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Erinnerungen eines Klosterzöglings: „Prügel für alles“

Von von Hannes Fehringer, 02. Juli 2010, 00:04 Uhr
Opfer und Schriftsteller: Autor Franz Josef Stangl Bild: feh

STEYR. Priester haben die Schlüsselbunde wie Schlagringe benutzt und die Heimkinder im Kloster Gleink verprügelt. In seiner Erzählung „Der Klosterzögling“ (Bibliothek der Provinz) arbeitet Franz Josef Stangl die Ohnmacht eines Buben und das Versagen des Jugendamtes damals auf.

OÖN: Sie haben zuvor ein Buch geschrieben Der „Bastard – der Fürsorgezögling“. Sie wurden als lediges Kind ins Heim gesteckt.

Stangl: Ich habe den Buchtitel gewählt, weil ich so gerufen wurde: Ich wurde nicht „Franz“, ich wurde „Bastard“ gerufen. Es war in einem Dorf in der Weststeiermark, stockkatholisch und ewiggestrig, schlimm, ja schlimm war das.

OÖN: Die Fortsetzung ist das Buch „Der Klosterzögling“ und beschreibt wie Sie in Obhut der Patres in Steyr-Gleink waren.

Stangl: Die Fürsorge in Graz hat mich von Graz, wo ich in einem relativ liberalen Heim war und weggelaufen bin, nach Gleink verfrachtet. Das Buch beginnt, dass mich jemand von dem Heim abholt und mit mir zum Bahnhof geht. Es beschreibt das ganze System.

OÖN: Zu dem System in Gleink gehörten Prügel ?

Stangl: Ja, ja, freilich. Das war normal damals. Die Priester haben genauso geschlagen wie die Brüder, die Fratres, wie die Weltlichen. Es war System. Die Kinder wurden mit Ruten, mit Fäusten, mit Tritten und mit dem Schlüsselbund gequält. Damals gab es ja für jede Tür einen Riesenschlüssel, der Bund hatte ein, zwei Kilo mit einem Rieseneisenring, der wurde dann auch verwendet zum Zuschlagen.

OÖN: Wofür ist man bestraft worden?

Stangl: Für Onanie zum Beispiel, fürs Zurückreden – ja, das ist eine gute Frage: Für alles und nichts.

OÖN: Wie lange waren Sie in diesem Heim?

Stangl: Von 1963 bis 1967 in Gleink, mit Ende der Schulpflicht war Schluss.

OÖN: Können Sie sagen, dass Sie diese Erfahrungen verarbeitet haben oder bleibt da immer noch etwas zurück?

Stangl: Man wird es insoweit nicht los, dass ich 50 Jahre später mit Ihnen darüber spreche. Ich habe eine freiwilligen Therapie drei Jahre mit einer Stunde pro Woche gemacht und drei weitere Jahre mit einmal im Monat. In Summe waren das 180 Stunden, wovon mir die Stadt Wien Gott sei Dank zwei Drittel bezahlt hat, aber das eine Drittel , das ich zahlen musste, entsprach einem halben Jahresgehalt damals.

OÖN: Haben Sie jemals ein Wort des Bedauerns von ehemaligen Erziehern gehört?

Stangl: Vonseiten des Herz-Jesu-Missionare-Ordens wurde auf meine Schreiben überhaupt nicht reagiert. Es wird einfach ignoriert, wie wenn ich nicht existent wäre.

OÖN: Haben Sie sich um finanzielle Wiedergutmachung bemüht?

Stangl: Ich habe mich um keine finanzielle Abgeltung bemüht, weil mir viel wichtiger ist, dass die Fehler von damals dokumentiert werden, dass sich die Leute einfach der Vergangenheit stellen und sagen „Ja, es war damals so, es tut uns leid!“ Aber ich halt es für leeres Geschwätz und merke es sofort, wenn jemand eine Wortspende gibt wie der Papst: „Es tut uns leid.“

OÖN: Prügelorgien sind ebenso schlimm wie sexuelle Übergriffe. Haben Sie Kontakt zu der Klasnic-Kommission, die von der katholischen Kirche für die Opfer eingerichtet wurde?

