Jürgen Friedinger hatte die Zuversicht bis zum Schluss fest in der Hand
TRAGWEIN. Vizeleutnant, Theaterspieler, Politiker, Vater: Jürgen Friedinger starb vergangene Woche im Alter von 55 Jahren.
Die Zuversicht mag jedem Menschen innewohnen. Bei dem einen ist sie ein flüchtiger Begleiter. Andere wiederum ergreifen sie mit einem festen Händedruck und lassen sie nicht los, egal was das Leben an Herausforderungen bringt. Jürgen Friedinger hatte einen festen Händedruck. Und er hatte eine große Herausforderung. Am Montag vergangener Woche löste jedoch das Leben den Händedruck und schloss seine Augen, die so klar waren.
Im Juni vor sechs Jahren schockte eine Nachricht seine Freunde und Verwandten. Nach einem Bienenstich lag er wochenlang im Koma. Mehrmals stand sein Leben vor dem Ende. Doch "der Papa hatte eine Kämpfernatur", sagt seine Tochter Sofia. "Er gab nicht auf, selbst wenn es schlecht ausgesehen hat und zum Zittern war."
Von Kopf bis Fuß in Vereinen
Jürgen Friedinger hielt zeit seines Lebens nicht nur die Zuversicht fest, er hatte alles im Griff, was er anfasste – mit Handschlagqualität. Qualitäten hatte er aber auch mit dem Fuß – knapp 60 Tore in einer Saison in der Jugendmannschaft des SC Tragwein/Kamig sprechen für sich. Erst eine schwere Verletzung stoppte seine Fußballerkarriere in der Kampfmannschaft. Er verschloss sich danach aber nicht dem Verein, war weiterhin als Schiedsrichter und "Wachler" aktiv.
Aktiv ist überhaupt das richtige Schlagwort. Denn Jürgen Friedinger war bei zig Vereinen tätig – immer mit Freude und Begeisterung. Als Kind bei den Ministranten, bei der Feuerwehr und beim Fußball, später auch bei der Musikkapelle, dem Kameradschaftsbund und den Imkern. Seine politische Heimat fand er bei der SPÖ, wo er auch aktiv mitgestaltete. Eine weitere große Leidenschaft war das Theater. Wer mit ihm auf der Bühne stand oder ihn auf der Bühne gesehen hat – im Kulturtreff Bad oder auf der Burg in Reichenstein –, der konnte seine Autorität und vor allem seine Leidenschaft spüren. Er brachte die Zuseher zum Lachen, andererseits aber auch mit einem Blick zum Schweigen.
Autorität war es auch, die er als Personalvertreter beim Österreichischen Bundesheer beruflich brauchte. Hier hatte er nach der Lehre bei den ÖBB den Grundwehrdienst absolviert und blieb. Als Vizeleutnant war er in Ebelsberg und Freistadt aktiv.
Bienenstich stellte eine Zäsur dar
Am Ende war er in Enns im Büro tätig, denn jener Bienenstich im Juni 2018 stellte eine Zäsur in Jürgen Friedingers Leben dar. Den Trubel und die vielen Menschen, die er einst gesucht hatte, tauschte er gegen Ruhe und Zeit für seine Familie ein, allen voran für seine beiden Kinder, Sofia (19) und Janis (15).
Jürgen Friedinger war bei allem, was er machte, mit Herzblut dabei. Doch seine Lunge war seit dem Bienenstich schwer geschädigt. Die Zuversicht hatte er aber nicht verloren, sagt seine Tochter. "Es wäre jetzt wieder bergauf gegangen, er stand vor den Voruntersuchungen für eine neue Lunge", sagt sie. "Nie hätte er einmal gesagt, dass es ihn nicht mehr freut, aufgeben war für ihn nie eine Option."
Die Zuversicht und die Familie fest in der einen Hand, ließ ihn jedoch das Leben auf der anderen Hand in der Nacht von 26. auf 27. Mai frei. Er wurde 55 Jahre alt.
Trauergottesdienst: Dienstag, 4. Juni, um 14 Uhr in Tragwein.
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