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Frühling oder Herbst auf Kuba?

Von Klaus Buttinger, 16. Jänner 2017, 00:04 Uhr
Frühling oder Herbst auf Kuba?
Gibara: pittoreskes Städtchen, Bausubstanz teils am Ende Bild: OÖN/but

Wie geht es weiter mit der karibischen Insel, die ihren großen Revolutionshelden verloren hat und der der Ausverkauf droht? Antwortversuch aus dem Osten, wo Kubas Geschichte begann.

Ach, du warst in Kuba! War’s schön?" Wer Kuba ein wenig kennt, tut sich hart mit dieser Frage. Ja, die Insel ist stellenweise schön, dann wieder verfallen, hässlich. Die Kubaner sind arm, manche reich, das Essen ist schmackhaft und langweilig, die Revolution gut und schlecht. Kuba, ein Land der Ambivalenzen. Schon seit jeher.

Als Kolumbus die Insel am 28. Oktober 1492 betritt, wähnt er sich im Paradies. Die Indios halten die Spanier für Götter. Sie bringen ihnen Versklavung und Tod. Die Spanier nehmen sich das Paradies, beuten die Bodenschätze aus und ziehen Zuckerrohr-Monokulturen hoch. Die Kubaner entledigen sich der Kolonialmacht mit militärischer Unterstützung der USA im Unabhängigkeitskrieg Ende des 19. Jahrhunderts und handeln sich statt des Teufels den Beelzebub ein. Erst mit der siegreichen Revolution der Bewegung des 26. Juli und der Flucht des Diktators Batista am 1. Jänner 1959 erringt Kuba die außenpolitische Freiheit. Innenpolitisch fanden sich die Kubaner im Kommunismus wieder.

Unsere Reise, die wenige Tage vor Fidel Castros Todesanzeige endete, glich zur Hälfte einer Delegation. Reiseleiter Stefan Krenn ist seit vielen Jahren Kuba-Aktivist. Über seinen Verein "Buena Vista – Solidarität mit Kuba" organisierte er etliche Containertransporte mit Hilfsgütern wie Medikamente, Brillen, Krankenhausausrüstung oder EDV. Das öffnete uns die Tore – insbesondere zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, an denen Kuba-Reisende üblicherweise vorbeifahren.

Frühling oder Herbst auf Kuba?
Santiago de Cuba: Fidel Castros Grabmal Bild: Reuters

In Holguín, der drittgrößten Stadt Kubas, präsentieren sich ein Kindergarten, eine Blindenschule, eine Einrichtung für behinderte Kinder und das lokale Krankenhaus unisono sauber, aber ärmlich. Die Kinder spielen mit Spielsachen aus Pappmaché, im Krankenhaus mangelt es an Geräten und Medikamenten. Doch hier wie dort ist der Bildungsstand und die menschliche Zuwendung so hoch wie der – verglichen mit westlichen Einrichtungen – luxuriöse Betreuungsschlüssel. Die Kubaner schaffen es trotz Mangelwirtschaft, die Kindersterblichkeitsrate und die Lebenserwartung auf dem Niveau von Industrieländern zu halten.

Die Löcher im Embargo

Besuch auf einem Bauernhof der Gewerkschaft CTC nahe Holguín: Hier arbeitet eine Bewässerungsanlage von "Buena Vista", hier wird Gemüse für Gewerkschaftsmitglieder angebaut. Arbeiter pflügen mit Ochsen, so wie man es quer durch das Land sieht. Für den Traktor, der herumsteht, fehlen Ersatzteile. Die Führung der Finca macht das Handelsembargo der USA dafür verantwortlich.

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Herradura: kleiner Atlantikstrand, wo sich Tier, Mensch und Auto zwanglos versammeln. Bild: Delorenzo

Kein Embargo ohne Löcher, wenn es Geld bringt. Selbst in den staatlichen Läden Kubas findet sich Coca-Cola; halt aus mexikanischer Produktion. Und in den Tiefkühltruhen liegen tonnenweise Hühnerkeulen made in USA. Der reiche Nachbar isst lieber Brust. Doch selbst die Billigkeulen können sich viele Kubaner nicht leisten. Der Durchschnittslohn liegt bei umgerechnet 20 Euro. Ein Arzt oder eine Arbeiterin in einer Zigarrenfabrik bekommen das Dreifache. Ein Taxifahrer oder eine Wirtin belächelt das. Wer an die Touristenwährung Peso convertible (CUC) kommt, ist gut dran. Die Standardwährung Peso (CUP) ist bloß ein 25stel des CUC wert. Benzin und viele Güter des täglichen Bedarfs aber sind so teuer wie in Österreich.

