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Größte Fluchtbewegung seit dem Zweitem Weltkrieg

Von nachrichten.at/apa, 03. Februar 2023, 08:59 Uhr
POLAND-UKRAINE-RUSSIA-CONFLICT-REFUGEES
Ukrainische Kriegsflüchtlinge in Przemysl, Polen. Bild: WOJTEK RADWANSKI (AFP)

KIEW. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat in Europa die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Mehr als acht Millionen Menschen haben laut UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) im ersten Kriegsjahr das Land verlassen, weitere 6,5 Millionen sind innerhalb der Ukraine vertrieben.

Das bedeutete, dass rund ein Drittel der gesamten ukrainischen Bevölkerung von 42 Millionen Menschen geflohen ist.

Laut UNHCR ist das Ausmaß und die Geschwindigkeit ohne Beispiel in der Geschichte von Flucht und Vertreibung seit 1945. Durch den Zweiten Weltkrieg wurden laut Schätzungen von Experten 50 bis 60 Millionen Menschen und damit mehr als zehn Prozent der Bevölkerung des Kontinents zu Flüchtlingen, Vertriebenen oder Deportierten. Die Fluchtbewegungen von Millionen Menschen setzten sich in der Nachkriegszeit fort: durch die Rückkehr von Flüchtlingen, Deportierten und Evakuierten sowie durch Ausweisungen, Vertreibungen und Flucht von Minderheiten.

In den folgenden Jahrzehnten sorgten Stellvertreterkriege des Kalten Kriegs wie in Korea, Vietnam und Afghanistan dafür, das Millionen Menschen ihre Heimat verlassen mussten. Europa war in dieser Zeit kaum betroffen. Erst nach Ende des Kalten Krieges sorgten die sogenannten Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren für große Fluchtbewegungen von den Balkanstaaten in andere europäischen Staaten. In Folge der kriegerischen Auseinandersetzungen in Slowenien (1991), Kroatien (1991-1995), Bosnien-Herzegowina (1992-1995) und dem Kosovo (1989-999) flohen nach UNO-Schätzungen 2,3 Millionen Menschen aus ihrer Heimat - darunter viele Frauen, Alte und Kinder. Nach Österreich kamen rund 100.000 Schutzsuchende - die überwältigende Mehrheit stammte aus Bosnien-Herzegowina.

Prägend für Österreich waren auch die Zehntausenden Menschen, die nach dem Ungarn-Aufstand 1956 und nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 aus den beiden Nachbarländern innerhalb weniger Wochen durch das Land strömten. Im internationalen Vergleich waren diese Fluchtbewegungen allerdings relativ gering.

Angesichts der riesigen Fluchtbewegungen im vorigen Jahrhundert - allen voran jene durch die beiden Weltkrieg - hat der Migrationsexperte Jochen Oltmer den Begriff des "langen 20. Jahrhundert der Gewaltmigration" geprägt. Die Entwicklung scheint keineswegs abgeschlossen, auch im noch relativ jungen 21. Jahrhundert mussten bereits viele Millionen unfreiwillig ihr Heimat verlassen. Wegen des Bürgerkriegs in Syrien seit 2011 flohen 6,6 Millionen Menschen ins Ausland, weitere 6,7 Millionen sind Binnenvertriebene im eigenen Land. Ähnlich viele Menschen verließen angesichts von Armut und Gewalt in den vergangenen Jahren Venezuela. Laut UNHCR flohen 7,6 Millionen aus dem südamerikanischen Land.

Noch größere Dynamik

Der seit einem Jahr andauernde Krieg in der Ukraine hat laut UNO eine noch größere Dynamik. In den ersten Monaten des Krieges sei es zu der "am schnellsten wachsenden Vertreibungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg" gekommen, konstatierte das Flüchtlingshochkommissariat. Tatsächlich machen sich bereits wenige Stunden nach dem russischen Angriff am 24. Februar Hunderttausende Menschen auf den Weg, um vor dem Krieg in die Nachbarländer Polen, Slowakei, Moldau und Russland zu fliehen. Nach 48 Stunden meldete UNHCR, dass bereits 50.000 Menschen über die Grenzen ins Ausland geflüchtet seien. Nach einer Woche Krieg hatten bereits eine Million Menschen das von Russland angegriffene Land verlassen.

Die Mehrheit der mittlerweile acht Millionen Ukraine-Flüchtlinge - die meisten sind Frauen und Minderjährige - fand in der Europäischen Union Zuflucht. Laut EU wurden fast fünf Millionen Ukrainer gemäß der Massenzustromrichtlinie der EU oder ähnlicher Schutzmechanismen in Ländern wie der Schweiz registriert. Hauptaufnahmeland ist Polen, wo mehr als 1,5 Millionen Vertriebene registriert wurden. Dahinter folgt Deutschland mit mehr als einer Million Flüchtlinge. In Österreich fanden 92.019 Ukrainer Zuflucht.

Massenzustromrichtlinie

Die rasche und unkomplizierte Aufnahme der Ukraine ohne Asylverfahren erfolgte mittels der wenige Tage nach Beginn des Krieges erstmals in Kraft gesetzten Massenzustromrichtlinie. Diese war in Folge der Kriege im ehemaligen Jugoslawien geschaffen worden.

Da sich die Ukrainer frei in der EU bewegen dürfen, ist es schwierig genau zu ermitteln, wie viele Flüchtlinge tatsächlich in welchem Land geblieben sind. Zudem sind viele Ukrainer - etwa im Sommer als die russischen Angriffe auf den Westen der Ukraine vorübergehend nachließen - zwischenzeitlich oder dauerhaft in ihre Heimat zurückgekehrt. Infolge der massiven russischen Raketenangriffen auf die Energieinfrastruktur im vergangenen Oktober und wegen des Winters verließen erneut viele Menschen die Ukraine.

In Russland wurden bis Oktober rund 2,9 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine registriert, aktuellere Daten sind keine verfügbar. Die Ukraine wirft Russland vor, rund zwei Millionen Ukrainer nach Russland deportiert zu haben. Nach Schätzungen des US-Außenministeriums wurden im vergangenen Jahr zwischen 900.000 und 1,6 Millionen ukrainische Bürger, darunter 260.000 Kinder, gewaltsam auf russisches Gebiet gebracht. Nach russischen Angaben handelt es sich bei den Menschen um Kriegsflüchtlinge und Evakuierten aus den Kampfgebieten.

Innerhalb der Ukraine gibt es laut UNO-Migrationsorganisation IOM 6,5 Millionen Vertriebene. Bereits vor dem russischen Angriff im vergangenen Jahr gab es Binnenvertriebene. Durch die Kämpfe in der Ostukraine seit 2014 flohen nach Angaben des Norwegischen Flüchtlingsrats (NRC) mehr als 850.000 Menschen in die westlichen Teile des Landes. Viele davon mussten durch den aktuellen Krieg erneut fliehen.

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