Gaza-Hilfsschiff hält Israel in Atem
TEL AVIV/KAIRO. Ein von Libyen gechartertes Schiff mit Hilfsgütern für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen hält im Mittelmeer die israelische Marine weiter in Atem.
Nach wiederholten Warnungen Israels nimmt der unter moldawischer Flagge fahrende Frachter "Amalthea" nun angeblich Kurs auf Ägypten. Das aus Griechenland kommende Schiff befand sich Mittwoch in den Mittagsstunden noch rund 50 Kilometer vom ägyptischen Hafen Al-Arish entfernt. Mehrere Boote der israelischen Marine folgten ihm nach Angaben eines Armeesprechers in Sichtweite. Israel will verhindern, dass die Crew der "Amalthea" in letzter Minute doch noch in Richtung des nördlich gelegenen Gazastreifens abdreht.
15 Aktivisten an Bord
An Bord der "Amalthea" befinden sich zwölf Mann Besatzung und 15 pro-palästinensische Solidaritätsaktivisten. Sie wollten die von der libyschen Gaddafi-Wohlfahrtsstiftung gespendeten rund 2000 Tonnen Hilfsgüter ursprünglich direkt nach Gaza bringen. Die israelische Marine warnte die Besatzung mehrfach vor dem Versuch, die Seeblockade zu brechen.
Das Schiff hatte Israel lange Rätsel aufgegeben. Zwar änderte der Kapitän auf Anweisung Israels am späten Dienstagabend den Kurs in Richtung Ägypten. Der Frachter dümpelte dann aber die Nacht hindurch im Mittelmeer vor sich hin. Der Kapitän gab an, dass ein Maschinenschaden repariert werden müsse. Auch der Funkkontakt ging nach israelischen Armeeangaben am Mittwochmorgen vorübergehend verloren. Israel will das Schiff nach Medienberichten auch dann noch im Auge behalten, wenn es in Al-Arish andocken sollte. Israel befürchte, dass die "Amalthea" doch noch versuchen könnte, die Blockade zu brechen, heißt es.
Friedensbemühungen gescheitert
Israel und die Gaddafi-Stiftung, die von Saif al-Islam, dem Sohn des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, geleitet wird, hatten nach Informationen der überregionalen arabischen Tageszeitung "Asharq Al-Awsat" in indirekten Gesprächen versucht, eine Einigung in dem Streit zu erreichen. Israelische Medien hatten berichtet, dass die israelische Regierung Ägypten und Italien gebeten habe, Einfluss auf Libyen zu nehmen, damit das Hilfsschiff den Hafen Al-Arish anläuft.
Israelische Spezialkräfte hatten Ende Mai in internationalen Gewässern eine Hilfsflotte geentert und dabei acht türkische Palästina-Solidaritätsaktivisten und einen türkisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger erschossen, 45 weitere Personen zum Teil schwer verletzt. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat eine Entschuldigung für den Einsatz ausgeschlossen. Ankara hat mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht, sollte sich Israel nicht für den Angriff entschuldigen. Der UNO-Sicherheitsrat hatte eine unabhängige Untersuchung verlangt, Israel aber hat einseitig eine Untersuchungskommission gebildet. Diese hat den Einsatz von Schusswaffen inzwischen als gerechtfertigt bezeichnet und die Soldaten der Sondereinheit "Shayetet 13" von aller Schuld freigesprochen.