Dieselaffäre: Ex-Audi-Chef Rupert Stadler angeklagt
INGOLSTADT. Anklageschrift umfasst 400 Seiten – drei weitere Beschuldigte.
Die Staatsanwaltschaft München II hat gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler und drei weitere Manager und Techniker Anklage wegen ihrer Rolle in der Dieselaffäre erhoben. Die Behörde wirft dem Quartett Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung vor, wie sie gestern, Mittwoch, mitteilte.
Die Anklage umfasst mehr als 400 Seiten und füllt sieben Aktenordner. Laut der Staatsanwaltschaft geht es um 434.420 mutmaßlich manipulierte Fahrzeuge von Audi, VW und Porsche. Die Autos sind vor allem in Europa und in den USA verkauft worden.
Dem 56-jährigen Stadler wird zur Last gelegt, "spätestens ab Ende September 2015 von den Manipulationen Kenntnis gehabt und gleichwohl weiter den Absatz von betroffenen Fahrzeugen der Marken Audi und VW veranlasst bzw. den Absatz nicht verhindert zu haben". Zudem soll Stadler versucht haben, Zeugen oder Beschuldigte zu beeinflussen. Die anderen drei Beschuldigten sollen Motoren entwickelt haben, deren Steuerung mit einer unzulässigen Softwarefunktion ausgestattet gewesen sei.
Das Landgericht München II muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen und ein Prozess angesetzt wird. Beobachter sind sich aber sicher, dass die vier Angeklagten vor Gericht erscheinen müssen. Stadlers früherer Arbeitgeber Audi wertet den erwarteten Strafprozess als Chance. "Es liegt im Interesse der Mitarbeiter, der Anteilseigner und des ganzen Unternehmens, die Sachverhalte, die zur Dieselkrise geführt haben, juristisch restlos aufzuklären", sagte ein Unternehmenssprecher.
Razzien und Untersuchungshaft
Stadler hatte eine persönliche Mitwisserschaft oder Beteiligung an Diesel-Manipulationen stets zurückgewiesen. Ermittler hatten bei Razzien in der Audi-Zentrale in Ingolstadt und im Werk Neckarsulm Material sichergestellt, sein Privathaus in Ingolstadt durchsucht und sein Telefon abgehört. Wegen Verdunkelungsgefahr war Stadler Mitte Juni 2018 verhaftet worden und hatte vier Monate in Untersuchungshaft verbracht. Im gleichen Zeitraum wurde Stadler vom Aufsichtsrat beurlaubt und schließlich als Vorstandschef entlassen.
Seit Beginn dieses Jahres leitet der Niederländer Bram Schot den deutschen Autohersteller, der auch in Österreich zu kämpfen hat: Im Vorjahr verkaufte Audi hierzulande 13.277 Neuwagen, um 22 Prozent weniger als 2017.