Kunststar Yan Pei-Ming in Linz: Monumentale Porträts, die in die Seele blicken
Der chinesische Maler stellt ab morgen im Linzer Francisco Carolinum aus
Es gibt Sänger und Sängerinnen, die man von Statur und Auftreten als zurückhaltend und unscheinbar beschreiben würde. Aber sobald sie singen, lässt ihre Stimme den Raum erbeben.
Ähnliches kann man bei bildenden Künstlern erleben – wie bei Yan Pei-Ming. Als der 62-Jährige gestern ins Linzer Francisco Carolinum (FC) kam, um seine Schau "Portraits" vorzustellen, wirkte der gebürtige Chinese im ersten Moment wie ein flüchtiger, ruhiger, aber zugewandter Gast.
Die Porträts des Künstlers, der in dieser Sparte als maßgeblicher Vertreter seiner Heimat gilt, sind vom Format her außergewöhnlich groß, sogar raumhoch, von der Wirkung aber noch massiver.
Yan Pei-Mings Arbeiten prägen Gesichter der Macht. Aber nicht exklusiv jene, mit denen man aus der historischen Tradition der Malerei rechnen würde. Und sicher nicht im Sinne des beschönigenden Dienens lieblicher Herrschaftlichkeit. So hängen im zweiten Stock des FC (ehemals Landesgalerie) etwa in vier Reihen je 15 Arbeiten, die im Verhältnis zu Yan Pei-Mings monumentalen Werken beinah klein anmuten. Die gesellschaftspolitische Sprengkraft entfaltet die Summe der Teile dieses Arrangements. Neben Angela Merkel, Wolodymyr Selenskij, Ursula von der Leyen, Adolf Hitler und Donald Trump stechen besondere Trios ins Auge: das Kaiserpaar Elisabeth und Franz Joseph neben Elisabeths Mörder Luigi Lucheni sowie Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie neben Attentäter Gavrilo Princip.
Mit 19 China verlassen
Yan Pei-Ming, mit Ropac von einer Galerie von Weltruf vertreten, erweitert die auf Eliten fokussierte malerische Geschichtsschreibung um jene "kleinen" Menschen, die den Lauf der Dinge im großen Stil beeinflussten. Genauso wie er aber auch vergewaltigte Frauen, Kriegsopfer oder US-Soldaten ins Gedächtnis rückt.
Wie sehr sich Systeme, deren Geschicke einige wenige lenken, in die Biografien der "einfachen" Masse einschneiden, erlebte Yan Pei-Ming in China: in einer Ein-Zimmer-Wohnung mit mehr als zehn Geschwistern wurde er Zeuge der Kulturrevolution, die unter Mao Zedong Hunderttausende, wenn nicht mehrere Millionen Leben forderte. Mit 19 ging er nach Frankreich, wo er Kunst studierte, heute lebt und arbeitet.
Die Härten seines Heranwachsens mündeten wohl nicht nur in einer scharfen Beobachtungsgabe auf globaler Ebene, sondern auch in Sensibilität für das, was individuell tief berührt. Die monumentalen Porträts seiner Mutter wirken etwa, als würde einem die verstorbene Frau direkt in die Seele schauen.
Dabei offenbaren die Werke (Öl auf Leinwand), die dank Steighilfen im hallenartigen Atelier entstehen, auch massives Können. Präzise gedacht, vereinen sie Gespür für Gesichtsgeometrie und dafür, wie mit Farbe, Pinsel und Strich Menschen plastisch, lebendig, authentisch wirken.
Dabei bedient sich Yan Pei-Ming vorrangig am Spektrum zwischen Schwarz und Weiß. Ein Maler mit beeindruckendem Sinn für die große Rolle, die Grautöne in Machtfragen spielen.
Yan Pei-Ming, "Portraits", ab morgen bis 23. 8., ooekultur.at
Live-Erklärung: Hans Bürger doch kein Dancing Star
Filmkritik: Darf sie das denn? Ältere Frau und Alleinerzieherin liebt jüngeren Mann
Lachen und musizieren für den Linzer Dom
Österreichischer Schauspieler Simon Morzé gewann Deutschen Filmpreis
Interessieren Sie sich für dieses Thema?
Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.