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"Keine Modeerscheinung": 40 Prozent der Österreicher mit Anzeichen von Burn-Out

Von nachrichten.at/apa, 27. Februar 2024, 09:36 Uhr
Burn-out: Es gibt einen Weg zurück in den Job
Simple "Überarbeitung" bedeutet übrigens noch kein Burn-Out. Bild: Maksim Shmeljov

WIEN. Eine wissenschaftliche Untersuchung hat ergeben, dass mehr als 40 Prozent der Erwachsenen Anzeichen des Burn-Out-Syndroms aufweisen.

Das sei keine "Modeerscheinung", sondern ein ernst zu nehmendes Problem, betonte der Wiener Psychiater Michael Musalek gegenüber der APA nach einem Symposium am Wochenende.

"Burn-Out - Modeerscheinung oder Volkskrankheit", lautete der Titel der Veranstaltung des Instituts für Sozialästhetik und Psychische Gesundheit der Sigmund Freud Privatuniversität gemeinsam mit dem Erwin Ringel Stiftungsfonds am vergangenen Samstag in Wien mit mehr als hundert Teilnehmern. Musalek, nach vielen Jahren an der Spitze des Anton Proksch Instituts nunmehr Leiter der Einrichtung an der Privatuniversität: "Burn-Out findet sich nicht unter den psychiatrischen Krankheitsdiagnosen. Der Grund dafür liegt darin, dass Burn-Out im Gesunden beginnt und in einem späteren Stadium zur Krankheit wird." Im internationalen Krankheits-Klassifizierungssystem ICD wird das Syndrom als ein Zustand aufgeführt, der schließlich zu einer vermehrten Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen führt.

Leistungsreduktion und Entfremdungstendenzen

Der leitende Psychologe am Anton Proksch Institut, Oliver Scheibenbogen, präsentierte bei dem Symposium die verlässlichsten Zahlen bezüglich der Verbreitung von Burn-Out in Österreich. Musalek: "Der Sozialpsychiater Johannes Wancata von der MedUni Wien hat eine große wissenschaftliche Studie zu den psychischen Erkrankungen in Österreich durchgeführt. Ein 'Seitenarm', bei dem wir mitgearbeitet haben, war Burn-Out. Mehr als 40 Prozent der erwachsenen Österreicher zeigen demnach Zeichen eines Burn-Out. Betroffene im Stadium 1 und 2 sind etwa gleich häufig. Acht Prozent der Menschen befinden sich im Stadium 3 und sind im Rahmen ihres Burn-Out bereits psychisch krank. Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen. Frauen kommen mit schweren Belastungen an sich besser zurecht als die Männer, haben aber häufig Doppelbelastungen."

Im Stadium 1 des Burn-Out, noch ohne die Intensität einer psychiatrischen Erkrankung, kommt es vor allem zu einer Leistungsreduktion und zu Entfremdungstendenzen. "Man fühlt sich fremd gegenüber seinen Arbeitskollegen, gegenüber seiner Arbeit und schließlich gegenüber sich selbst. Betroffen sind oft die besonders Leistungswilligen, die besonders Genauen. Sie nehmen sich Arbeit nach Hause mit, die Freizeit wird immer 'dünner'. Beziehungsprobleme folgen oft. Hinzu kommt eine erhöhte Reizbarkeit. Was uns früher oft nur böse gemacht hat, macht uns plötzlich sehr böse", sagte der Psychiater.

Körperlich nachweisbare Veränderungen

Im Stadium 2 geht Burn-Out bereits mit körperlich objektiv nachweisbaren Veränderungen einher. Das sind vor allem erhöhter Blutdruck und Spannungszustände inklusive starker Gereiztheit infolge einer ständigen Überaktivierung des sympathischen Nervensystems. "In diesem Stadium wird oft versucht, mit 'Alltagsdoping' über die Runden zu kommen. Das sind dämpfende Substanzen natürlich 'optimal' - und der bei uns am leichtesten zugängliche 'Tranquilizer' ist der Alkohol", erklärte Musalek. Im Rahmen eines Burn-Out kommt es aber auch immer wieder zum Missbrauch von Stimulanzien, zum Beispiel Kokain oder Amphetamine.

