Schutz für Geschwister von behinderten Kindern
Betroffene Brüder und Schwestern brauchen besonders viel Zeit und Aufmerksamkeit.
Dass Paul sich anders entwickelt als andere Kinder, fiel seinen Eltern erst auf, als er zwei Jahre alt war. Heute ist der 18-Jährige auf dem geistigen Stand eines Dreijährigen. "Das ist eine große Herausforderung für uns Eltern. Oft blieb da für unsere ältere Tochter wenig Zeit", umreißt die Mutter der beiden Kinder das Problem. Ihre gesunde Tochter Lisa litt sehr unter der Situation. Sich gezielt Zeit zu nehmen, ist der Mama deshalb besonders wichtig – zum Beispiel für regelmäßige Mutter-Tochter-Tage ohne den behinderten Bruder. "Wir hätten uns auch eine Geschwistergruppe mit gleichaltrigen Betroffenen gewünscht", sagt die Linzerin.
Solche Gruppen bietet die Caritas für Menschen mit Behinderungen in St. Isidor seit 1995 an. "Geschwisterkinder können dort auch Gefühle wie Enttäuschung oder Wut ausdrücken", sagt die verantwortliche Geschäftsführerin Gertraud Assmann. Denn oft sind Brüder oder Schwestern von behinderten Kindern im Alltag besonders brav, übernehmen schon sehr früh soziale Verantwortung.
"Manchmal drücken Kinder ihre Sorge durch psychosomatische Beschwerden wie Kopf- oder Bauchweh aus", sagt Lisa Meitner, die die Geschwistertreffen organisiert. Auch deshalb sei es wichtig, dass die Buben und Mädchen früh lernen, auf sich selbst zu schauen. Es gilt genauso, Ängste und Sorgen zu zerstreuen. So soll das Kind lernen, dass es an der Situation keine Schuld trägt und dass der Bruder oder die Schwester auch nicht gesund wird, wenn man besonders brav ist. Ähnlich ist die Situation bei Geschwistern von chronisch kranken Kindern.
Hilfreich kann es sein, wenn Freunde oder andere Familienangehörige – wie Großeltern – sich ganz gezielt um die Geschwisterkinder kümmern.
Selbstbestimmte Selbsthilfe
Recht, Sexualität, Schule, Persönliche Assistenz: Das Spektrum der Themen, mit denen sich die Peer-Gruppe für Angehörige von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen befasst, ist groß. Organisiert wird die Veranstaltung von Julia Kisch. Sie ist Mutter einer muskelkranken Tochter (14 Jahre) und selbst muskelkrank. Die Linzerin organsiert seit 2009 Weiterbildungen für Menschen mit und ohne Behinderungen und arbeitet als Peer-Beraterin im Empowerment-Center der Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ (SLI OÖ). „Wir verwenden vor allem die Methode des Peer-Counseling, bei der Betroffene andere Betroffene beraten“, sagt Kisch. Im Empowerment-Center der SLI OÖ in der Bethlehemstraße 3 (Eingang Marienstraße) sind aber auch immer wieder Experten zu Gast.
Themen und Referenten ab Jänner auf www.sli-ooe.at
Geschwisterkinder
Zum Themenabend „Geschwisterkinder“ lädt die Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ (SLI OÖ) am 2. Dezember von 19 bis 21 Uhr in die Bethlehemstraße 3 in Linz ein. Die SLI OÖ bietet eine Peer-Gruppe für Angehörige von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen an. In geschütztem Umfeld können diese Erfahrungen austauschen.