Wie viel Hygiene muss sein?

Die Österreicher haben es gerne sauber. Doch was ist wirklich notwendig und wann ist es zu viel? Ein Hautarzt beantwortet konkrete Fragen.
Die Österreicher sind sehr reinlich: Allein in die Hautpflege investieren sie laut Branchenplattform "Kosmetik transparent" rund 330 Millionen Euro. Doch wie viel Hygiene ist wirklich notwendig und wann ist es zu viel? Der OÖ Hautärztesprecher Johannes Neuhofer beantwortet die wichtigsten Fragen:
Herpes: Müssen Lippenstifte und Labellos nachher weg? Nein. Mehr als 95 Prozent der Bevölkerung tragen den Virus ohnehin in sich, und der bricht nur aus, wenn das Immunsystem beeinträchtigt ist.
Nasenhaare: Schadet das Schneiden? Haare, die im Alter aus der Nase sprießen, haben wenig Funktion. Die dürfen aus ästhetischen Gründen ruhig gekürzt werden.
Angina: Zahnbürste nachher wegwerfen? Nein, Viren oder Bakterien, die bei einer Halsentzündung auftreten, bekämpft der Körper ohnehin.
Schminke: Wie oft muss ich sie austauschen? Meist hält sie länger, als das Ablaufdatum anzeigt. Wenn etwas schimmelt oder wenn sich der Geruch verändert, gehört es aber weg.
Händewaschen: Wie oft ist zu oft? Einige Male pro Tag ist in Ordnung – auch je nachdem, was man tut. Natürlich ist Händeschütteln eine Übertragungsquelle – wer aber das Gefühl hat, sich dauernd die Hände waschen zu müssen, sollte überprüfen, ob nicht ein Waschzwang dahintersteckt.
Händedesinfizieren: Ist das im Haushalt sinnvoll und notwendig? In ärztlichen Berufen ist das sinnvoll. Wenn man übertreibt, kann es aber der Haut schaden. Im Alltag – wenn keine Infektionszeit ist – ist es nicht notwendig.
Rasieren: Birgt glatte Körperhaut auch Risiken? Haare haben besonders im Intimbereich eine Schutzfunktion. Durch das Rasieren kommt es zu kleinen, oberflächlichen Verletzungen, der Hautschutz wird geschwächt und Viren können leichter eindringen. Seit das Rasieren im Intimbereich so modern ist, sehen wir Hautärzte bei sexuell aktiven Menschen mehr Feigwarzen.
Lange Fingernägel: Sind sie ein Hygiene-Problem? Ja, unter den Fingernägeln verstecken sich oft üble Dinge. Häufiger als bei kurzen Nägeln finden Pilze Spalten, in denen sie sich einnisten. Ein Tipp: Man sollte die Nagelhaut beim Halbmond nicht zurückschieben, weil dadurch die Schutzhülle beschädigt wird. Die Folge können Entzündungen und sogar nachhaltige Schädigungen des Nagels sein.
Duschen: Zweimal täglich oder zweimal pro Woche? Aus hautärztlicher Sicht würde zweimal pro Woche ausreichen. Oft ist es aber – nicht nur wegen der Geruchsentwicklung – häufiger nötig. Wichtig: Syndets verwenden, die den Säureschutzmantel nicht zerstören.
Tägliches Schaumbad: Übertriebene Reinlichkeit oder gute Gewohnheit? Häufige Schaumbäder trocknen aus und schaden deshalb der Haut. Ölbäder halten hingegen geschmeidig.
Ohren putzen: Ist das wirklich gefährlich? Natürlich darf man das Trommelfell nicht verletzen. Auch brauchen die Ohren das Fett. Also besser vorsichtig mit öligen Wattestäbchen reinigen.
Feuchtes Klopapier: Sinnvolle Ergänzung oder unnötiges Utensil? Ich finde das sinnvoll. Noch idealer wären Wasserspülungen wie in Asien. Auch ölige Babytücher sind geeignet.