"Ein sicherer Hafen": Kinder- und Jugendhilfe zieht Bilanz über 2023
LINZ. 9024 Beratungen in den oberösterreichischen Kinderschutzzentren, 6112 abgeklärte Gefährdungsmeldungen sowie 1545 Kinder und Jugendliche, die außerhalb ihrer Familie betreut wurden - das ist die Bilanz der Kinder- und Jugendhilfe (KJH) aus dem Jahr 2023. Heute präsentierte Jugendlandesrat Michael Lindner (SP) gemeinsam mit der Abteilungsleiterin der KJH, Theresia Schlöglmann, die aktuellen Zahlen.
Ein "sicherer Hafen" soll die Kinder- und Jugendhilfe für junge Oberösterreicher sein, sagt Lindner. Von niederschwelligen Beratungsangeboten bis hin zu den sozialpädagogischen Wohngruppen sei es ihre Aufgabe, Familien in schwierigen Situationen "ein Stück zu begleiten" und im Ernstfall in die Familiensysteme einzugreifen.
Die unterschiedlichen Angebote werden immer stärker in Anspruch genommen. Abseits der Beratungen in den Kinderschutzzentren stehen Eltern und ihren Kindern in den mittlerweile neun Erziehungs- und Familienberatungsstellen Experten für Gespräche zur Verfügung. Gemeinsam mit dem "Herzensprojekt" von Lindner - das mobile Familiencoaching, das für Familien und Jugendliche bis 21 Jahren freiwillig und kostenlos angeboten wird - wurde so die Zahl der Beratungen in den letzten fünf Jahren auf 2338 verdoppelt. Das mobile Coaching wurde 2022 in den Innviertler Bezirken Braunau, Ried und Schärding gestartet und konnte mittlerweile auf elf Bezirke in Oberösterreich ausgeweitet werden.
Mehr als 6000 Gefährdungsmeldungen
"Jeder, der sich Sorgen um ein Kind macht, kann sich melden", sagt Theresia Schlöglmann. Sobald eine Gefährdungsmeldung bei den Bezirksstellen eingeht, wird umgehend darauf reagiert. "Wir nehmen jede Meldung ernst, wobei das nicht bedeutet, dass die Kinder sofort den Familien entzogen werden. Meist wird zuerst telefonisch nachgefragt", sagt die Abteilungsleiterin der KJH. Danach würden sich die Sozialarbeiter vor Ort ein Bild machen. "Wenn es um Babys oder Kleinkinder geht, läuten gleich die Alarmglocken. Da fahren die Sozialarbeiter sofort aus, egal ob es Freitagnachmittag oder sonst wann ist."
Die Zahl der Gefährdungsmeldungen ist nach einem Corona-Tief - aufgrund der fehlenden sozialen Aktivitäten und der geschlossenen Schulen wurde laut Schlöglmann schlicht "weniger gesehen" - relativ konstant. Im vergangenen Jahr gingen 6112 Meldungen ein, wobei bei rund zwei Dritteln keine weitere Hilfe vonseiten der KJH notwendig wurde. 14 Prozent der Familien nahmen freiwillig Hilfe in Anspruch, die die belastende Familiensituation erleichtern konnte.
Wenn das Wohl der Kinder gefährdet ist
Bei knapp einem Fünftel wurde eine Kindeswohlgefährdung festgestellt, bei denen die Kinder jedoch nicht aus den Familien genommen wurden. Der Großteil wurde mobil durch sozialpädagogische Fachkräfte begleitet und erhielten sogenannte "Unterstützung der Erziehung".
Bei rund zwei Prozent der gemeldeten Fälle musste für die gefährdeten Kinder oder Jugendlichen ein - teilweise vorübergehender - Platz außerhalb des Familiensystems gefunden werden. Im Jahr 2023 brauchten 1545 junge Oberösterreicher diese Unterstützung, wobei 42 Prozent in Pflegefamilien lebten. Die übrigen 58 Prozent wurden in sozialpädagogischen Einrichtungen betreut.
Die einzelnen Prozentsätze hätten sich laut Schlöglmann im Lauf der vergangenen Jahre nicht stark verändert.
Finanzielle Hilfe
Auch in dem Fall, wenn ein (getrennt lebender) Elternteil den Unterhalt für das Kind nicht oder nicht in vollständiger Höhe bezahlt, unterstützt die KJH. Derzeit betrifft das 19.341 Kinder und Jugendliche in Oberösterreich. Bei rund 8000 Fällen waren Gerichtsanträge notwendig und der Bund musste den Unterhalt – insgesamt 18,5 Millionen Euro vorstrecken.
Für die Erziehungshilfen der Kinder- und Jugendhilfe standen 2023 weitere 119 Millionen Euro für zur Verfügung. Diese finanziert das Land Oberösterreich, die Bezirke, Magistraten und Sozialhilfeverbänden. Darüber hinaus wurden 14 Millionen Euro für präventive Angebote aufgewendet.
Gesetzesnovelle für heuer geplant
Noch für dieses Jahr ist eine Novelle im Kinder- und Jugendhilfegesetz geplant. Damit soll vor allem die Prävention als Ziel der KJH definiert werden und der Zugang zu Erziehungshilfen für über 18-Jährige erleichtert. Die Vernetzung und Informationsweitergabe beispielsweise zwischen Bildungseinrichtungen und medizinischem Personal soll ebenfalls verbessert werden - damit nicht der Datenschutz im Gefährdungsfall dem Schutz der Kinder im Wege steht.