Stadium 3 hat schließlich Krankheitsbedeutung, weil es zu starken und lang andauernden Erschöpfungszuständen kommt, die in schwere Depressionen übergehen können. "Diese Menschen leiden an allem, was wir mit 'Losigkeit' verbinden - Freudlosigkeit, Schlaflosigkeit, Interesselosigkeit etc. Während in den ersten beiden Stadien vor allem Beratung und Coaching im Mittelpunkt der Betreuung stehen, sind im Stadium 3 oft Antidepressiva und Psychotherapie notwendig", betonte der Experte.

"Viel Arbeit allein führt nicht zum Burn-Out"

Simple "Überarbeitung" bedeutet übrigens noch kein Burn-Out. "Viel Arbeit allein führt nicht zum Burn-Out. Es ist das Fehlen von positiven Rückmeldungen, eine schlechte Arbeitsatmosphäre und empfundene unfaire Behandlung, die ursächlich beteiligt sind. Besonders, wenn das eigene Wertesystem nicht mit dem Wertesystem am Arbeitsplatz in Einklang gebracht werden kann", sagte Musalek.

Auch wenn die epidemiologischen Daten von Erwachsenen stammen, Kinder und Jugendliche können laut dem Wiener Psychiater genauso betroffen sein: "Es gibt eine Reihe von Jugendlichen, die wegen des Erfolgsdrucks in einen Erschöpfungszustand und in eine Reduktion ihrer Leistungsfähigkeit hineinrutschen. Dann bekommen sie schlechte Noten in der Schule, was noch mehr Stress bedeutet und in eine Negativspirale führen kann." Betroffene entfremden von ihren Klassenkameraden, wollen nicht mehr in die Schule gehen, verweigern.

Die Frage, warum Burn-Out so häufig geworden ist, lässt sich nicht ganz einfach beantworten. Musalek: "Sicherlich ist es die Beschleunigung unseres Lebens. Aber es ist auch der Wechsel von einer Leistungs- zu einer Erfolgsgesellschaft. Wenn ich keinen Erfolg habe, kann ich noch so viel leisten, wie ich will - ich bekomme keine Anerkennung. Und dann ist da auch noch der oft lieblose Umgang mit den Mitmenschen. Am wichtigsten wäre Prävention." Hier könnte am Arbeitsplatz enorm viel geleistet werden.

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26  Kommentare
26  Kommentare
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Milka (2.627 Kommentare)
am 27.02.2024 16:52

Wundert mich nicht, es ist diese Aussichtslosigkeit, die in vielen Firmen Einzug gehalten hat. Wenn man sich früher in seinem Job nicht mehr wohl gefühlt hat, kündigte man und suchte sich etwas, was mehr Sinn für einem ergab. Heute ist es egal wo man anfängt, hat man erst einmal den " Hausbrauch" intus, ist es überall das Gleiche: Zuviel Arbeit für einen Mindestlohn wegen Mitarbeitermangel, schlechtes Betriebsklima, schlechte bis keine Mitarbeiterführung, wenn Feedback, dann wenn etwas nicht passt. Das erzeugt natürlich Druck und der verpufft nicht einfach, man strengt sich noch mehr an, aber irgendwann hat man das Gefühl machtlos zu sein und resigniert. Leider Realität in der heutigen Berufswelt.

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pesentirollo (209 Kommentare)
am 27.02.2024 15:41

Die Generation Schneeflocke (Y) schmilzt so vor sich hin.

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dachbodenhexe (6.009 Kommentare)
am 27.02.2024 14:13

"Diese Menschen leiden an allem, was wir mit 'Losigkeit' verbinden - Freudlosigkeit, Schlaflosigkeit, Interesselosigkeit etc. "

Wenn nun bereits 40% der Bevölkerung daran leiden, haben wir wohl ein massives Problem.

