Turbulenzen an Chinas Börsen schüren Angst vor weltweiter Finanzkrise
SHANGHAI / WIEN. Aktien- und Rohstoffpreise auf Talfahrt – Abwertung des Yuan verstärkt Konjunktursorgen.
Ein weiterer Kurssturz an den chinesischen Börsen hat gestern, Donnerstag, die weltweiten Finanzmärkte durcheinandergewirbelt. Neben hausgemachter Spekulation und staatlichen Interventionen fürchten Anleger die schwache Konjunktur in China.
Schon am Montag gab es eine von China ausgehende Schockwelle. Was ist gestern, Donnerstag, passiert?
Die Börsen in China sind um mehr als sieben Prozent eingebrochen. Darum setzte die Aufsichtsbehörde ihren seit Jahresbeginn geltenden Schutzmechanismus in Gang und stoppte den Handel für den Rest des Tages. Der deutsche Leitindex DAX rutschte daraufhin unter 10.000 Punkte, der Wiener ATX verlor rund vier Prozent. Rohöl kostete mit etwa 33 Dollar so wenig wie vor zwölf Jahren. Industriemetalle gerieten unter Druck. Gold bekam Auftrieb. China gab am Abend bekannt, den Schutzmechanismus ab heute nicht mehr anzuwenden.
Warum kommt es nun zu diesen Verwerfungen?
Erstens sind die Börsen in China generell sehr volatil. Zweitens ist die Konjunktur der Volksrepublik so schwach wie seit 25 Jahren nicht. Drittens sind die Aktienmärkte weltweit hoch bewertet. "Wenn es dann solche Anfälligkeiten gibt, nehmen Investoren Gewinne aus den vergangenen Jahren mit", sagt Joachim Nareike, Direktor beim britischen Investmenthaus Schroders in Deutschland. Jede kleine Neuigkeit könne in so einer Phase zum großen Problem werden, sagt der Oberösterreicher Richard Preschern, Manager beim Schweizer Vermögensverwalter FX Vision. Geopolitische Krisen wie im Mittleren Osten belasten immer. Einen "negativ gemixten Cocktail" sieht Helmut Nuspl, Leiter des Asset Management der Oberbank.
Weshalb sind die chinesischen Börsen so anders?
Von "kuriosen Aktienmärkten" und "Zocker-Mentalität" spricht Nareike. Seit 1990 gibt es Börsen in Shanghai und Shenzhen. Der Anteil der Privatanleger ist hoch. Für die Chinesen sind Börsen ein Ersatz für Glücksspiele, heißt es. Schon 2015 kam es zu einer Blase, die platzte. Der Staat greift oft ein wie am Dienstag, als Milliarden in die Märkte gepumpt wurden – was nur kurzfristig half. Belastend wirkt diese Woche auch, dass heute ein Aktien-Verkaufsverbot für Großaktionäre auslaufen sollte. Gestern erklärte die Aufsicht, dass es zur Stabilisierung doch weiter Einschränkungen geben werde.
Wie schlecht steht es um die chinesische Wirtschaft ?
Früher glänzte China mit zweistelligen Wachstumsraten. 2015 und heuer dürften es höchstens zwischen sechs und sieben Prozent sein. Offizielle Angaben sind mit Unsicherheit behaftet. Chinas Notenbank hat diese Woche wieder die Landeswährung Yuan abgewertet, um die Exporte anzukurbeln. Das ist ein Zeichen der Schwäche. Weil der Yuan an den US-Dollar gekoppelt ist und dieser zuletzt immer stärker wurde, griff Peking ein. Preschern vermutet, dass der Dollar weiter aufwerten und China Probleme bereiten wird. Derzeit sinken Chinas Währungsreserven so schnell wie noch nie.
Welchen Einfluss hat China?
Als größte Exportnation und in vielen Branchen größter Absatzmarkt ist China wichtig für die Weltkonjunktur. Manche Analysten sagen aber, vier Prozent nachhaltiges Wachstum etwa seien besser als höhere Raten auf Pump.
Wie wird es weitergehen?
US-Investor George Soros sagt, er fühle sich an die Anfänge der Finanzkrise 2008 erinnert. Positiver gestimmt ist Nareike. 2016 werde zwar kein Börsenjahr, jedoch fehlten die Alternativen zu Aktien. Konjunkturell sieht er die USA und Europa robust. Nuspl geht an den Börsen von einem leicht positiven Jahr mit hoher Volatilität aus. Er betont, dass die Märkte derzeit auch von Aktienverkäufen rohstoffreicher Länder belastet würden, weil diese unter dem Öl-Preissturz leiden. Für die Weltkonjunktur werde der US-Markt entscheidend sein.
Wann bricht unser perverses Wirtschaftssystem endgültig zusammen,
morgen oder erst in zwei Jahren ?
Keine Angst vor einem Neubeginn, blöder kann es kaum werden.
"Für die Chinesen sind Börsen ein Ersatz für Glücksspiele, heißt es."
Das müsste eigentlich weltweit für alle Anleger gelten! Schon längst dürften nicht Staaten auf Pump die Spekulanten und Geldanleger schützen.
Man darf aber sehr wohl nachdenken was mit "unserem" Wirtschaftswachstum passieren wird, wenn die EU über 30 % Außenhandel kürzen muss, weil es keine Abnehmer außerhalb der EU für unsere Erzeugnisse mehr gibt.