Warum sich die Lohnschere noch immer nicht geschlossen hat
LINZ. Eine JKU-Studie zeigt, dass es Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bereits direkt nach dem Studienabschluss gibt – Österreich im EU-Vergleich besonders schlecht
Nur in Estland geht die Gehaltsschere zwischen Frau und Mann noch weiter auseinander als in Österreich. Die beiden Länder landen im EU-Vergleich auf den letzten Plätzen, wenn es um geschlechterbedingte Gehaltsunterschiede geht. Statistiken dazu sind jedoch oft umstritten, da Faktoren wie Teilzeit, Schwangerschaft und Zusatzqualifikationen schwer einberechnet werden können.
Eine Bevölkerungsgruppe, bei der Gehaltsunterschiede nicht besonders auffällig sein sollten, ist jene der Universitätsabsolventen, da alle die gleichen Qualifikationen vorweisen können. Dass das Gegenteil der Fall ist, zeigt eine Studie des Instituts für Frauen- und Geschlechterforschung der Johannes-Kepler-Universität (JKU) unter der Leitung von Doris Weichselbaumer. Gemeinsam mit JKU-Kollegin Juliane Ransmayr hat Weichselbaumer eine Datensammlung aus Deutschland überprüft.
Studie über 16 Jahre
Im jenem Datensatz enthalten waren die Gehälter von rund 27.000 Universitätsabsolventinnen und -absolventen im ersten Jahr nach ihrem Abschluss im Zeitraum von 1997 bis 2013 (aktuellere Zahlen, die ähnlich repräsentativ seien, gebe es laut Weichselbaumer nicht). Weichselbaumer und Ransmayr haben in der Studie die Einkommensunterschiede während des gesamten Zeitraums verglichen.
Eine der zentralen Erkenntnisse: "Studienabschlüsse in frauendominierten Berufsfeldern wie zum Beispiel Erziehungswissenschaft werden schlechter entlohnt", sagt Weichselbaumer. Wählten Männer einen der "Frauenberufe", sahen sie sich ebenfalls mit finanziellen Nachteilen konfrontiert, verdienten jedoch trotzdem um fünf bis sechs Prozent mehr als ihre Kolleginnen.
Vorbild Großbritannien?
"Am größten waren die Gehaltsunterschiede in männlich dominierten Berufsfeldern", sagt Weichselbaumer. Frauen mit Studienabschlüssen im Bereich der Natur-, Ingenieurs- oder Rechtswissenschaften verdienten deutlich weniger als ihre Kollegen – obwohl sie die gleiche Ausbildung absolviert hatten.
Ein weiterer Trend sei zudem erkennbar: "Je höher die Löhne in einem Berufsfeld, desto größer werden auch die Unterschiede zwischen Männern und Frauen", sagt Weichselbaumer.
Die Werkzeuge, um die Gehaltsschere in Österreich zu verkleinern oder sogar endgültig zu schließen, würden laut Weichselbaumer bereits existieren. Als Beispiel nennt sie dabei etwa Großbritannien. Mehr Gehaltstransparenz habe dort nachweislich zu einer Angleichung der Lohnunterschiede geführt. Hier sind die Einkommensberichte, wie es sie auch in Österreich nur firmenintern gibt, öffentlich einsehbar. "Wird die Ungleichheit dann öffentlich sichtbar und der mediale Druck groß, geht es plötzlich ganz schnell mit der gleichen Entlohnung", sagt Weichselbaumer.
Auf EU-Ebene werde derzeit ein Gehaltstransparenzgesetz ausgearbeitet. Dieses könnte laut Weichselbaumer "ein echter Schritt Richtung Gleichberechtigung bei Gehältern sein".
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