"Wer keinen Ton traf, der hat von sich aus aufgehört"
Ikone der Volkskultur: Der Sänger, Chorleiter und Kulturarbeiter Hans Samhaber aus St. Marienkirchen am Hausruck
In Hans Samhabers Stimme schwingt höchster Respekt mit, wenn er von seiner Mutter erzählt. "Sie war eine kleine Frau, nur 1,50 groß, aber sie hat so ziemlich jedes Volkslied gekonnt." Es waren die 40er-Jahre, als die Welt viel größere Sorgen hatte und Samhaber in den Harmonien überlieferter Lieder Geborgenheit fand. Samhaber sollte in Internaten auf den geistlichen Weg der Kapuziner vorbereitet werden. "Ich habe aber festgestellt, dass das nicht mein Weg ist", sagt der 82-Jährige. Nach zwei Schulwechseln maturierte er in Ried im Innkreis, Samhaber wurde Lehrer. Stimme und Kulturgut pflegte er im Chor der Innviertler Schulspatzen, "und als ich von Eberschwang nach St. Marienkirchen am Hausruck versetzt wurde, war ich zuerst einmal angefressen", sagt er im Gespräch mit den OÖN. In der Nachbetrachtung war es ein Glücksfall.
Der erste Vorsitzende
Samhaber brachte das kulturelle Leben in der 800-Einwohner-Gemeinde auf Trab. 1961 wurde er Direktor der Volksschule, die heute seinen Namen trägt. Er gründete einen Kirchenchor sowie eine Volkslied- und Volkstanz-Gruppe. Dass er obendrein Sportler war (Vize-Landesmeister im 200-Meter-Lauf), habe ihm bei der Akzeptanz in der neuen Umgebung geholfen. Samhaber: "Im Kirchenchor waren wir bald 45 Leute. Ich wollte alle dabeihaben, jeder konnte mitsingen, und wer keinen Ton traf, der hat eh von sich aus aufgehört." Er organisierte Passions- und Adventsingen, Theater sowie Zwei- und Dreigesänge für Kinder. Als Leiter der "ARGE wenig gegliederte Grundschule des Bezirkes Ried" achtete er bei Fortbildungsveranstaltungen darauf, dass die Mundart nicht zu kurz kommt.
Dass er 1992 erster Vorsitzender des oberösterreichischen "Forums Volkskultur" wurde, unter dessen Dach 25 Volkskultur-Verbände Oberösterreichs vereint sind, war genauso wenig seine Idee wie die Schaffung der vom Forum vergebenen "Professor-Hans-Samhaber-Plakette", die engagierte Menschen auszeichnet, die gewöhnlich im Verborgenen arbeiten.
Heute ist er Forum-Ehrenpräsident. Die Chorleitung in St. Marienkirchen legte er vor sechs Jahren zurück ("50 Jahre sind genug"). "Und wenn mich meine wunderbare Frau nicht so unterstützt hätte, wäre das alles gar nicht möglich gewesen." Seit 58 Jahren ist Samhaber mit seiner Johanna, mit der er drei Kinder (alle Lehrer) hat, verheiratet.
Aktuell schreibt er an seinen Lebenserinnerungen. "Die Sonne hängt im Apfelbaum" heißt die Schrift. Der Titel stammt von einer Beobachtung, die er bei Spaziergängen immer wieder gemacht hat. Sein 1882 geborener Vater, der sich aus Glaubensgründen geweigert hatte, der NSDAP beizutreten, und deshalb seinen Job verlor, wird darin genauso zu Ehren kommen wie die schillernden Erinnerungen an die erste Auslandsreise mit Samhabers Chor 1956 nach England und die Verleihung des polnischen Ordens "Ecce Homo" an ihn im Jahr 2000. Hans Samhaber ist nicht nur Verfechter einer lebendigen Volkskultur, er ist auch ein gutes Stück Zeitgeschichte.
Ikone der Volkskultur
Die OÖNachrichten rufen zur Wahl der Ikone der Volkskultur im Land auf. Jeder der 15 Kandidaten wird in den OÖN in umfangreichen Porträts vorgestellt.So funktioniert die Wahl:Bis 8. Februar können die 15 Finalisten auf nachrichten.at/ikone per Mausklick gewählt werden. Die Ikone der Volkskultur wird am 16. Februar präsentiert.