Die virtuelle beste Freundin gibt mächtige Modetipps
Carola Pojer gilt als Österreichs beste Modebloggerin. Die Steirerin erklärt ihren Einfluss und wie Louis Vuitton ihre Arbeit entdeckte.
Plötzlich waren sie da. Der reale Modezirkus hatte sich vor zwei Jahren mit der digitalen Welt verzahnt, und Frauen, die ihre Meinung zu Trends und Kollektionen im ihren Internet-Tagebüchern, den Blogs, niederschreiben, wurden gelesen – von Modejournalisten, Designern und – am wichtigsten – von anderen Frauen.
"International sind Modeblogs bereits Normalität. In Österreich sind sie noch ein neues Phänomen", sagt Carola Pojer. Die 28-Jährige, die gerade beim Welser Jugend-Medien-Fest "Youki" einen Workshop leitete, betreibt mit viennawedekind.com den erfolgreichsten Modeblog Österreichs. Auf Instagram, einer Fotoplattform, folgen viennawedekind rund 17.000 Fans, auf Facebook 5000 – Tendenz steigend.
Doch die Reichweite ist lediglich ein Faktor, der Einfluss bedeutet. Neben Zahlen zählen Gefühle.
"Modeblogger sind echte Menschen. Wir sind nicht gecastet, keine perfekten Models. Wir tragen, was wir wirklich wollen. Und ich stehe hundertprozentig hinter jedem Stück, das ich zeige", sagt Pojer, die sich als "virtuelle große Schwester oder beste Freundin" versteht, von der man sich Tipps holt. Einer Vertrauensperson glaube man eher, dass ihre Schuhe bequem sind, als einem Model, das sich vielleicht nur kurz hineingequetscht hat. Diese Nähe zwischen Bloggerin und Leserin weckt natürlich das Interesse von renommierten Marken. Pojer kennt deren PR-Maschinerie, schlägt aber viele Angebote aus. "Weil ich merke, dass ich nicht dahinterstehen kann. Ich lasse mich nicht kaufen und will keine Modepuppe sein."
Fragen muss sie erst gar nicht
Die gebürtige Steirerin, die in Wien lebt, ist deshalb so begehrt, weil sie viennawedekind eine professionelle, individuelle Note verleiht. Als Schauspielerin und ausgebildete Fotografin liebt Pojer es, auf ihrem Blog Geschichten zu inszenieren und Stimmungen zu erzeugen. Viennawedekind wirkt puristisch, ästhetisch und ist geprägt von Pojers Sinn für Details.
Und wie bei allen künstlerischen Projekten, die leichtfüßig, fast minimalistisch daherkommen, steckt viel Mühe und Zeitaufwand dahinter. Pojer reist zu den Modewochen, durchläuft dort einen Marathon an Terminen oder beobachtet Laufsteg-Shows über das Netz. Eine Arbeit, die sich doppelt lohnt. Einerseits durch Engagements, andererseits durch Jobs.
Im Sommer 2013 war sie beispielsweise die einzige Bloggerin weltweit, die nach Venedig eingeladen wurde, um die erste Schmuckkollektion des neuen Louis-Vuitton-Chefdesigners Nicolas Ghesquière zu fotografieren. Noch vor dem offiziellen Verkaufsstart konnte sie die H&M-Kollektion von Alexander Wang begutachten. Fragen musste sie dafür nie. "Die Verantwortlichen kommen auf mich zu."
Doch Pojer will sich vom ewig drehenden, immer schnelleren Rad der Mode nicht aus der Balance bringen lassen. Für jedes Kleidungsstück, das sie bekommt, gibt sie ein altes weg. Einen Tag pro Woche will sie offline sein.
Überraschend ist auch, wie Pojer, die vor zwei Jahren noch nicht mal ein Smartphone hatte, überhaupt Bloggerin wurde und wo sie herkommt. Sie hatte einfach Lust, in ihren Drehpausen einem sinnvollen Hobby nachzugehen, und entdeckte das Fotografieren. Jetzt ist die junge Frau aus dem "Kuhdorf" Birkfeld, Heimat der Schlagerhelden der Stoakogler und Edlseer, eine gefragte Partnerin in der High-Fashion.
Youki: Die Siegerfilme des Medienfests laufen am 23. 11. im Programmkino Wels (18.30 Uhr), die Texte aus Pojers Workshop werden im Youkizine erscheinen. Blog: viennawedekind.com
