Mit Zylinder, Laptop und ganz viel Glück
LINZ. Auf dem Dach bei jedem Wetter: Der Beruf des Rauchfangkehrers befindet sich im Wandel.
Ein Griff ins Glück ist für Rauchfangkehrer nichts Ungewöhnliches. Wer sie berührt oder am Knopf der Kleidung dreht, dem geht es gut im nächsten Jahr. Zumindest glauben das die Menschen, die Mirjam Hangler bei ihrer Arbeit umarmen. Seit drei Jahren arbeitet die 19-Jährige im Unternehmen des Linzer Rauchfangkehrermeisters Gerhard Hofer – und war einst selbst ein Glücksgriff.
"Es ist in unserer Branche sehr schwer, Nachwuchs zu finden. Die Mirjam konnte ich schon vor dem dritten Lehrjahr alleine losschicken", sagt Hofer. Mittlerweile ist Mirjam Gesellin, hat mehr als 30 Termine pro Tag und ist immer noch begeistert von einem Beruf, in den sie eigentlich "hineingestolpert" war.
"Ich hab’ mich immer gefragt, was Rauchfangkehrer eigentlich machen, außer in einen Kamin kraxeln. Das wollte ich bei einem Praktikum herausfinden", erinnert sie sich. Mirjam wurde zur Frühaufsteherin, bekam schmutzige Hände und schnell Lust auf mehr. "Jetzt weiß ich, dass zu diesem Beruf viel mehr dazugehört."
Einer, der überall hinkommt
Denn die Rauchfangkehrer des 21. Jahrhunderts stehen nicht nur mit Besen und Kugel vor dem Schornstein: Inspektionskamera, Dichtheitsprüfgerät, Wärmebildkamera, Messgeräte und Laptop gehören zur Standardausrüstung. Alle Informationen zu Kunden und Haus werden per Knopfdruck abgerufen.
Auch die Anforderungen sind gestiegen: Rauchfangkehrer beraten, beobachten, kontrollieren und erkennen dabei Probleme, die sonst niemand sieht. "Die feuerpolizeiliche Nachschau findet nur alle 20 Jahre statt. Viele haben ihren Postkasten so weit außerhalb ihres Grundstücks, dass ich der Einzige bin, der noch ins Haus kommt", sagt Gerhard Hofer.
93 Betriebe in Oberösterreich
Dabei kontrolliert er bei Gelegenheit auch gleich die elektronischen Geräte. Wenn man ihn lässt. "Viele Leute glauben einem nicht mehr, wenn man anläutet und sagt, dass man der Rauchfangkehrer ist und bitte den Dachbodenschlüssel bräuchte", sagt er. Besonders wichtig sei ihm deshalb das gegenseitige Vertrauen.
Das Gebiet, das Gerhard und Mirjam mit ihren 16 Arbeitskollegen betreuen, reicht von Linz über Hellmonsödt bis nach Reichenau im Mühlviertel. Arbeitsbeginn ist sechs Uhr früh, das Ende oft nicht absehbar. Gerade im Oktober nicht. Da jage ein Termin den anderen. Die 93 Rauchfangkehrerbetriebe in Oberösterreich sind zwar klein, ein Zukunftsberuf sei es aber nach wie vor, denn: "Geheizt wird eben immer", sagt Hofer.
Gesundheitsförderung für Rauchfangkehrer
Das Unternehmen von Gerhard Hofer ist der erste Rauchfangkehrerbetrieb in Oberösterreich, der ein Projekt mit gesundheitsfördernden Maßnahmen für seine Beschäftigten startete. In Zusammenarbeit mit der OÖGKK steht die Stressminderung dabei im Vordergrund.
In eigenen Workshops wurden "Einzelkämpfer" zu einem Team zusammengeschweißt. Die Wegeinteilung wurde optimiert, eine neue Telefonanlage installiert und alle Außendienst-Mitarbeiter mit Laptops ausgestattet. Im Büro gibt es täglich eine gesunde Jause und individuelle Trinkflaschen, als besonderes Zuckerl bekommt jeder Mitarbeiter kostenlos Laufschuhe zur Verfügung gestellt.
Bereits seit mehreren Jahren gehört Labradorhündin Akina zum Team. Die Zeit mit der Hündin hilft den Mitarbeitern bei der Stressbewältigung. "Einfach, aber wirksam", sagt Hofer.
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