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Nasse Unterwäsche und Massengräber

Von Stefan Scholl, 23. Juli 2020, 00:04 Uhr
Nasse Unterwäsche und Massengräber
Juri Dmitrijew Bild: dpa

MOSKAU. Menschenrechtshistoriker Juri Dmitrijew wurde als Sexualverbrecher zu 3,5 Jahren Straflager verurteilt

Einige Leute klatschten, andere schwiegen betreten. Die 60 Menschen, die gestern vor dem Stadtgericht von Petropawlowsk warteten, wussten nicht recht, wie sie auf das Urteil reagieren sollten. Juri Dmitrijew (64), der Leiter der Menschenrechtsorganisation Memorial in Karelien, war wegen sexueller Gewalttätigkeiten zu 3,5 Jahren Haft verurteilt worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte 15 Jahre beantragt. Der stand schon einmal wegen Kinderpornografie vor Gericht, damals plädierte die Anklage auf neun Jahre. Aber die Nacktfotos seiner Adoptivtochter stammten aus einem Ordner auf Dmitrijews Computer, der "Gesundheitstagebuch" hieß, nach Experten-Ansicht fehlte ihnen jeder erotische Kontext. Dmitrijew wurde im April 2018 freigesprochen.

Doch im Dezember stand Dmitrijew wieder vor Gericht. Diesmal wurde ihm auch sexueller Missbrauch zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft stützte sich auf Aussagen der inzwischen 14-Jährigen, nach denen ihr Vater sie an den Geschlechtsorganen berührte. Dmitrijew bestätigte das vor Gericht, er habe bei Uringeruch so geprüft, ob ihre Unterwäsche trocken sei. Seine Tochter nässte sich mit acht Jahren noch ein, bestätigten Atteste. Außerdem erklärten Gutachter, die Aussagen der Tochter seien unter Druck zustande gekommen.

Revanche der Sicherheitsorgane

Nikita Petrow, stellvertretender Ratsvorsitzender von Memorial, betrachtet das Urteil als Revanche der Sicherheitsorgane für den Freispruch von 2018. "Die Staatsmacht kann nicht verlieren, wenn sie jemand für schuldig hält, müssen die Richter das am Ende bestätigen", sagte er den OÖNachrichten.

Petrow glaubt, Dmitrijews Schuld sei es vor allem, dass er jahrzehntelang die Massenverbrechen erforschte, die die Sicherheitsorgane unter Stalin in Karelien verübt hatten. "Dem Staat gefällt keine Geschichtsdiskussion über Verbrechen der Sowjetunion, sie lässt allerhöchstens Fehler gelten." Dmitrijew war mit der Entdeckung von Massengräbern im Waldstück Sandarmoch bekannt geworden, wo der NKWD, der Vorgänger des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, 6000 Menschen erschossen hatte. Danach begannen dort kremlnahe Historiker Ausgrabungen, bei denen sie angeblich von finnischen Soldaten mit US-Revolvern erschossene russische Kriegsgefangene entdeckten.

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Autor
Stefan Scholl
Russland-Korrespondent
Stefan Scholl
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