Stangl: Nein, der Grund ist nicht die Frau Klasnic in Person, oder dass es der Kardinal Schönborn in Auftrag gegeben hat, weil es sind ja auch einige andere drinnen, die der Kirche nicht so nahe stehen. Ich war in einer Anstalt, die keine rein kirchliche Institution war. Die Aufsichtspflicht lag dort beim Land Oberösterreich und wurde scheinbar nicht wahrgenommen, sonst hätte dieses System nicht bestehen können.

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10  Kommentare
10  Kommentare
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renele (3.081 Kommentare)
am 26.04.2015 15:09

warum sind die Erzieher nie zur Verantwortung gezogen worden ? Wer hat das verhindert ?

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am 07.03.2011 11:49

ich wahr von 1972-1978 in gleink!es hat sich in dieser zeit nichts geändert!im speisesaal 350 kinder,!einer hat gesprochen er muste aufstehen und bekam einen ganzen tag nichts zu essen.am ärgsten wahr der chef(pater maier und sein vize lemmer der sogar dann straffersetzt wurde).das jugentamt kontrollierte 2 mal im jahr,frassen und soffen mit dem pfaffen und fuhren wieder nach hause.kinder haben sie natürlich nie gesehen.so viel zum sooo genannten jugendamt.prügeln,und vor allem sexuelle übergriffe wahren an der tagesortnung.die lehrer und erzieher schauten einfach weg,obwohl sie wußten was sich abspielt.aber sie wohlten natürlich den gutbezahlten job nicht verlieren.

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am 03.07.2010 10:30

Da ich mit vielen ehemaligen Zöglingen die in Anstalten des Bundeslandes Oberösterreich untergebracht waren in Kontakt bin, sehe ich die Dringlickeit einer Anlaufstelle außerhalb der kirchlichen einzurichten. Obwohl LH Pühringer und a. etliche Male höflich zeitgerecht zur Lesung und Diskussion im Alten Rathaus eingeladen worden sind, ist außer Frau LR Wageneder niemand erschienen. Offensichtlich sind wir das der OÖ-Politik nicht wert. Landesrat Reheis in Tirol und Landesrätin Scharer in Salzburg haben die Notwendigkeit erkannt und Anlaufstellen für Missbrauchte eingerichtet. Die Bundesregierung lehnt ohne Angabe von nachvollziehbaren Gründen die Einrichtung einer Kommission ab, die oben genannten LR wollen nicht auf den Bund warten. (LR Scharer). Für "uns" ist weder die so genannte "Klasnic-Kommission" zuständig, noch irgeneine der immer wieder ins *Spiel* gebrachten Kinder-und Jugendschutzeinrichtungen. Des weiteren wäre es angebracht die Wegscheid-Ausstellung aus der Kammer zu holen.

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am 02.07.2010 16:52

in Steyr, in St.Anna.
Da war es für viele Mädchen ähnlich.
Wie es für die Buben war, weiß ich nicht!
Den Mädchen, welche entweder keine Eltern hatten oder aus einem desolaten Elterhaus kamen, wurde bei Aufmucken immer wieder mit Gleinck gedroht!
Ein Heim für scher eziehbare Kinder und Jugendliche, hat man uns gesagt.
Dass es dort sehr rau zuging, war allgemein bekannt.
Das Jahr in St.Anna war eine meiner schlimmsten Zeiten in meinem Leben!
Mein Bruder war eine Zeit lang in Leonstein, er schweigt darüber.

