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Bekenntnis der Vegetarierin: „Ich bin fleischlos glücklich“

Von Von Claudia Werner, 04. September 2010, 00:04 Uhr
Bekenntnis der Vegetarierin: „Ich bin fleischlos glücklich“
Claudia Werner Bild: Weihbold

Verging früher kein Tag ohne fleischliche Genüsse, genieße ich seit Jahren ein Leben ohne Fleisch.

Verging früher kein Tag ohne fleischliche Genüsse, genieße ich seit Jahren ein Leben ohne Fleisch.

Niemand wird missioniert, es gleichzutun, niemand belehrt wiederum mich. Bloß überrascht sind viele, dass es kein Tick auf Zeit ist, sondern das Glück nun schon „so lange!?!“ währt.

Es geschah weder von langer Hand geplant, noch aus Jux und Tollerei. Anlass war nicht der berüchtigte Schulfilm mit detaillierten Aufnahmen aus dem Schlachthof, auch brannte sich keine andere einschneidende Grauslichkeit ins kulinarische Gedächtnis. Immer wieder tauchte die Frage nach dem „Warum?“ auf, und zugegeben: Spektakulär hat die Antwort selbst mit historischen Erweiterungen noch nie geklungen.

Im Grunde waren es bloß gefühlte zehn, zwölf Kilo zuviel, die mir damals nach einem Jahr weg von zu Hause sehr deutlich zeigten, dass „irgendwas“ passieren musste. Als Junghupf schon auf der zweiten Stiege des Studentenheims schlapp zu machen, raubte jede Perspektive auf eine in vielerlei Hinsicht flotte Erscheinung.

Eine Komponente des „Irgendwas“ hieß natürlich Bewegung. Den Gegenwert von zwei Säcken Katzenstreu an den Hüften beim Laufen durch den Park oder beim Squash durch die Halle zu wuchten, war allerdings etwas unlocker und wollte nicht recht Spaß machen. Der nächste Schritt führte zur Ernährung. Zuerst mit vorwiegend weißem Fleisch, also Geflügel und Fisch, sehr rasch dann ganz ohne. Einfach zum Ausprobieren. Zugleich mit Gemüse umgehen und mit Getreide kochen lernen. Dampfkochtopf besorgen. Erfahren, dass Couscous schneller fertig ist als jede Pasta, und Hirse sauer wie süß sein kann. Vom Nährwert ganz zu schweigen. Erkennen, dass Tofu roh nach nichts, fein mariniert wunderbar schmeckt (vorsichtig gefragt: Ist das bei Fleisch nicht genauso?). Erste Verwarnungen der Mitbewohner, weil gedünsteter Karfiol keine Wohlgerüche verbreitete (kein Vergleich allerdings zum stundenlangen Auskochen der Knochen, als wir im Fasching authentisch als Familie Feuerstein gehen wollten – plötzlich sehnten sich die Kollegen nach Gemüse, selbst Kohl wär’ Recht gewesen).

Nach einem weiteren Jahr, zahlreichen Erfahrungen reicher und gefühlten zehn, zwölf Kilo weniger folgte leise und fast unbemerkt der dritte Schritt: die Erkenntnis, dass es ohne Fleisch nicht nur mir, sondern auch den Tieren besser geht. So schlicht, so ergreifend!

Denn warum herzen wir Hund und Katz’, bevor wir Kuh oder Schwein in die Pfanne hauen? Als Glücksbringer darf das Schweinderl noch ins neue Jahr geleiten, während es selber leider Pech hat und mit Petersilie im Maul auf dem Silbertablett landet? Die Rinder zum Wahnsinn verdammt, die Hendln zu übertriebenem Körperkontakt, die Gänse und Küken und ... ach, wir alle kennen doch diese Meldungen, die in jeder Hinsicht unter „Horror“ fallen. Danke an dieser Stelle an Iris Radisch, die es kürzlich in der „Zeit“ auf den Punkt brachte: „Die Gründe, die wir für das eklatante Ungleichgewicht der Rechte zwischen Mensch und Tier geltend machen, sind allesamt windig.“ Und diese Gründe erklären noch lange nicht, warum sich ein totes Tier auf meinen Teller verirren sollte.

