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Einfach Mensch sein genügt

10. August 2018, 00:04 Uhr
Einfach Mensch sein genügt
Peter Furtner studierte eigentlich Jus, bis er seiner Berufung als Liedermacher folgte.

Sein 25-jähriges Bühnenjubiläum feiert der Linzer Peter Furtner mit drei Konzerten in Oberösterreich. Über sein Programm "Menschen", das Leben als freischaffender Liedermacher und das Zuhören hat er mit Karin Schütze gesprochen.

Wer zur Quelle kommen will, muss gegen den Strom schwimmen – wie Peter Furtner in seinen Liedern, die zum Zuhören einladen.

Die Initialzündung zu Ihrer CD "Menschen" gab der Höhepunkt der Fluchtbewegung 2015. Warum wollten Sie diese Zeit musikalisch festhalten?

Ich bin damals gerade von einem längeren Auslandsaufenthalt zurückgekommen und habe das anfangs gar nicht so mitbekommen – diese unglaublich berührende, unentgeltliche Hilfsbereitschaft der Österreicher. Das Lied "Menschen" ist eigentlich ein sehr trauriger Text, der die Situation beschreibt, die dann Monate später kam, als die Euphorie der Hilfsbereitschaft abgeflacht ist. Im Lied heißt es, dass auch wir einmal in so eine Situation kommen könnten und froh wären, wenn wir dann irgendwo aufgenommen würden. Die Situation im September 2015 war für mich ein Signal, das Programm und die CD, die dann 2016 entstanden ist, "Menschen" zu nennen.

Wie geht es Ihnen mit dem Kurs unserer Regierung?

Für mich ist er eine Fortsetzung vom Jahr 2000. Ich hab damals schon die totale Härte der Politik als Künstler verspürt. Ich habe 1992 begonnen, als freischaffender Liedermacher zu leben. In den 90er Jahren durfte ich irrsinnig viele Konzerte spielen. Im Jahr 2000 mit der schwarz-blauen Regierung war ein totaler Schnitt. Auf einmal gab es keine Konzerte mehr. Ich bin von 2002 bis 2006 nach Berlin gezogen, um dieser Enge zu entrinnen. Dort gab es damals noch viele Kleinkunstbühnen, wo man für wenig Geld spielen konnte. Es ist für mich traurig, wenn ich mich im Ausland rechtfertigen muss für diese menschenverachtende Politik. In einem Land, wo es uns so gut geht, ist das einfach nicht notwendig, finde ich. Post-Wohlstand, Schein-Materialismus und Gleichgültigkeit, das find ich heute so traurig.

Als freier Musiker lebt man ohne Hängematte. Wie geht es Ihnen mit Existenzängsten?

Als ich begonnen habe, war ich fast dreißig Jahre. Ich habe Jus studiert, bis zur letzten Prüfung – beim dritten Mal habe ich aufgehört. Über dieses Scheitern bin ich heute sehr glücklich. Obwohl diese viel gepriesene Freiheit ganz, ganz schwierig und hart geworden ist. Jeden Morgen stehe ich auf, habe einen großen, hohen Berg vor mir und überlege: Geh ich ein Stück rauf, bleib ich stehen oder stürze ich ab? Wenn es im Jahr 20, 30 Konzerte geben würde, wär’s einfacher. Nichtsdestotrotz bin ich glücklich, dass ich dieses Leben führen darf.

Warum, glauben Sie, hat es das Lied so schwer?

Ein Riesenproblem ist das Nicht-zuhören-Können. Früher habe ich mein Programm immer angekündigt mit "Lieder zum Zuhören". Wir haben viele Menschen verloren aufgrund der Technik, iPhones, Internet…

Auf Ihrer Visitenkarte steht keine Handy-Nummer. Haben Sie keins?

Ich habe für Notfälle ein Handy, meine Mutter ist schon älter. Aber prinzipiell lebe ich ohne.

