Weihnachten im Spital: Sarah wartet auf ein Herz
ROSENAU AM HENGSTPASS / WIEN. Die vierjährige Sarah aus Rosenau am Hengstpaß hat kein Herz und muss den Heiligen Abend im Spital verbringen. Die Hoffnung auf eine baldige Heimkehr ist groß. Das OÖN-Christkindl hilft, damit es dem Mädchen zu Hause an nichts fehlt.
"Ich hab’s geschafft! Mir geht’s gut!" Sarah streckt ihre Arme in die Höhe. Am liebsten würde sie vor Freude in die Luft springen. Wären da nicht die Schläuche, die sie ans Krankenhausbett fesseln, und die schwere Maschine, die jetzt in ihrem Körper arbeitet. Genau genommen sind es zwei Turbinen. Sie pumpen das Blut in Sarahs Kreislauf, damit ihre Organe, Muskeln und das Gehirn mit Sauerstoff versorgt werden.
Bei gesunden Menschen ist das die Aufgabe des Herzens. Doch die Vierjährige aus Rosenau am Hengstpaß hat keines mehr. Das sogenannte totale Kunstherz, das ihr Mitte Oktober im Wiener AKH eingesetzt wurde, hält sie am Leben. "Es ist eine Sensation, was die Ärzte geschafft haben. Sie haben das Unmögliche möglich gemacht", sagt Viktoria Baumschlager, die ihrer kleinen Tochter im Krankenhaus beisteht. Auch den Heiligen Abend werden die beiden im Spital verbringen, während Sarahs Papa und ihr kleiner Bruder daheim in Rosenau an sie denken.
Virus zerstörte Spenderherz
Tobias, der bald zwei Jahre alt wird, hat seine große Schwester und seine Mama seit Monaten nicht gesehen. Nur auf Bildern. Ein Wiedersehen ist erst möglich, wenn Sarah ein passendes Spenderherz bekommt. Bis dahin heißt es: hoffen, warten und geduldig sein. Das haben Sarahs Eltern schon gelernt – durch die vielen Rückschläge, die sie mit ihrer Tochter durchgestanden haben. Im Alter von neun Monaten wurde bei ihr eine Herzmuskelentzündung, verursacht durch das Ringelrötel-Virus, festgestellt. Die kleine Sarah überlebte, doch ihr Herz wurde so schwer beschädigt, dass sie ein fremdes brauchte. Kurz nach ihrem ersten Geburtstag war ein passendes Spenderherz gefunden. Nach der Transplantation konnte die Familie aufatmen: In Sarahs Körper schlug wieder ein funktionierendes Herz, das ihr ein normales Weiterleben ermöglichte. Sarah blühte auf. Aus dem kleinen Baby wurde ein starkes, lebensfrohes Mädchen und schon bald eine stolze Schwester. Das Familienglück war perfekt. Bis zum heurigen Frühjahr, als die nächste Hiobsbotschaft folgte: Das Epstein-Barr-Virus zerstörte Sarahs Herz erneut. Zuvor hatte sie über Bauchweh geklagt, dann kamen auch noch Krampfanfälle dazu. Bei Untersuchungen stellte sich heraus, dass diese Beschwerden von unbemerkten Herzattacken herrührten.
Sarah kollabierte, musste reanimiert und danach auf der Intensivstation behandelt werden. Dort stellte man fest, dass sich in ihrem Körper Tumore gebildet haben. Durch eine Chemotherapie wurden diese bekämpft. Seither sind Mutter und Tochter fast durchgehend im Spital.
"Sie ist ein Stehaufmännchen"
"Mama, ich möchte nach Hause." Diesen Wunsch habe ihre Tochter bisher nur ein einziges Mal geäußert, sagt Viktoria Baumschlager. "Sarah ist ein Stehaufmännchen. Sie toleriert wirklich viel." Nur wenn Papa zu Besuch ist und wieder nach Rosenau fahren muss, sei sie immer sehr traurig.
Immerhin kann die Familie darauf hoffen, dass sie in naher Zukunft wieder vereint ist. In ihrem Haus, das die Eltern vor fünf Jahren gebaut haben. Sarahs Name steht auf der Warteliste für ein Spenderherz ganz oben. Die Turbinen, die ihre Herzfunktion übernehmen, dienen als Überbrückung.
Dass die Implantation bei dem 14 Kilo schweren Mädchen überhaupt gelungen ist, ist eine medizinische Meisterleistung. Erst im Sommer machte ein Patient aus Kärnten Schlagzeilen, der wie Sarah ein totales Kunstherz eingesetzt bekam. Die Batterien für die Pumpen trägt der Mann in einem Rucksack bei sich. "Für ein Kind sind die Geräte einfach zu schwer. Sarah würde umfallen, wenn sie die mittragen müsste", sagt ihre Mama.
Ihre Tochter muss weiterhin tapfer sein. Bis sie wieder ein normales Leben führen kann, ist es ein langer Weg. Die Muskulatur hat durch das permanente Liegen derart nachgelassen, dass sie das Sitzen und Gehen neu lernen muss. Während andere Kinder das Christkind herbeisehnen und gespannt warten, was es wohl dieses Jahr bringen wird, möchte Sarah nur eines: gesund werden, damit sie ihre Liebsten bald wieder in den Arm nehmen kann. "Unsere Familie und Freunde geben uns das Gefühl, dass wir nicht allein sind. Das ist unbeschreiblich schön", sagt Mama Viktoria hoffnungsvoll.
- Update: Ausgerechnet am Weihnachtsabend erfüllte sich der größte Wunsch der Familie. Sarah bekam noch in der Nacht zum Christtag ein Spenderherz implantiert und ist wohlauf. >> Zum Artikel [OÖNplus]