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"Citizenfour": Zwischen Vernunft und Frechheit

Von Nora Bruckmüller, 29. Dezember 2014, 00:04 Uhr
Zwischen Vernunft und Frechheit
Bild: polyfilm

Der Film über den Fall Snowden stellt die Frage, wie viel Macht ein Einzelner haben kann.

Die Perspektive, aus der Laura Poitras den Informanten Edward Snowden für "Citizenfour" einfängt, bringt Bilder hervor, die nicht ohne Witz sind. Für ihr dokumentarisch angelegtes Werk filmte die kritische US-Regisseurin den Whistleblower (mehr dazu im Kasten) von schräg unten. Es ist die beste Einstellung, um die Überlegenheit eines Menschen mit der Kamera zu übersetzen, sie legt den Blick frei auf den damals 29-Jährigen mit Milchgesicht, in dem keine einzige Furche von einem rauen Leben erzählt. Die Verwunderung, die Poitras so simpel erzeugt, führt direkt zur Kernfrage: Wie viel Macht kann ein Einzelner überhaupt haben? Mehr, als man sich zugestehen mag – wie "Citizenfour" mehr als ein Jahr nach dem von Snowden im Juni 2013 weltweit ausgelösten Spionage-Skandal wieder in Erinnerung ruft.

Kinobesucher Teil der Ereignisse

Poitras war, neben den Journalisten Glenn Greenwald und Ewen MacAskill vom britischen "The Guardian", über verschlüsselte E-Mails von Snowden in ein Hotelzimmer in Hong Kong eingeladen worden. Dort übermittelte er ihnen nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dokumente und Insider-Informationen. Über "Citizenfour" – der Titel kommt von Snowdens Pseudonym im Netz – werden Kinobesucher Teil der Ereignisse, die von ähnlicher Brisanz waren, wie die Treffen der Washington-Post-Reporter Robert Woodward und Carl Bernstein mit "Deepthroat" Mark Felt, die 1972 zur Watergate-Affäre führten. Wenn Snowden erzählt, wie er am Schreibtisch Videos von Überwachungsdrohnen verfolgt hat, schwappt die Welle der Überraschung durch den Magen, bevor ihre Ausläufer als Zorn in den Kopf aufsteigen. Den Fatalismus, dass die Daten des Einzelnen ja nix bedeuten, zerstreut der Analyst, indem er erklärt, wie sie als Bausteine für Geschichten herangezogen werden, die schnell jeden in Zweifel ziehen. Sympathie für den jungen, gefassten Rebellen zu entwickeln, ist leicht.

Heiligt der Zweck alle Mittel?

Die Frage, ob der Zweck alle Mittel heiligt, betrifft nicht nur die Praktiken der Regierungen, sondern auch jene von Snowden. "Citizenfour" klammert diese aus. Das ist durch Poitras Position selbsterklärend, auch passt es zu gut in die Dramaturgie von Snowdens Story. Wenn der Informant erfährt, dass der Dauerauftrag für die Miete in der Heimat gestoppt wurde und seine Lebensgefährtin von unverhältnismäßig vielen Kastenwägen in ihrer Straße berichtet, erinnert das an einen Thriller von John Le Carré ("A Most Wanted Man") oder 007-Vater Ian Fleming. Dennoch: Der Fall Snowden ist echt. Dass die Realität diesen Plot, den der Zuschauer aus den Medien kennt, immer wieder durchbricht, ist Poitras größter Trumpf. Wenn der Film dazu anregt, sich zu fragen, wo im Staat Vernunft in Frechheit, Freiheit in Auslieferung und Politik in Lüge übergehen, ist es gut so. Deshalb sollte ihn jeder sehen.

Kino, "Citizenfour": DE/US, 2014, 114 min, Regie: Laura Poitras

OÖN Bewertung:

 

Trailer

Der Fall Snowden

Während seiner Tätigkeit für den größten US-Nachrichtendienst NSA sammelte Edward Snowden geheime Dokumente über globale Überwachungsprogramme. Im Juni 2013 übergab er diese an die Journalistin und Regisseurin Laura Poitras. Während Snowden nach Russland floh, berichteten Medien international über die Snowden-Dokumente. Es folgten Debatten, diplomatische Verstimmungen, Untersuchungen, aber wenige handfeste Konsequenzen. Der frühere Navy-Offizier und Beamte Horace B. Edwards hat Snowden, Poitras und die Produzenten von „Citzenfour“ wegen „Verrat von Geheiminformationen“ verklagt.

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