Klick und weg! Das echte Leben wartet
Das "Facebook-Aufhörbuch" des Linzer Suchtexperten Kurosch Yazdi ist ein Entwöhnungs-Ratgeber für Menschen, deren Droge das Internet ist
"Jesus Zuckerberg" hat die Bibel neu erfunden und sie auf den Namen Facebook getauft. Statt zwölf Apostel hat er mehr als zwei Milliarden, und die schreiben die Bibel tagesaktuell. Wissen Sie noch, wie sich die Welt ohne Facebook und die anderen sozialen Medien angefühlt hat? Nein? Facebook entstand 2004 und wir haben uns daran gewöhnt, in dieser Fake-Welt zu leben, schreibt der deutsche Schriftsteller Ben Springer, der sich eines Tages dachte: "Zeit, damit aufzuhören und wieder ins echte Leben zurückzukehren."
Gemeinsam mit dem Suchtexperten Kurosch Yazdi vom Linzer Kepler Uniklinikum hat Ben Springer jetzt einen Ratgeber für Menschen geschrieben, die sich von den sozialen Medien ebenfalls verabschieden wollen.
Buchtipp: Kurosch Yadzi und Ben Springer: "Klick und weg", edition a, 19,95 Euro, erhältlich auf Amazon
Video: Kurosch Yazdi, Leiter der Landesnervenklinik Kepler Universitätsklinikum und Schriftsteller Ben Springer erklären, wann Internetnutzung im Hinblick auf Sucht problematisch wird.
Kurze Texte, viele Bilder
Der heute erscheinende Ratgeber, der den Ausstieg dokumentiert, ist sehr lesefreundlich geworden und erinnert ein bisschen an ein Bilderbuch. "Wir haben das Buch so gestaltet, dass es auch Internetsüchtige lesen. Denn eines ist fix: Betroffene lesen keine langen Texte, sie sind Kurznachrichten und viele Bilder gewöhnt." Der potenzielle Leserkreis sei groß.
"Allein bei den 15-Jährigen sind laut Studien bereits vier bis sieben Prozent internetsüchtig, was bedeutet, dass sie beruflich oder sozial nicht mehr funktionsfähig sind, also zum Beispiel gar nicht mehr in die Schule gehen", erklärt Yazdi. Das Problem an dieser Sucht sei vor allem die dauernde "Verfügbarkeit der Droge Internet". Laut Yazdi sind Facebook und Co nichts anderes als eine "Kompensationsstrategie" – eine Flucht aus dem richtigen Leben, das uns manchmal das Gefühl gibt, ohnmächtig zu sein. Hier seine Tipps für den Ausstieg:
1. Erkenne das Problem
Ob man ein Problem mit Facebook und Social Media hat, erkennt man, wenn man eine Woche lang ein Facebook-Konsum-Tagebuch führt, ganz altmodisch mit Stift und Papier. Ist am Ende der Woche an fast jedem Tag in jeder Stunde ein Eintrag, kann man zu Schritt zwei übergehen.
2. Entscheide Dich
Will ich überhaupt in die reale Welt zurückkehren? Welche Konsequenzen hätte dieser Schritt für die Zukunft, die ich erträume? Am besten ist es, alle Vor- und Nachteile aufzulisten.
3. Suche die reale Welt
Wage den Absprung! Wie das funktioniert, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und eine Typ-Frage. Zur Wahl stehen radikaler Ausstieg oder reduzierter Konsum, ganz ähnlich wie beim Rauchstopp. Für die Zeiten, die plötzlich "frei" sind, stelle Dir die Frage: "Was habe ich früher gemacht, als ich ohne Facebook ausgekommen bin?"
4. Packe Deinen Notfallkoffer
In diesem imaginären Koffer befinden sich Dinge, die Dich im Notfall vor einem Rückfall schützen. Das können Joggingschuhe sein oder das Kinoprogramm. Der Notfall tritt ein, wenn man plötzlich ein unwiderstehliches Verlangen verspürt, rückfällig zu werden.
5. Fang wieder an zu leben
Dafür muss man zuerst lernen, was Entschleunigung heißt. Erster Schritt: "Setz dich auf eine Parkbank und schau zehn Minuten lang in die Luft. Und immer daran denken: Du bist ein physisches Wesen: Du brauchst Berührungen, Wärme, ein echtes Lächeln statt eines hingerotzten Smileys."
Das Buch enthält eine detaillierte Anleitung zum Ausstieg, inklusive Tagebuch und dem Versprechen: "In sieben Tagen erschuf Gott die Welt. Und in sieben Tagen kannst auch du deine Welt neu erschaffen. Los geht’s."
Ich bin damals kalt auf Entzug gesetzt worden.
Noch in der Überlegens-Phase 2 war plötzlich eines Freitagnachmittags mein Account gesperrt. Ich möge doch bitte mit einem Ausweis nachweisen, dass ich wirklich so heiße...
Ein schöneres Geschenk hätte mir Herr Zuckerberg (im Nachhinein gesehen) nicht machen können... Und es lebt sich gut ohne postfaktischer Irrsinnswelt!