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Was die Welt zusammenhält

Von Alfons Krieglsteiner, 03. September 2011, 00:04 Uhr
Was die Welt zusammenhält
Beim Zusammenprall der Protonen-Bestandteile im LHC entsteht eine ganze Kaskade von Elementarteilchen, deren Bahnen sichtbar gemacht werden können. Bild: CERN

Er will dem Mikrokosmos Präsenz verschaffen: Rolf-Dieter Heuer (63), Generaldirektor des CERN in Genf. Im Rahmen des Ars Electronica-Festivals tritt er heute um 11.45 Uhr im Brucknerhaus Linz ans Podium. Die OÖN haben mit ihm gesprochen.

Die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) in Genf ist das weltgrößte Forschungszentrum auf dem Gebiet der Teilchenphysik. 20 Länder gehören ihm an, Österreich ist seit 1959 dabei. Prof. Heuer wurde 2009 auf fünf Jahre zum Generaldirektor bestellt. Der deutsche Experimentalphysiker verwaltet ein Jahresbudget von 850 Millionen Euro.

Kernstück des CERN ist der „Large Hadron Collider“ (LHC). In diesem 26,7 Kilometer langen Ringbeschleuniger werden die zur Teilchenklasse der Hadronen zählenden Protonen, zu Strahlen gebündelt, an Kreuzungspunkten zweier gegenläufiger Stahlröhren mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aufeinander losgelassen. Dabei „explodieren“ die Bestandteile der Protonen, die „Quarks“. Aus der freigesetzten Energie bilden sich neue Partikel. Sie werden von Detektoren registriert und ihre Spuren mit einem Netzwerk von Supercomputern simuliert. 2013/14 legt der LHC eine Pause ein, danach soll ihm die doppelte Energiemenge zur Verfügung stehen.

OÖN: Was passiert im Teilchenbeschleuniger?

Heuer: In den Röhren herrscht ein hochfrequentes elektrisches Wechselfeld, das Protonen in 20 Minuten auf eine Energie von sieben Billionen Elektronenvolt beschleunigt. Auf der Bahn gehalten werden sie durch 1232 supraleitende Magnete, die mit flüssigem Helium auf minus 271 Grad gekühlt werden. Alle 25 Milliardstelsekunden kommt es zur Kollision.

OÖN: Die Forscher hoffen, dass die Natur so neue Geheimnisse preisgibt?

Heuer: Ja, denn wenn wir die Natur bei immer höheren Energien erforschen, erschließen wir auch immer kleinere Bereiche der Materiestruktur. Von dieser Struktur haben wir schon ein recht geschlossenes Bild, das sogenannte „Standardmodell“. Wir kennen die grundlegenden Elementarteilchen und die Kräfte, denen ihr Verhalten gehorcht – elektromagnetische Kraft, starke und schwache Kernkraft und Gravitation. Die Kräfte wirken über Austauschteilchen, die sich die Materieteilchen wie beim Ping-Pong gegenseitig „zuwerfen“. Das hält die Welt im Innersten zusammen.

OÖN: Was fehlt noch im Standardmodell?

Heuer: Wir suchen noch den Mechanismus, der den Elektronen und den Quarks, aus denen sich Protonen und Neutronen im Atomkern zusammensetzen, Masse verleiht.

OÖN: Was für ein Mechanismus könnte das sein?

Heuer: Das hoffen wir bis Ende 2012 herauszufinden. Theoretisch könnte für die Erzeugung der Masse das Higgs-Feld verantwortlich sein, benannt nach dem britischen Physiker Peter Higgs. Dieses Feld durchdringt den gesamten Raum. Damit es mit den Elektronen oder Quarks in Wechselwirkung treten und ihnen dadurch Masse verleihen kann, braucht dieses allgegenwärtige Feld ein kraftübertragendes Teilchen, das Higgs-Boson. Und das wird derzeit verzweifelt gesucht, weil von seinem Nachweis auch die Richtigkeit des Standardmodells abhängt.

OÖN: Lässt sich dieser Mechanismus ins Alltagsverständnis übersetzen?

Heuer: Da gibt es ein gutes Bild: Stellen Sie sich vor, ein Prominenter würde sich durch eine Menge von Fans kämpfen. Er wird nur langsam vorankommen, weil sich immer wieder Menschentrauben um ihn bilden. Ein Nobody hingegen wird die Menge ungehindert durchqueren. Das Lichtteilchen wäre so ein „Nobody“, es interagiert nicht mit dem Higgs-Feld und hat deshalb keine Masse. Die „Promis“ sind in diesem Fall die Elektronen und Quarks. Ihnen setzt das Higgs-Feld mehr Widerstand entgegen. Daher haben sie eine Masse.

OÖN: Im LHC sollen erstmals auch supersymmetrische Teilchen ans Licht kommen. Was versteht man darunter?

Heuer: Wir kennen zwei Klassen von Teilchen: Materie- und Kraftteilchen. Sie unterscheiden sich durch ihren „Spin“, also die Art und Weise, wie sie sich um sich selber drehen. Die Supersymmetrie würde diese beiden Teilchenwelten vereinigen. Sie besagt, dass jedes Materieteilchen automatisch einen Partner haben muss, der sich wie ein Kraftteilchen verhält, und umgekehrt. Damit würde sich die Anzahl der Bewohner des „Teilchenzoos“ verdoppeln. Diese Zusatzteilchen könnten zur hypothetischen „Dunklen Materie“ beitragen, die mehr als 90 Prozent der kosmischen Bestandteile ausmachen dürfte. Denn sichtbar sind für uns nur 5 Prozent.

OÖN: Kritiker befürchten, im Teilchenbeschleuniger könnten alles verschlingende „Schwarze Löcher“ entstehen. Ist da was dran?

Heuer: Im Prinzip können bei den Kollisionen der Quarks mikroskopisch kleine „Schwarze Löcher“ entstehen. Sie würden aber sofort wieder zerfallen. Wir imitieren im LHC Vorgänge, die sich im Kosmos laufend abspielen, etwa in Neutronensternen. Würden sich unter solchen Bedingungen tatsächlich ausdauernde „Schwarze Löcher“ bilden, wäre das ganze Universum längst verschwunden.

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