Diese " Losigkeit" ist wohl auf die Ernüchterung zurückzuführen, wenn der Betroffene erkennt dass nur seine Arbeitskraft seine Leistung von der Gesellschaft benötigt wird und wenn er diese nicht mehr bringen kann wird er fallengelassen.

Menschsein und seine eigene Kreativität zu leben, ist in unserer Leistungsgesellschaft in den Hintergrund gedrängt worden.

Wir scheinen nur noch Sklaven eines Systems zu sein, bei welchem hauptsächlich diejenigen die das System vorgeben die Nutztnießer sind.

Es wird Zeit diese Umstände von der Wurzel her zu verändern, der Mensch muß wieder arbeiten um zu leben aber er darf nicht mehr so wie es derzeit zu sein scheint, nur leben um zu arbeiten!

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ImI (369 Kommentare)
am 27.02.2024 13:58

Meine Erfahrung zu dem Thema ist, dass maximal die Hälfte der Personen mit Burn-Out die ich kenne, Burn-Out vom Job hatten, was der Auslöser bei der anderen Hälfte war, ist mir unbekannt. Aber ich weiß, dass es sicher nicht die Arbeit war ( max. die fehlende Arbeit, aber das hätten sie lösen können).

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Tebasa1781 (741 Kommentare)
am 27.02.2024 17:40

wahnsinn, was du alles weißt!

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Gast15 (432 Kommentare)
am 28.02.2024 10:44

Habe genau die gleich Erfahrung gemacht. Wie auch schon im Artikel beschrieben, ist es oft die Lieblosigkeit untereinander, die die Menschen fertigmacht.
Ich denke es mangelt meist an der erhaltenen Wertschätzung - nicht im beruflichen, sondern vor allem im privaten Umfeld, dazu kommt die Überforderung (alles unter einen Hut zu bringen, Vergleich mit anderen Personen die es vermeintlich einfacher haben und die - dank sozialen Medien - vermeintlich nur von einem Urlaub in den nächsten rutschen).
Dazu kommt ein latentes Gefühl, nicht genug Bezahlung für seine Arbeit zu erhalten, und dadurch die fehlende Perspektive, sich Wohlstand zu schaffen.

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sergio_eristoff (2.806 Kommentare)
am 27.02.2024 13:16

Darum finde ich die Werbung der WKO schön, wo man wirbt "Meine Arbeit ist mein voller Stolz - Nicht weniger Arbeitszeit für alle"

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fai1 (6.263 Kommentare)
am 27.02.2024 13:07

zuerst KFZA oder EVALOG Methode, dann persönliches Gespräch für Prävention, bei Burnout Personen geht eh nur mehr ein persönliches Gespräch - wenn überhaupt möglich.

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vinzenz2015 (48.774 Kommentare)
am 27.02.2024 13:06

Burnout wird auch durch Arbeitssucht verursacht. Wenn sich der Körper und die Psyche gegen die Maßlosigkeit der Arbeitssucht wehren ....

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vinzenz2015 (48.774 Kommentare)
am 27.02.2024 13:01

Die Grenze zwischen Selbstsausbeutung
und
Fremdausbeutung
durch die Firma, Institution etc
ist sehr schmal!

Man will in beiden Fällen ja nicht unterlegen sein,
" wär doch gelacht, wenn ich ...."

Oft gehts auch

um die finanzielle Existenz,
um die Vernachlässung der Beziehung und Familie,
um sozialen Status,
um den unrealistischen Lebenstraum,
oder

um brutales Arbeitsklima,
um das menschenverachtendes Konkurrenzklima der Firma am Markt,
um totalitäre Identifikation mit dem Betrieb der totalitäre Identifikation verlangt,
um Management durch Kündigungsängste,
um ..... usw.

Die Unterstellung,
dass börnaut nur eine faule Modeerscheinung nicht belastbarer Typen sei,
diese Unterstellung ist einfach nur mies und desinformiert!

