Palästinenser verkünden Waffenstillstand mit Israel
RAMALLAH. Nach dem Gewaltausbruch im Gazastreifen mit zahlreichen Toten haben sich die Palästinenser nach eigenen Angaben auf einen Waffenstillstand mit Israel verständigt.
Nach der jüngsten Gewalteskalation mit Dutzenden Toten haben die Palästinenser im Gazastreifen eine Waffenruhe mit Israel verkündet. Die unter Vermittlung Ägyptens ausgehandelte Feuerpause gelte seit Montag früh, 04.30 Uhr, sagten Vertreter der radikalislamischen Hamas, der mit ihr verbündeten Gruppe Islamischer Jihad sowie ein ägyptischer Verhandlungsteilnehmer.
Eine Feuerpause sei möglich, wenn sich Israel ebenfalls daran halte, verkündete der Hamas-Chef Ismail Haniyeh. Israel bestätigte die Einigung zunächst nicht, doch wurden die Kämpfe in der Früh eingestellt. Zudem hob Israels Armee alle Einschränkungen für die israelische Bevölkerung im Grenzgebiet wieder auf. Man kehre zur Routine zurück, teilte das Militär mit. Die meisten von rund 200 000 Kindern und Jugendlichen in dem betroffenen Gebiet sollten wieder zur Schule gehen.
27 Opfer nach Angriffe
Militante Palästinenser im Gazastreifen hatten am Wochenende Hunderte Raketen auf Israel abgefeuert und damit israelische Vergeltungsangriffe ausgelöst. Vier Menschen in Israel und 23 Menschen im Gazastreifen wurden getötet. Es waren die schwersten Zusammenstöße seit dem Gaza-Krieg 2014.
Die Lage hatte sich Samstag früh zugespitzt, nachdem es am Freitag bei Demonstrationen an der Grenze gewaltsame Zusammenstößen gegeben hatte. Bereits seit gut einem Jahr finden jeden Freitag Proteste entlang der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel statt, die immer wieder in Gewalt ausarten. Die Palästinenser fordern eine Aufhebung der israelischen Blockade des Gazastreifens.
Ein Vertreter des Islamischen Jihad sagte, die nun ausgehandelte Waffenruhe sehe unter anderem eine Lockerung der Auflagen für die palästinensischen Fischer im Gazastreifen sowie eine bessere Versorgung mit Strom und Treibstoff vor.
Eine Sprecherin der israelischen Armee lehnte eine Stellungnahme zu den Verhandlungen mit den radikalen Palästinensergruppen ab. Doch wie ein AFP-Korrespondent berichtete, wurden seit Inkrafttreten der angekündigten Feuerpause keine Raketen mehr aus dem Gazastreifen abgefeuert und auch die israelische Armee stellte ihre Luftangriffe ein.
Palästinensische Medien berichteten, die Waffenruhe sei vereinbart worden, nachdem Israel der Hamas über ägyptische Vermittler eine harte Botschaft übermittelt habe. Israel habe mit besonders massiven Luftangriffen und der gezielten Tötung ranghoher Hamas-Führer gedroht, hieß es. An den Verhandlungen waren neben Ägypten nach Medienberichten auch Katar, der UNO-Gesandte Nikolay Mladenov sowie EU-Repräsentanten beteiligt.
Nach Angaben Israels waren seit Samstag früh 690 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgeschossen worden. 35 von ihnen trafen demnach dicht besiedeltes Gebiet. Die israelische Armee reagierte mit zahlreichen Vergeltungsangriffen auf den Raketenbeschuss. Die neue Eskalation kam nur gut eine Woche vor dem internationalen Gesangswettbewerb Eurovision Song Contest (ESC) in Tel Aviv, an dem auch Österreich teilnimmt.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wies das Militär am Sonntag an, seine "massiven Angriffe gegen terroristische Elemente im Gazastreifen" fortzusetzen. Israelische Panzer und Flugzeuge griffen nach Armeeangaben insgesamt mehr als 350 Ziele im Gazastreifen an, darunter einen Angriffstunnel des Islamischen Jihad.
In Israel wurden vier Zivilisten getötet. Unter den 23 Toten im Gazastreifen waren neun Mitglieder der Hamas oder des Islamischen Jihad. Bei einem von ihnen handelte es sich um einen Kommandanten des bewaffneten Flügels der Hamas. Nach palästinensischen Angaben waren auch ein Baby und eine schwangere Frau unter den Opfern.
Israel bekommt Rückendeckung von Trump
US-Präsident Donald Trump sicherte Israel angesichts der Gewalteskalation seine Rückendeckung zu. "Wir unterstützen Israel zu hundert Prozent bei der Verteidigung seiner Bürger", schrieb Trump am Sonntagabend im Onlinedienst Twitter. Zugleich forderte er die Palästinenser zur Beendigung der Raketenangriffe auf: "Diese Terrorakte gegen Israel werden euch nichts bringen, außer noch mehr Not."
US-Präsidentenberater Jared Kushner will im Juni seinen lang erwarteten Friedensplan für den Nahen Osten vorlegen. Trumps Schwiegersohn kündigte bereits an, dass darin nicht die Rede von "zwei Staaten" sein wird. Die Zwei-Staaten-Lösung, die einen eigenen Staat für die Palästinenser vorsieht, ist seit Jahrzehnten der zentrale Ansatz internationaler Vermittlungsbemühungen.
Führende Politiker der Palästinenser sehen dem Kushner-Plan mit großer Skepsis entgegen. Sie argumentieren, dass die USA kein fairer Vermittler sein könnten, nachdem Trump in einem einseitigen Schritt Jerusalem als die Hauptstadt Israels anerkannt und die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin verlegt hatte.