Alles grau? Der Frust nach den Ferien

LINZ. Post-Holiday-Syndrom nennen Forscher die Niedergeschlagenheit, die sich bei vielen Menschen einstellt, wenn sich der Alltag nach zwei Wochen am Meer oder in den Bergen besonders grau anfühlt. Eine Expertin weiß Rat, was man gegen den Frust nach dem Urlaub tun kann.
Der Urlaub ist vorbei, zu Hause warten unbezahlte Rechnungen, ungelöste Konflikte, Berge voller Schmutzwäsche und ein voller Schreibtisch. Post-Holiday-Syndrom nennen Forscher diese Niedergeschlagenheit, die sich bei vielen Menschen einstellt, wenn sich der Alltag nach zwei Wochen am Meer oder in den Bergen besonders grau anfühlt. Die OÖNachrichten haben Psychotherapeutin Christa Schirl dazu befragt.
OÖN: Gibt es Menschen beziehungsweise Berufe, die besonders "gefährdet" sind für das Post-Holiday-Syndrom?
Christa Schirl: Prinzipiell kann das jeden treffen, Manager genauso wie Handwerker, Frauen genauso wie Männer, das hängt in keinster Weise mit der Art des Jobs oder der Hierarchieebene zusammen. Vielen Menschen wird nach einer Auszeit manchmal erst der tägliche Wahnsinn bewusst. Man hat praktisch den Blick von außen und nimmt in dieser Situation oft Unstimmigkeiten wahr, die man, solange man in seinem Hamsterrad gesteckt hat, gar nicht bemerkt hat.
Ist das also in gewisser Weise auch ein Alarmzeichen?
Wenn jemand Frust empfindet, zeigt das im Grunde, dass es Unstimmigkeiten gibt, dass etwas nicht so ist, wie es demjenigen entspricht.
Was sollte man dann machen?
Wenn sich also Unzufriedenheit zeigt, sollte man einmal genau hinschauen und sich vor allem darüber klar werden: Wie sollten Job und Alltag sein, damit sie für mich passen? Einfach mal in Ruhe bewusst machen, was es eigentlich ist. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die mich am Partner, an meiner Lebenssituation oder an meiner Arbeit stören, die sich häufig ohne großen Aufwand ändern lassen.
Ist der Frustpegel höher, wenn der Urlaub ganz besonders schön – oder der Sommer so wie heuer ungewöhnlich lang – war?
Nein. Zumindest dann nicht, wenn der Alltag für mich stimmig ist. Denn wenn das der Fall ist, freu ich mich in der Regel schon wieder auf daheim, auf mein Bett, auf meine Freunde, auf meine Kollegen.
Und wenn das nicht der Fall ist?
Das Ganze ist natürlich auch ein bisschen ein Luxusproblem. Vor 50 Jahren hat sich niemand gefragt, ob ihm seine Arbeit Spaß macht. Das musste einfach getan werden. Auf der anderen Seite sollte man auch den Urlaub nicht überbewerten, sondern sich vielmehr öfter Urlaub im Alltag gönnen – Ruhephasen und Genussmomente einplanen.
Wie lange dauert das "Post-Holiday-Syndrom" normalerweise?
Meistens kommt man nach ein paar Tagen schnell wieder hinein in den Alltag, dann wird’s in der Regel besser. Generell rate ich allen, es nach einem Urlaub erst einmal ruhig anzugehen, nicht sofort von null auf hundert starten. Also nicht gleich am ersten Tag zu Hause wieder das ganze Haus zu putzen oder im Job fünf wichtige Besprechungen am ersten Vormittag durchzuziehen, sondern es sich – wenn möglich – zu erlauben, wieder langsam in den Alltag einzutauchen.
Was tun, wenn diese Traurigkeit auch nach Tagen immer noch nicht verschwunden ist?
Generell gilt: Ob in Beziehungen oder im Job, es wird immer etwas geben, was einem nicht zu 100 Prozent entspricht. Wenn das Gefühl der Sinnlosigkeit aber anhält, sollte man dringend über Veränderungen nachdenken. Wer nicht weiß, in welche Richtung es gehen soll, kann sich Rat und Hilfe holen – etwa bei einem Coaching oder im Gespräch mit engen Freunden, die einen gut kennen.
Ein gängiger Tipp gegen den Nach-Urlaubs-Frust lautet, einfach schon von den nächsten Ferien träumen. Was denken Sie?
Arbeit gehört zum Leben dazu. Man kann ja nicht nur Freizeit haben, das ist utopisch und würde wohl auch nicht glücklich machen. Ich denke, es ist viel besser, es sich im Alltag schön zu machen – da reichen auch kleine Dinge. Gerade jetzt im Sommer kann ich doch auch nach Dienstschluss noch baden gehen oder Freunde im Gastgarten treffen. Oder mir einfach zu Hause einen köstlichen griechischen Salat machen – es gibt tausend Möglichkeiten, sich den Urlaub daheim "zu verlängern".