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Gefühle, Gedanken, Gesundheit: Wie das Internet uns verändert

Von Claudia Riedler, 23. Mai 2018, 00:04 Uhr
6G – Neuer Mobilfunkstandard mit 400 Gigabit/s
Man muss sich bewusst sein: Das Internet bedient zutiefst menschliche Bedürfnisse. Bild: colourbox.de

Cyberpsychologin Catarina Katzer über ganz neue Krankheiten.

Im Durchschnitt schauen wir 88-Mal täglich auf das Handy. Ständige Erreichbarkeit und soziale Medien – das alles verändert uns mehr, als uns bewusst ist. Catarina Katzer, Volkswirtin, Sozialpsychologin und Expertin für Cyberpsychologie, hält dazu heute einen Vortrag. Die OÖN sprachen mit ihr schon vorab über unser Leben im Netz.

 

OÖN: Mail, Facebook, Instagram, WhatsApp – alles passiert gleichzeitig. Wie wirkt sich das ständige Multitasking aus?

Katzer: Die Gleichzeitigkeit der Tätigkeiten und das ständige Unterbrechen überfordern uns. Wir sind dadurch ungeduldiger. Wir geraten unter digitalen Stress, die Konzentration lässt nach, und wir werden fehleranfälliger. Multitasking ist eine Mär, die gar nicht funktioniert. Unser Gehirn ist dafür nicht ausgelegt.

Was bewirkt die ständige Erreichbarkeit?

Es gibt einen gesellschaftlichen Druck, ständig erreichbar zu sein. Dadurch entsteht ein Cyberautomatismus, wir trauen uns gar nicht, offline zu sein. Das erhöht den Stress – mit körperlichen Auswirkungen. Wir können nicht schlafen, sind müde und unaufmerksam, weil wir die Erholungsphasen nicht mehr bekommen.

Die sozialen Medien funktionieren mit ständiger Bestätigung – wie wirkt sich das auf unsere Psyche aus?

Es gibt heute eine Aufmerksamkeitsökonomie. Man muss posten, um existent zu sein. Das hat emotionale Auswirkungen. Das Selbstbild ist abhängig von der Reaktion der anderen. Das narzisstische Verhalten nimmt zu, die Empathie nimmt ab. Man kann natürlich nicht alles aufs Internet schieben. Aber man muss sich bewusst sein, dass hier zutiefst menschliche Bedürfnisse bedient werden.

Verändern sich dadurch unsere geistigen Fähigkeiten?

Durch die Nutzung der neuen Technologie verändern wir unsere Wahrnehmung. Wir werden auf knappe Nachrichten getrimmt. Aber wenn wir nur oberflächlich Informationen verarbeiten, lassen auch intellektuelle Fähigkeiten nach. Wir lassen uns stark von plakativen emotionalen Inhalten im Netz leiten, die unsere Meinung bestätigen. Wir suchen nach Lösungen, ohne nachzudenken, sondern fragen einfach Doktor Google. Durch die Nutzung von GPS wird jener Gehirnbereich kleiner, der für die Orientierungsfähigkeit zuständig ist.

Internet macht auch süchtig?

Von Internetsucht sind etwa zehn Prozent der Nutzer betroffen. Fast jeder Zweite zeigt zumindest ein problematisches Verhalten. Es gibt auch die Soziale-Netzwerk-Sucht, die vor allem bei jungen Frauen und Mädchen auftaucht.

Welche neuen Krankheiten entstehen sonst durch das Internet?

Neben Smartphone-Daumen und Handynacken gibt es die Nomophobie: Menschen haben Angst, ohne Handy aus dem Haus zu gehen. Wir verwachsen immer mehr mit dem Smartphone und erleben Phantomschmerzen, wenn es nicht dabei ist. Und es gibt das Phänomen des Phantomschauens, wenn wir aufs Display schauen, obwohl sich gar nichts getan hat.

Was raten Sie für einen gesunden Umgang mit dem Internet?

Wir benötigen ein neues digitales Bewusstsein. Wir müssen erkennen, was mit uns passiert, wenn wir bestimmte Apps nutzen. Brauchen wir sie oder sind sie nur Zeitfresser? Man kann ein Online-Logbuch führen, auch dafür gibt es Apps. Ansonsten schleicht sich ein Cyberautomatismus ein.

Wie ändert man sein Verhalten?

Man kann die Push-Funktion abstellen, Offline-Zeiten einführen, das Handy nicht am Körper tragen, damit man es nicht sieht und spürt. Studien zeigen, dass allein die Ansicht des Smartphones die Konzentration stört. Man könnte sich auch überlegen, gezielt ohne Smartphone einkaufen zu gehen. In der Familie kann man einen Smartphone-Turm machen. Und wer als Erster hingreift, muss eine bestimmte Hausarbeit verrichten.
 

Vortrag von Catarina Katzer: Wie das Internet uns verändert, 23. Mai, 19.30 Uhr, im Pfarrzentrum St. Gallus, Gallneukirchen, Eintritt frei

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