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Unendlich viele Doppelgänger

10. Oktober 2009, 00:04 Uhr
Unendlich viele Doppelgänger
Wie Blasen aus einer Flüssigkeit sondert das Vakuum ständig neue Universen ab. Bild: Archiv

Kein Witz: Unser Universum ist nur eines von unendlich vielen, und jeder von uns hat unendlich viele Doppelgänger in Parallelwelten. Manche gleichen uns bis aufs Atom.

Das behaupten seriöse Physiker, und sie meinen es ernst. Hatten bisher meist Philosophen, Schriftsteller und Regisseure mit der Idee der „Vielen Welten“ gespielt, so erobert sie jetzt die Kosmologie.

Seit gestern, Freitag, ist ein Sachbuch der Extraklasse neu auf dem Markt, in dem der preisgekrönte deutsche Wissenschaftsjournalist Max Rauner (39) und der Mathematiker Tobias Hürter (37) live von einer Forschung berichten, die die größte wissenschaftliche Revolution seit der kopernikanischen Wende einleiten könnte: Wer sind wir, wenn wir nicht mehr einzigartig sind? Werden wir unsere Doppelgänger je kennen lernen? Ist im Multiversum Platz für Gott?

Die Theorie der Mehrfach-Welten ergibt sich aus einer Interpretation der Quantenmechanik. Die Physiker schließen quasi vom Mikro- auf den Makrokosmos: Die von Werner Heisenberg entdeckte Unschärferelation führt zur Möglichkeit, es könne viele Universen geben.

Die Quantenmechanik besagt nämlich, dass sich ein Elementarteilchen, ehe man es beobachtet bzw. misst, immer in einem Überlagerungszustand zweier Möglichkeiten befindet. Erst durch die Beobachtung entscheidet es sich für eine der beiden, und beide sind gleich wahrscheinlich.

Beispielsweise kann man ein Elektron in einem Magnetfeld künstlich so ausrichten, dass es quer zu dem Feld zu liegen kommt. Wohin es nach dem Wegfall des künstlichen Feldes zeigen wird, ist völlig offen. Das trifft auf sämtliche Elementarteilchen unseres Universums zu: Vor der Messung ist ihr Zustand unbestimmt.

Weil das für jedes Quantenteilchen im Universum gilt, wird überall im Kosmos die Ungewissheit, mit der die Teilchen fortwährend konfrontiert sind, dadurch entschieden, dass sich die Wirklichkeit in immer mehr unabhängig voneinander existierende Welten aufspaltet. Und dann passiert auch alles, was überhaupt passieren kann. Alle physikalisch möglichen Zustände werden irgendwo in dieser unendlichen Menge von Welten realisiert.

Diese Universen müssen als „parallele“ oder nebeneinander bestehende Wirklichkeiten gesehen werden. Jeder Beobachter sieht natürlich nur eine von ihnen, aber wir müssen davon ausgehen, dass die bewussten Zustände des Beobachters ein Teil des Differenzierungsvorganges sind, so dass jede der vielen alternativen Welten eine Kopie vom Geist des Beobachters enthält. Es gibt demnach überwältigend viele Kopien von uns selbst!

Kein Ende in Sicht

Doch das ist nicht die einzige Überlegung, die eine Vielzahl von Welten erfordert, betont Max Rauner. Eine andere sieht das, was wir unser „Weltall“ nennen, als einen kleinen Fleck in einem viel größeren, räumlich unendlich ausgedehnten System.

„Die auffälligste Eigenschaft unseres Universums ist der Umstand, dass es immer weiter und weiter reicht“, sagt Rauner. Das haben moderne Beobachtungsinstrumente wie das Hubble-Teleskop bestätigt, mit denen wir immer tiefer in den Kosmos hineinblicken.

Der Raum scheint überall weitgehend gleich zu sein. Aber er ändert sich mit der Zeit. Seit dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren dehnt er sich von einem punktförmigen Anfangsstadium immer weiter aus. Unser Heimat-Universum ist eine Raumkugel mit einem Radius von 45 Milliarden Lichtjahren, in der sich ein paar hundert Milliarden Milchstraßen mit jeweils ein paar hundert Milliarden Sternen verlieren. Was dahinter liegt, bleibt von uns „kausal getrennt“ – weil uns von dort keine Information je erreichen kann.

Deshalb dürfen wir das, was dahinter liegt, als „anderes Universum“ bezeichnen. Und davon gibt es unendlich viele, sagen die Kosmologen. Auch in einem solchen Multiversum müssen alle Möglichkeiten des Seins realisiert sein: Alles, was die Naturgesetze (in denen sich stimmige mathematische Beziehungen manifestieren) erlauben, findet irgendwo im Weltenozean statt.

Leben kann sich nur in Universen entwickeln, in denen die Naturkonstanten (Lichtgeschwindigkeit, Ladung des Elektrons etc.) zufällig genau die Werte annehmen, wie sie in unserem Kosmos gelten. In einer unendlichen Vielzahl von Welten muss auch die Zahl solcher belebter Universen unendlich sein.

Der Schaum der Welt

Wie solche Universen entstehen können? Da bringen die Kosmologen das „Quantenvakuum“ ins Spiel. Man kann es sich wie eine völlig glatte Wasseroberfläche vorstellen, aus der jeden Moment Schaumblasen aufsteigen. Und jede dieser Blasen bildet ein eigenes Universum.

Dabei geht das ursprüngliche Vakuum aus einem unbestimmten Zustand in einen bestimmten über, indem ihm gleichsam aus dem Nichts Energie zufließt. Der Raum zerspringt dann in einem spontanen Urknall in kleinere Einzelteile, die sich wie Seifenblasen aufblähen. Unser Universum ist demnach nur ein winziger Teil eines Hyperraumes, in dem alle Möglichkeiten der Existenz verwirklicht sind – und in dem es für jeden von uns unendlich viele Doppelgänger gibt.

Tobias Hürter/Max Rauner: „Die verrückte Welt der Paralleluniversen“. Piper, 268 Seiten, 15,40 Euro.

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