In Ihren Liedern klingt ein Hang zum Ruhigen, Kontemplativen durch …

Ich glaube, man kann nur in der Ruhe das Leben wirklich wahrnehmen. Aber es ist schwierig, langsam zu sein. Wir sind alle so beschleunigt, dass wir sehr wenige Momente wirklich erleben. Darum brauchen wir so viele Ersatzbedürfnisse. Das Leben wäre gar nicht so schwer, hätten wir nicht diese vielen Ersatzbedürfnisse.

Wo finden Sie Ihre Ruhe?

Auf jeden Fall in der Musik. Das Spielen ist absolut befreiend, auch das Üben. Und sicher auch in Kirchschlag, wo meine Eltern ein Wochenendhaus haben. Und in Triest, einem unglaublich schönen Ort am Meer. Das Element Wasser, das Meer ist für mich im Alltag sehr wichtig.

Ist es das Geräusch?

Die Weite, diese totale Offenheit. Und die Schönheit, die verschiedenen Schattierungen, wenn sich die Sonne im Winter drüberlegt und sich das Licht verändert. Es ist so spannend, das zu erleben. Ich liebe Sonnenuntergänge und Augenblicke, daraus entstehen oft Lieder.

Wenn ein Lied entsteht, ist zuerst die Melodie oder der Text da?

Unterschiedlich. Ich schreibe seit 15 Jahren ein Tagebuch, da sind viele philosophischen Gedanken drin. Wenn ich das wieder einmal lese, kommt ein Gedanke, aus dem ein Lied entsteht. Manchmal setze ich mich ans Klavier, und das Lied ist in zehn Minuten fertig. Andere Textzeilen liegen 15 Jahre irgendwo.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Vor zehn Jahren habe ich eine CD – "Einfach wunschlos" – herausgebracht. Da heißt es: "Einfach wunschlos. Einfach da sein. Einfach Mensch sein, das genügt." Das ist leicht gesungen und gesagt, aber extrem schwer zu leben. Wenn ein Lied entsteht, bin ich zehn Jahre später so weit, dass ich es vielleicht leben kann. Man ist beim Texten immer viel reifer als im Alltag. Das ist vielleicht das Spannende an der Kreativität. Der Schriftsteller Nicolas Bouvier hat geschrieben: Es geht nicht so sehr um die Begabung. Es geht um den Mut, das Leben zu führen. – Dieser Lebensmut gefällt mir sehr. Ich versuche, scheitern zu lernen, immer besser zu scheitern und das irgendwie hinzukriegen.

Haben Sie einen Wunsch zum 25-Jahr-Jubiläum?

Dass die Menschen einander wieder zuhören, aufeinander zugehen und Interesse aneinander haben.

 

Leben: Peter Furtner, geboren in Linz, erhielt Klavier-, Orgel- und Gesangsunterricht. Seit 25 Jahren ist er freischaffender Liedermacher. Er spielt oft zusammen mit dem Linzer Musiker Harald Zuschrader (u. a. „Eela Craig“), mit dem er auch sein Programm "Menschen" vorstellt. Furtner ist zweifacher Gewinner der internationalen Song-Expo (Kategorien "Chansons", "Komposition") und lebt nach Jahren in Berlin und Triest mit seiner Familie wieder in Wien.

CD: "Menschen", ein Album über Willkommenskultur, erschien 2016. Zuvor u. a.: "Mein Leben, das ist Singen" (2014), "Ins Leben flieh’n" (2012). Erhältlich unter 01 408 99 78, peterfurtner.at

OÖ-Tour: Am 16. August gastieren Peter Furtner (Gesang, Klavier, Gitarre, Akkordeon) und Harald Zuschrader (Gitarre, Keyboards, Arrangements; li.) mit "Menschen" in Linz, Jägermayrhof, Römerstraße 98, 19 Uhr (Open-Air), Eintritt frei; weitere Konzerte am 9. 9., Kirchschlag, Stifter-Villa, 17 Uhr, Karten: 07215 22 85 13 und am 12. 10., Bad Leonfelden, Leo Kultursaal, Hauptplatz 19, 19.30 Uhr (Karten: Stadtamt, Hauptplatz 1).

 

 

 

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