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vinzenz2015 (48.774 Kommentare)
am 27.02.2024 15:43

Burnout ist halt ein komplexes Problem zwischen Selbstausbeutung und Fremdausbeutung!

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tulipa (3.666 Kommentare)
am 27.02.2024 12:42

Kann es sein, dass viele von uns zu hohe Ansprüche haben? An sich selber (was man alles schaffen sollte), an den Beruf (wie erfüllend und Prestige bildend und materiell ertragreich er sein sollte), an die Gesellschaft und die Institutionen (was uns alles geboten und abgenommen werden sollte), an die Partner:innen (wie glücklich sie uns machen sollten), die Familie (wie sie uns lieben und schätzen und unterstützen sollten, egal in welcher Lebenslage), an den Freundeskreis (wie sehr er uns bestätigen und bewundern sollte)? Wenn dann Erwartungen in fast allen Bereichen enttäuscht werden, obwohl man das Gefühl hat, doch so viel zu tun, wird es halt schwierig.

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2good4U (19.832 Kommentare)
am 27.02.2024 12:36

Ich denke es spielt auch mit, dass man als junger Mensch noch denkt man könnte etwas verändern oder bewirken.
Und mit steigernder Lebenserfahrung erkennt man eben, dass man auch nur eine jederzeit ersetzbare Nummer ist.

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Gugelbua (32.945 Kommentare)
am 27.02.2024 12:31

würde sofort eine 20 Stunden-Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich einführen,
den Freizeit Stress bewältigen ja viele nicht 😁😁😁

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fai1 (6.263 Kommentare)
am 27.02.2024 10:35

Ich kenne keinen einzigen Burnout Fall, wo nicht die Privatsphäre zu mindestens 50% Einfluss darauf hatte.
Dass da immer nur ausschließlich die Betriebe daran schuld sind, ist definitiv eine Falschaussage.

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kirchham (2.542 Kommentare)
am 27.02.2024 10:45

Da geb ich dir zu 100% recht.

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mso999 (2 Kommentare)
am 27.02.2024 11:51

Als Betroffene kann ich dir da leider nicht zustimmen.....

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fai1 (6.263 Kommentare)
am 27.02.2024 12:08

Und ich kann ihnen über 40 Fälle berichten, wo das zustimmt.

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Tebasa1781 (741 Kommentare)
am 27.02.2024 17:41

bitte die fälle einzeln auflisten, danke!

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fai1 (6.263 Kommentare)
am 27.02.2024 19:18

@Tebasa1781
sie meinen jetzt nicht ernsthaft, dass ich ihnen alle Namen und Gründe angebe? Oder halten sie mich für so doof?

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Baumblatt (358 Kommentare)
am 27.02.2024 12:30

Wie genau messen Sie, fai1, diese 50 %?

Davon abgesehen kann ich diese Theorie gut nachvollziehen. Es gibt aber auch keinen Job, bei dem die Persönlichkeit nicht mitwirkt, dann wären wir Maschinen. Von daher muss es so sein.

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fai1 (6.263 Kommentare)
am 27.02.2024 19:17

zuerst KFZA oder EVALOG Methode, dann persönliches Gespräch für Prävention, bei Burnout Personen geht eh nur mehr ein persönliches Gespräch - wenn überhaupt möglich.

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betterthantherest (37.403 Kommentare)
am 27.02.2024 10:01

Der Mensch hat gefälligst zu funktionieren.
Und zwar höchst effizient.

Das ist das Credo 20.24

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camouflage (1.488 Kommentare)
am 27.02.2024 09:49

Der Mittelstand wird verbrannt, damit es sich andere bequem machen können in ihrer sozialen Hängematte.

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tradiwaberl (15.988 Kommentare)
am 27.02.2024 09:44

Das kann doch gar nicht sein ?

Wo uns gewisse Kreise doch immer einreden, dass wir ohnehin alle in der sozialen Hängematte liegen und nur schmarotzen !!

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camouflage (1.488 Kommentare)
am 27.02.2024 09:48

Nicht alle, aber viele!

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