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am 02.07.2010 20:16

Sie das Jahr in St.Anna halbwegs verkraftet haben. Ein Freund von mir, Jenö A.Molnar war viele viele Jahre in Leonstein. Vielleicht kennt ihn Ihr Bruder. "Wir waren doch nur Kinder" ist ein Buch über die Jahre in Leonstein. Nicht umsonst wurde der Spruch "Wennst net brav bist, kommst nach Gleink" zur Redewendung. Es war eine äußerst üble Anstalt, eine Kinderkaserne.Ein Pädagoge schrieb in den 1960er Jahren in einer Zeitschrift von "Kasernendrill und Klostersuppe". Das Essen war nicht übel, zumindest nicht für mich der ich zuvor schon einige gewöhnt war, aber der Kasernendrill ist nicht übertrieben. Es wird allerhöchste Zeit,dass sich das Land OÖ der Aufarbeitung seiner "Heime" widmet. Ob Wegscheid, Gleink, Leonstein,St.Anna etc. . In Salzburg und Tirol ist man einen Schritt weiter, dort gibt es Anlaufstellen/Koordinationsstellen für ehemalige Heimkinder auch außerhalb konfessioneller Anstalten. Ganz üble Verbrechen sind dort geschehen. mfg Franz Josef Stangl heimkind@chello.at

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HKVD (3 Kommentare)
am 02.07.2010 08:33

Auszug aus www . exheim . de

Hallo Hans Bert, wir sind zusammen zur Grundschule gegangen. In der 2. Klasse, da waren wir sieben Jahre alt, hat der Pfarrer Ruppertzhoven Anton 86-11, n. r. Domkaplan., GR, EDech., in Wegberg / Dalheim-Rödgen verstorben 1967, dich dermaßen zusammengeschlagen, dass es für mich noch bis heute einen Schock hinterlassen hat. Ich kannte auch Schläge, aber soviel Brutalität habe ich noch nie gesehen. Es wurden nur die Kinder aus dem Kinderdorf so misshandelt. Ein Mädchen in der Schule mit dem Namen Alice machte sich dabei vor Angst immer in die Strumpfhose.

Ich bin jetzt Polizeibeamter und werde Dir beistehen. Das Unrecht muss aufgearbeitet werden.

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am 02.07.2010 11:05

...haben in der Regel keine Eltern mehr. Es ist dann leicht die Schwächsten der Schwachen zu verprügeln. Die Folterknechte mussten nicht befürchten,dass die Geprügelten dies ihren Eltern-da nicht vorhanden-erzählen. Den Jugendbehörden war dieser "Abfall" herzlichst egal. Man verfuhr mit uns wie mit toten Gegenständen.Wir bekamen eine Nummer, eine Aktenzahl, wir waren nicht mehr wie diese Nummern. Nummern haben keine Gefühle.So waren wir für diese Gestalten keine Menschen. Und für viele sind wir es bis heute.

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am 02.07.2010 17:06

ich werde nie verstehen, warum sie nicht schon längst diese Verbrecher vor den Staasanwalt bringen?
als polizeibemater wären sie verpflichtet, alles was sie erfahren auch dem Gericht anzuzeigen. Schadneersatz zu fordern für die geschundene Kinder. Die Kirche ist eine Mafia. vor der auch heute alle Angts haben. ich habe einige beaknnte, die liebdne gerne austretn woürden, aber sofort von der kirche gestanzt würden. als polizeibeamter müssten sie auch herrn schwarz und herrn shcönborn wegen mitwisserschaft und beihilfe anzeigen

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am 02.07.2010 17:38

Diese Verbrechen sind längst verjährt.Wie man so sagt. Die Verbrecher gestorben. Damals hat es niemanden interessiert, erst heute können Opfer offen darüber sprechen und finden dankenswerter Weise Gehör.

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am 02.07.2010 08:11

und den Oberösterreichischen Nachrichten für die Buchvorstellung und Berichterstattung über die Missstände in Gleink und anderen Erziehungsanstalten. Ich hoffe,dass sich die jeweiligen Verantwortlichen und Nachfolger nicht länger hinter einer Schweigemauer verstecken. Verbrechen an Kindern dürften eigentlich niemals verjähren, die Täter sind somit aus dem Schneider, die Missbrauchten tragen ihr ganzes Leben lang diese Last mit sich. Es ist eine Frage der Moral und Ethik sich der Verantwortung zu stellen, aber damit scheint es Probleme zu geben. Mit besten Grüßen, Franz Josef Stangl heimkind@chello.at

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