist sehr gut und sollte von noch mehr Leuten im Bezirk genutzt werden.

Trauert man eigentlich mit, wenn ein Klient stirbt?

Koller: Ja, natürlich. Eine meiner Klientinnen ist mir zum Beispiel sehr ans Herz gewachsen. Sie hat mich berührt, aber nicht mein Leben. Durch ihren Tod fehlt mir nichts im Leben, aber man trauert. Nach dem Begräbnis schließt man aber damit ab.

"Es geht ums Spüren, Begleiten und einfach da zu sein. Nicht ums Sterben"
Das Team des Mobilen Hospizes Schärding – Männer sind erwünscht. Bild: RK

Das Team des Mobilen Hospizes Schärding – Männer sind erwünscht. 

Kontakt: Mobiles Hospiz Schärding, Othmar-Spanlang-Straße 2, Schärding. Tel.: 07712/213125 (Dienstag, 13 bis 17 Uhr; Mittwoch, 8 bis 16 Uhr). E-Mail: martha.kierner@o.roteskreuz.at Treffpunkt Trauer: Monatliches Treffen jeden letzten Mittwoch, (ausgen. Juli und August), 18 Uhr Trauerimpulsabende ab September, jeden letzten Freitag, 18 Uhr Wanderung für Trauernde am Mittwoch vor der Karwoche, 15 Uhr, Treffpunkt: Stadtbad-Parkplatz

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5  Kommentare
5  Kommentare
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Airmex (420 Kommentare)
am 06.03.2016 08:46

Danke an alle, die sich in irgendeiner Form in der Palliativbewegung engagieren. Es ist unglaublich wichtig, offen mit dem Thema Sterben und Tod umgehen zu können, den Nenschen in seinem gesamten wahrzunehmen und ihn zu begleiten.

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Gugelbua (32.793 Kommentare)
am 06.03.2016 08:40

leider ist so viel Heuchelei dabei ! traurig
ich würde mir wünschen meinen Tod mal selbst bestimmen zu können.

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Airmex (420 Kommentare)
am 06.03.2016 08:49

Wo ist da Heuchelei? Jeder von uns muss einfach den Weg gehen. Heuchelei wird es dann, wenn nicht offen und ehrlich über Sterben und Tod gesprochen wird - genau das will die Palliaitivmedizin und Palliativpflege und betreuung aber. Den Menschen als ganzes wahrnehmen. Einfach ist es sicher nicht

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Gugelbua (32.793 Kommentare)
am 06.03.2016 09:02

ich weiß von Fällen wo die lieben Anverwandten aus lauter Schuldgefühle oder wegen der guten Pension die sterbenskranken Alten am liebsten ausgestopft hätten.
Der Tot gehört zum Leben.
In Venedig gabs eine Zeit wo Alte und Kranke auf eine Insel abgeschoben wurden um den Glanz der Epoche nicht zu trüben.

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capsaicin (4.046 Kommentare)
am 05.03.2016 17:36

schon ab geburt beginnt der mensch, tagtäglich ein klein wenig zu sterben.

es würde unserer kultur allgemein ganz gut tun, sich mit dem sterben ein wenig mehr auseinanderzusetzen. zwar nicht als permanente lebensdepression, sondern den tod als natürlichen teil des lebens wahrzunehmen/akzeptieren.

wie vieles im leben, macht aber alles neue/unbekannte/ oder scheinbar mysteriöse angst, dazu gehört auch das unabwendbare, eigene lebensende, genauso wie verluste von nahestehenden personen.

letzten endes sollte man positiv hervorheben können, welch schöne eigene zeit oder auch wertvolle zeit man mit einer geliebten person zu lebzeiten verbringen durfte.

conclusio: es machts leichter --> viel leichter...

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