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Moncada-Kaserne in Santiago: Gepflegte Einschusslöcher, wo 1953 die Revolution anfing. Bild: OÖN/but

Damit das Volk nicht hungert, gibt die Regierung Lebensmittelkarten aus (Libreta de Consumo). Zwei Kilo Reis pro Monat, 1,5 kg Bohnen, 8 Eier, Öl, Nudeln, Zucker 1,5 kg Fleisch und ein Viertelkilo Kaffee und noch ein paar Kleinigkeiten kann jeder Kubaner beziehen. Das heißt Anstellen an den Ausgabegeschäften, aber auch eine "Art bedingungsloses Grundeinkommen", meint Krenn.

Auf den staatlichen Obst-, Gemüse- und Fleischmärkten gibt es die notwendigen Güter zu kaufen, Schnäppchen sind sie keine, doch deutlich billiger als auf den privaten Märkten, die mit weitaus üppigerer Auswahl locken. Die staatlichen Märkte würden allein dazu dienen, die Preise auf den privaten zu drücken", wird erzählt.

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Keine Seltenheit in Santiago: Straßenhandel mit lebenden Truthähnen Bild: OÖN/but

Am Feiern hindert der Mangel die Kubaner nicht, zumal es zunehmend geduldet wird, dass immer mehr kleine Geschäfte und Dienstleistungsstübchen aufmachen. Einige Leute kommen sogar ans große Geld, mit dem in aufstrebenden Nobeldiskotheken geprasst wird. Hier kostet ein Drink umgerechnet fünf Euro, einheimisches Bier bei einem Fest am Lande ist dagegen für ein paar Cent zu haben. Die Bauern reisen dorthin nach wie vor in Pferdekutschen an, Autos finden sich überwiegend in der Stadt. Ebenso wie Rikschas, Bici-Taxis genannt. Viele junge Burschen hocken auf den Dreirädern, Touristen ersehnend. Wozu zur Schule gehen, wenn der Uni-Professor selbst Taxi fährt im Sommer? "Da liegt irgendwann der Gedanke nahe, das Land zu verlassen", rekapituliert Tramperin Julia, Studentin aus Deutschland, ihre Gespräche mit Kollegen aus Havanna. "Die Jugend ist frustriert." Nicht nur ihrer Einschätzung nach kommen große Veränderungen auf Kuba zu. "Die Gefahr besteht, dass Kuba erneut zum Bordell der USA wird", sagt sie.

Tatsächlich geht die – offiziell verbotene – Prostitution einher mit dem boomenden Tourismus. Ob an den tollen Stränden von Guadelavaca oder auf dem Platz vor der Kathedrale in Santiago de Cuba, sie ist unübersehbar.

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Strand von Guadelavaca: perfekter Badeplatz, matte Infrastruktur außerhalb der Clubhotels. Bild: Delorenzo

Kuba sehen, solange die Insel noch ihre Eigenartigkeit besitzt, lautet das Motto vieler Touristen. Das lässt sich an den Stränden nicht erleben. Es sind Enklaven. Es gilt über das Land zu touren mittels Rad, Bus, Taxi oder Mietwagen und privat zu nächtigen (siehe Tipps). Sicherheitsbedenken braucht man auf Kuba keine zu haben. Bedenken hinsichtlich der Essensqualität aber durchaus.

"Kuba ist ein entwickeltes Entwicklungsland", sagt Krenn. "Es gibt Armut, aber kein Elend." Mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sehen viele Kubaner die Entspannungsphase der vergangenen Jahre unterbrochen, andere begrüßen die Wahl des Exilkubaner-Freundes. Und dann gibt es noch Relikte, die den USA gerne erneut mit der Aufstellung von Atomraketen drohen würden. Ivan vom Institut für Völkerfreundschaft (ICAP) in Holguín bleibt dagegen locker: "Kuba bleibt. Wir werden unseren eigenen Weg gehen."

 

"Kuba, Land der Ambivalenzen und Kontraste", lautet das Thema im Linzer Kepler-Salon am 13. Februar, 19.30 Uhr. Zu Gast: OÖN-Redakteur Klaus Buttinger

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