Fuat Sanac: Vom Boxer zum Präsidenten
Zwar wird Fuat Sanac erst am Sonntag zum Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) gewählt, doch musste er sich schon mit Problemen herumschlagen: Nach Berichten über Aussagen des gestern zurückgetretenen Ex-Vizepräsidenten Ahmet Hamidi ...
Zwar wird Fuat Sanac erst am Sonntag zum Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) gewählt, doch musste er sich schon mit Problemen herumschlagen: Nach Berichten über Aussagen des gestern zurückgetretenen Ex-Vizepräsidenten Ahmet Hamidi zum Thema Frauen und Sport, ließ Sanac wissen, es handle sich um keine offizielle Position der Glaubensgemeinschaft. Gegenüber den OÖNachrichten ergänzte er gestern, er selbst habe immer zu sportlicher Betätigung geraten, schließlich sei er selbst ein Sportler.
Tatsächlich war der in der Türkei aufgewachsene heute 57-Jährige einst Profiboxer und türkischer Staatsmeister. 1978 übersiedelte er nach Deutschland, vier Jahre später kam er nach Österreich. Er hat Turkologie, Arabistik und Philosophie studiert und war als Religionslehrer an Wiener Schulen aktiv. Derzeit ist er Fachinspektor für islamischen Religionsunterricht. Zuletzt war Sanac mit liberalen Aussagen aufgefallen: Die Islamische Glaubensgemeinschaft sei auf der Suche nach weiblichen Predigerinnen, hatte er bereits 2009 verlautbart. Außerdem brauche man für diese Ämter jüngere Menschen, die in Österreich aufgewachsen seien. Es sei für ihn auch kein Problem, wenn seine Töchter kein Kopftuch tragen, sagte der Vater von vier Kindern jüngst in einem Interview. Auch wenn er sich vor seiner Wahl nicht in die Karten schauen lassen will, stellte er doch zuletzt eine Modernisierung der IGGiÖ in Aussicht.
Sanac wird bei der Wahl voraussichtlich von den beiden türkischen Verbänden ATIB und „Islamische Föderation“ unterstützt. Letzterer wird er selbst zugerechnet, was die Angelegenheit pikant macht: Denn die Föderation wird zumeist als der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs nahestehend beschrieben. Kritiker von Milli Görüs betonen, dass die Organisation dem politischen Islam (Islamismus) des türkischen Ex-Premiers Necmettin Erbakan entstammt und in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Andere Beobachter sehen gleichzeitig jedoch innerhalb von Milli Görüs eine Abwendung vom Islamismus und eine Distanzierung von Islamisten in der Türkei.
Darauf angesprochen sagt Sanac, es gebe keine offizielle Verbindung zwischen der Islamischen Föderation und Milli Görüs. Dass er selbst einst in Deutschland Unterstützung von Milli Görüs erhalten und für Milli Görüs Vorträge gehalten hat, sagt er ganz offen: „Sie werden kein Land finden, in dem Milli Görüs Gewalt ausgeübt hat.“