Bevor es jetzt aber schwierig wird, nicht missionarisch zu werden: Kurios ist doch, dass die Diskussion ums „Tiere essen“ aus dem Burger- und Fast Food-Land USA herüberschwappt. Hier bei uns im Bio-Musterland wird brav Müll getrennt, man schraubt Photovoltaik aufs Dach, versucht zumindest im Ansatz, umweltfreundlich unterwegs zu sein – und dann sowas? Da können wir doch milde lächeln und verstärkt beim Bio-Bauern einkaufen. Vielleicht künftig einfach weniger Fleisch und Wurst, dafür mehr dieser wunderbaren Kräuter, Getreide, Gemüse- und Obstsorten.

Vegetarier brauchen keine Rechtfertigungen der Fleischesser (nach denen gar nicht gefragt war), warum es bei ihnen „nie länger ohne“ möglich war, weshalb es „ja doch so gut“ schmecke und woher man denn sonst „diese wichtigen Stoffe“ kriegen könnte (diesen Punkt können wir abhaken, zumindest dazu existieren glaubhafte Studien). Unter „der Fleischeslust entsagen“ hatte ich immer etwas anderes verstanden. Und nie das Gefühl, auf etwas zu verzichten, wo doch so viel Neues dazukommt.

Wenn mich also heute jemand nach dem „Warum?“ fragt, erzähle ich immer noch meine Geschichte. Auch nach 19 Jahren als Vegetarierin. Allerdings werde ich schön langsam doch missionarisch, weil weniger Fleisch (und nichts anderes schlägt J. S. Foer vor) wirklich Massives bewirken kann – 200 Millionen Tiere weniger müssten sterben, wenn alle Amerikaner eine Fleischmahlzeit pro Woche ausließen! Sensationell. Und wenn ich an den Journalisten eines deutschen Magazins denke, der extra ein Huhn geschlachtet hatte, um die Probe aufs Exempel zu machen (er brachte es wirklich nicht übers Herz, es zu essen), dann antworte ich schließlich noch: „Danke, es geht mir sehr gut!“

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2  Kommentare
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fuertiere (254 Kommentare)
am 05.09.2010 13:50

angepflanzt, um sie an unsere sogenannten Nutztiere zu verfüttern. 49% der Getreide-Welternte wird an Masttiere verfüttert. 1 Pfund Rindfleisch frißt 16 Pfund Getreide. Oder anders ausgedrückt: Mit der Sojaernte eines Hektars in Brasilien könnte der Eiweißbedarf von 5000 Menschen gedeckt werden. Die selbe Menge zu Fleisch "veredelt" ernährt in Europa aber nur 191 Menschen. Rund 90% der Pflanzennahrung, mit der die sogenannten Nutztiere gemästet werden, gehen verloren, wenn die Ernährung um den blutigen Umweg Fleisch stattfindet. Kein Mensch müßte mehr Hunger leiden auf der Welt, wenn diese Verschwendung beendet würde. Hunger wird durch die Ernährung in den Industrienationen erzeugt und gefördert.

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Ingonda (3 Kommentare)
am 04.09.2010 09:41

Ein Gedicht, das ich vor vielen Jahren geschrieben habe: "Tiere" Ich bin Vegetarierin...

Tiere

Ich liebe all die Tiere,
besonders wenn sie klein
und schiebe einen Braten
ganz schnell ins Backrohr rein.

Ich liebe viele Tiere,
verbrauche sie nach Lust,
verbanne sie in Ställe,
für sie doch sorgen muß!

Ich liebe manche Tiere,
die andern sind mir Last,
nur ich bestimm darüber,
was man noch leben läßt.

Ich liebe wenig Tiere,
der Mensch doch Krönung ist,
er geht doch nicht auf vieren
und er nicht ständig frißt.

Ich liebe keine Tiere,
sie sind nicht brüderlich,
versteh nicht ihre Sprache,
ich meß nur ihr Gewicht.

Das Fühlen längst verdorben
seit dem Paradies,
als der Mensch begonnen
und er den Bruder drischt....

Ingonda Lehner

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