Kahlenberg-Seilbahn: Gericht wies Bescheid der Stadt Wien zurück
WIEN. Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) gilt für eine mögliche Seilbahn auf den Kahlenberg eine Einzelfallprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-Gesetz).
Ein Richter hob nach einer Beschwerde von Umweltschutzorganisationen einen Bescheid der Wiener Landesregierung auf, der feststellte, dass keine UVP-Pflicht bestehe und wies ihn an die zuständige MA 22 zurück. Die Frage muss damit neuerlich geprüft werden.
- Aus dem Archiv: Kahlenberg-Seilbahn - Mehrere Beschwerden gegen UVP-Entscheidung
Das Urteil des Gerichts kommt exakt zwei Wochen nach einer Verhandlung am BVwG zu der Streitfrage rund um die Umweltverträglichkeitsprüfung. Das Gericht verwies nun in seinem Beschluss unter anderem auch auf eine Antwort der EU-Kommission auf eine parlamentarische Anfrage aus 2023 zu einem Stadtseilbahnprojekt im italienischen Genua. Daraus sei ableitbar, dass die Kommission derzeit auf der Position bestehe, dass auch für Seilbahnen außerhalb von Skigebieten eine UVP-Pflicht gelte.
Sechs Wochen Zeit für Einspruch
Die Angelegenheit werde nun "zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen", heißt es im Beschluss des Gerichts. Die "Genial Tourismus- und Projektentwicklung GmbH" hat nun sechs Wochen Zeit, um gegen die Entscheidung des Gerichts Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgerichtshof einzulegen.
"Die Entscheidung des BVwG bestätigt unsere rechtliche Argumentation eindeutig", reagierte Rechtsanwältin Fiona List-Faymann, die die Gegner des Projekts vertritt. Der Bescheid der zuständigen Magistratsabteilung 22 (MA 22) sei rechtswidrig gewesen, so die Anwältin. "Dies ist ein wichtiger Sieg und wir sind uns sicher, dass das weitere Verfahren die mangelnde Umweltverträglichkeit der Seilbahn aufzeigen wird", erklärte List-Faymann. Die MA 22 müsse nun "eine Einzelfallprüfung, auch mit einem Sachverständigen durchführen", sagte List-Faymann.
Weitere Verzögerungen
Hannes Dejaco, Geschäftsführer der "Genial Tourismus- und Projektentwicklung GmbH" bedauerte am Freitag in einer ersten Reaktion die Entscheidung. "Dass das Gericht die noch erforderlichen Ermittlungen nicht selbst vornimmt, sondern die Angelegenheit an die UVP-Behörde der Stadt Wien zurückverwiesen hat, führt leider zu weiteren Verzögerungen für unser Vorhaben."
Man sei überzeugt gewesen, dass die Entscheidung durch die MA 22 mit der nötigen Sorgfalt getroffen worden sei. Dass das Bundesverwaltungsgericht diese Einschätzung nicht teile, sei aber natürlich zu respektieren. Durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts sei rund 1,5 Jahre nach der Beantragung der Prüfung der UVP-Pflicht noch immer nicht geklärt, welches behördliche Verfahren zur Genehmigung der Seilbahn anzuwenden sei. Auch der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts beantworte diese Frage nicht, so Dejaco.
Trotz der erneuten Prüfung gab sich Dejaco jedoch unverändert zuversichtlich, dass "am Ende eines wohl noch recht lange dauernden Prozesses" die Einhaltung aller Genehmigungskriterien durch die Seilbahn Kahlenberg festgestellt werde. Zur möglichen Einlegung einer ordentlichen Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof wollte Dejaco noch nicht Stellung beziehen.
"Keine große Überraschung"
Als "keine große Überraschung" bezeichnete Norbert Hörmayer von der Umweltanwaltschaft und Stellvertreter der Wiener Umweltanwältin die Entscheidung des Gerichts, die dennoch erfreulich sei.
Die zuständige Magistratsabteilung 22 (MA 22) erklärte gegenüber der APA, dass noch keine Unterlagen nach der höchstgerichtlichen Entscheidung eingelangt seien. Man werde sie jedoch dann "eingehend prüfen und analysieren", teilte ein Sprecher mit.
In dem Bescheid der Stadt Wien war nach einem fast ein Jahr lang dauernden Verfahren festgehalten worden, dass keine UVP für das Projekt nötig sei. Die Landesumweltanwaltschaft, drei NGOs sowie Anrainerinnen und Anrainer aus Floridsdorf und dem Kahlenbergerdorf legten daraufhin Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht ein.
Die Naturschützer und die Umweltanwaltschaft argumentieren unter anderem damit, dass eine entsprechende EU-Richtlinie bereits seit 2011 UVP-Verfahren für Seilbahnen vorschreibt. Demnach müssten Seilbahnen generell eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor dem Bau durchlaufen. Österreich habe die Richtlinie bisher nur lediglich nicht umgesetzt. "Es gibt deswegen auch ein Vertragsverletzungsverfahren, weil Österreich bisher nur UVPs für Gletscherseilbahnen durchführte", sagte Fiona List-Faymann bereits im April 2023.