Wiener Walzer mit preußischem Kommando zum Neujahrskonzert
Christian Thielemann zeigte am Pult der Wiener Philharmoniker eine nüchterne Lesart.
Zum 61. Mal übertrug der ORF das Neujahrskonzert, das heuer ganz im Zeichen des 150-Jahr-Jubiläums der Wiener Staatsoper stand, aus deren Orchester sich die Mitglieder der Wiener Philharmoniker rekrutieren. Am Pult erstmals Christian Thielemann, der dem urwüchsig österreichischen Repertoire typisch preußische Züge abgewinnen konnte. Ein unspektakuläres Neujahrskonzert, das aber gerade deshalb umso mehr Breitenwirkung gehabt haben dürfte.
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Diese Walzer wären tanzbar
Im Vergleich zu vergangenen Konzerten, wo die Dirigenten intensiv an der Klangfarbenpalette gedreht und mit ungewohnten Lesarten eine interessante Balance zwischen den Stimmen hervorgezaubert hatten, blieb Christian Thielmann eher bei einem zweifelsohne höchst eleganten Pauschalklang und stürzte sich mehr auf die rhythmische Komponente.
So gelangte man der eigentlichen Funktion dieser Musik sehr nahe, sparte teilweise im Gleichschritt vorexerzierend extreme Rubati weitgehend aus und beließ die Linien im strengen rhythmischen Fluss. So als müsste der ganze Musikvereinssaal danach tanzen können. Auch das eröffnet neue Facetten, denn die tempomäßig relativ freie symphonische Variante der Walzer lässt diese nur selten tanzbar erscheinen. Doch das war der allererste Grund ihrer Entstehung. Somit könnte man aller klanglichen Entzauberung zum Trotz von einer Annäherung an das Original sprechen. Diese doch nüchterne, im Stechschritt vorwärtsdrängende Sichtweise passte ideal zu den Märschen und den schnellen Polkas, die so den richtigen Schwung bekamen. Auch für zwei Werke der Familie Hellmesberger fand Christian Thielemann eine feine Zugangsweise. So erinnerte der Elfenreigen in seiner fragilen Instrumentation an Mendelssohn, und der erstmals bei einem Neujahrskonzert erklungene "Entr’acte Valse" war ein willkommener zarter Gegensatz zu den sonst durchaus eher kräftig zupackend denn charmant musizierten Walzern, die aber dennoch fulminant umgesetzt waren. Unspektakulär auch die optische Umsetzung im Fernsehen, wobei die Choreografien von Andrei Kajdanowskij in den kreativen Kostümen von Arthur Arbesser erfreulich herausstachen.
Fazit: Ein Neujahrskonzert, dem vielleicht ein wenig die Magie des Walzers fehlte, das aber in seiner angespannt nüchternen Lesart auf große Breitenwirkung ausgelegt war.
Andris Nelsons dirigiert 2020 das Neujahrskonzert
Der lettische Dirigent Andris Nelsons leitet im nächsten Jahr erstmals das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Der Musikdirektor des Boston Symphony Orchestra sowie des Gewandhausorchesters Leipzig, ist den Philharmonikern seit 2010 eng verbunden, mit denen er heuer einen gemeinsamen Beethoven-Zyklus auf CD herausbringt. Eines seiner gefeierten Debüts als Operndirigent gab er als Einspringer für Mariss Jansons in „Carmen“ an der Wiener Staatsoper im Jahr 2010. 2016 leitete er die Uraufführung des Klarinetten-Triplekonzerts von Ivan Eröd. 1978 in Riga geboren, galt Nelsons früh als Shooting-Star der Klassik-Szene. Gefördert von seinem Landsmann Mariss Jansons, wurde er mit 24 Jahren Chefdirigent der Lettischen Nationaloper. Nach Chefposten etwa beim City of Birmingham Symphony Orchestra (2008–2014) ist Nelsons seit 2014/15 Musikdirektor des Boston Symphony Orchestra und seit 2015 zusätzlich Gewandhaus-Kapellmeister in Leipzig.
Herr Wruss hat recht: es war ein Neujahrskonzert ohne Inspiration und ohne Tiefe. War aber auch zu erwarten, dass Thielemann nicht der ideale Dirigent für die "leichte" Muse sein würde.
Aber die PR-Erwartungen hat er erfüllt.
Die Meinungen gehen ja stark auseinander, liegt halt wie immer im Auge des Betrachters, bzw.im Ohr des Zuhörers.
Das Neujahrskonzert im Musiktheater mit Russel McGregor hat uns jedenfalls besser gefallen, obwohl man beide natürlich nicht ganz vergleichen kann.
Manchmal erinnert mich der Thielemann an den R.Hasenhüttl, beide sympathisch.....🎼
Hallo, ich war auch dort und mir hat es auch sehr gut gefallen! McGregor ist ausserdem sehr lustig
Als "unspektakuläres" Konzert hab ich das aber gar nicht empfunden. Ich finde, es war spektakulär - weil eines der besten Neujahrskonzerte der vergangenen Jahre ! Was ist nur mit den OÖN los ?
Wenns das Brucknerorchester unter dem neuen Leiter gewesen
wäre, dann würden Lobeshymnen bis in den Himmel gejauchzt.
Das beste Neujahrskonzert seit langem. Thielemann arbeit auch seit Jahren mit dem Orchester zusammen und ist sehr beliebt und wird als Dirigent äusserst geschätzt.
Der Readakteur dürfte ein Problem mit der Person Thielemann haben und verfasste deswegen einen Artikel, der absolut nicht der Wahrheit entspricht. Verstärkt wird der Eindruck eines unfairen Artikels durch die Auswahl eines möglichst unvorteilhaftes Fotos.
Matte Leistung, Herr Wruss!
Ist halt nicht das B.O. unter Poschner
100% meine Meinung, "hauno"! Ich nehme an, wir kennen einander ...
Gestern hatte er noch alle Erwartungen erfüllt - O-Ton des Blattls.
Heute folgte die Ernüchterung. Aber die Musikgeschmäcker sind halt doch recht verschieden, gell?
Das müssen wir uns immer vor Augen halten.
so ist es. Erinnert mich immer an Helmut Fischer in "Monaco Franze - der ewige Stenz".
Eine unvergessliche Sache. Obwohl mir die Sache lange Zeit überhaupt nicht behagte. Genau so wie die Lindenstraße - nichts f Verkorkste.
Jetzt willst aber hoffentlich nicht den Monaco Franze mit der Lindenstraße vergleichen. Das fällt unter Frevel!