Erdbeben in Italien - Tausende Obdachlose und riesige Schäden
MACERATA. Rund 3.000 Obdachlose, mehrere Verletzte und riesige Sachschäden, so lautet die vorläufige Bilanz von drei schweren Erdbeben, die am Mittwochabend die mittelitalienische Region Marken erschüttert haben.
Durch die Erdstöße obdachlos gewordene Menschen verbrachten aus Angst vor weiteren Erdbeben eine Albtraumnacht in ihren Autos oder im Freien. Die Gemeinden organisierten Zelte und Notunterkünfte.
Macerata/Rom. Schlechtes Wetter und Stromausfälle erschwerten den Einsatz der Feuerwehrmannschaften in den am stärksten betroffenen Ortschaften Ussita, Camerino, Visso und Castelsantangelo sul Nera. Erhebliche Sachschäden gab es auch in Arquata del Tronto, einer bereits bei einem Beben am 24. August schwer zerstörten Gemeinde. In der ganzen Region Marken sowie in Teilen der Regionen Latium und Abruzzen blieben die Schulen am Donnerstag geschlossen, da die Stabilität der Gebäude kontrolliert werden muss.
Wahrscheinlich in Folge des Erdbebens hat ein 73-Jähriger einen Herzinfarkt erlitten und ist gestorben. Der Schock könnte den Infarkt ausgelöst haben. Unmittelbare Todesopfer des Bebens, die auf Schäden an Gebäuden zurückzuführen sind, wurden nicht gemeldet. Ein Kind wurde in der Kleinstadt Camerino beim Einsturz der Wohnung seiner Eltern schwer verletzt. Zahlreiche Spitäler der Gegend und die Strafanstalt von Camerino mussten aus Sicherheitsgründen geräumt werden.
"Das Erdbeben ohne Ende"
In Visso war der heftigste Erdstoß gemessen worden. Die Stärke variierte nach Angaben unterschiedlicher Erdbebenwarten zwischen 5,9 und 6,1. Viele Menschen hatten hier wegen eines Vorbebens schon ihre Häuser verlassen und hielten sich im Freien auf. "Das Erdbeben ohne Ende", titelte die römische Tageszeitung "La Repubblica". "Als Mittelitalien dabei war, sich von der Katastrophe vom 24. August zu erholen, bebt die Erde wieder. Zum Glück gibt es keine Todesopfer", kommentierte Zivilschutzchef Fabrizio Curcio. Seismologen schlossen nicht aus, dass die drei Beben vom Mittwochabend mit dem verheerenden Erdstoß am 24. August zusammenhängen.
20 Auslandösterreicher, die in der größeren Umgebung des Erdbebengebiets wohnen, sind wohlauf. Die österreichischen Botschaft in Rom nahm mit ihnen Kontakt auf. Zwei Österreicher, die näher am Epizentrum leben, mussten aus Sicherheitsgründen ihre Wohnungen verlassen. Es gebe keine Hinweise, dass sich zurzeit Touristen aus Österreich in der betroffenen Region aufhalten, hieß es in Rom.
Weitere Nachbeben wurden am frühen Donnerstag gemeldet, zwei davon mit einer Magnitude über 4,0, teilte das nationalen Institut für Geologie und Vulkanologie mit. Ein Beben mit der Magnitude 4,1 wurde um 5.19 Uhr wahrgenommen. Es folgte ein weiteres mit 4,4 um 5.50 Uhr. Insgesamt wurden über 200 Nachbeben gemeldet.
Letztes schwere Beben erst Ende August
Die Erdstöße ereigneten sich in jener Region, die erst Ende August von einem heftigen Beben getroffen worden war. Damals kamen 298 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen in der Ortschaft Amatrice. Bürgermeister Sergio Pirozzi sagte, auch in seinem Ort sei es erneut zu Schäden gekommen. Viele Menschen verbrachten die Nacht in einer Sporthalle.
Die Beben lösten Bestürzung aus. "Ich bin den Menschen, die vom neuen Erdbeben in Mittelitalien betroffen sind, im Gebet nahe", schrieb der Papst auf Twitter. Premier Matteo Renzi wollte sich persönlich ein Bild der Lage in den zerstörten Orten machen. Renzi sagte am Donnerstag alle Termine ab und kündigte für den Nachmittag einen Besuch in Camerino und Visso, Epizentrum des Erdbebens, an. Bei einer Ministerratsitzung am Donnerstag sollten erste Finanzierungen für die Erdbebenregion beschlossen werden.
Rom macht 40 Millionen Euro für erste Hilfe locker
Die italienische Regierung hat beschlossen, 40 Millionen Euro für das Erdbebengebiet in der Region Marken zur Verfügung zu stellen. "Unser erstes Ziel ist, die betroffene Bevölkerung zu unterstützen. Danach folgt der Wiederaufbau. Wir werden alles hundertprozentig aufbauen", sagte der bereits nach dem August-Beben ernannte Kommissar für den Wiederaufbau, Vasco Errani.
Zum Glück gibt es keine Todesopfer. Wir müssen in diesem schwierigen Moment Zusammenhalt zeigen", sagte Errani. In ganz Italien werden Geldspenden für die Opfer gesammelt. Nach den schweren Erdbeben in der Nacht auf Donnerstag wurde neben anderen Kulturdenkmälern das Kolosseum in Rom auf mögliche Schäden überprüft.
Umweltminister Gian Luca Galletti meinte, Italien müsse verstärkt in Vorbeugung investieren. Inzwischen signalisierte die EU Bereitschaft, Italien eine Lockerung der Stabilitätskriterien zu gewähren. So könnten zusätzliche Gelder in die Erdbebensicherung von Gebäuden fließen. Italien müsse jedoch konkrete Garantien für einen Plan zur Vorbeugung von Schäden durch Beben geben.
Seismologe: Nachbeben für Monate
Seismologen rechnen mit einer langen Serie von Nachbeben. Die Erdstöße könnten sogar noch monatelang andauern. "Nach den starken Erdstößen wird die Erdbebenlinie ein neues Gleichgewicht suchen, wahrscheinlich mit Nachbeben", sagte Paolo Messina, Direktor des Instituts für Geologie des italienischen Wissenschaftsinstituts CNR.
Messina kritisierte mangelnde Vorsorge: Fast drei Millionen Menschen leben demnach in Italien in Gebieten mit einem hohen Erdbebenrisiko, während 21 Millionen Bürger in Gebieten mit einem erhöhten Risiko wohnen. Es gebe aber kaum Prävention. "Man unterschätzt die Erdbebengefahr, während man lernen sollte, damit zusammenzuleben. Wer ein Auto kauft, kontrolliert, dass es Airbags hat. Wenn man ein Haus baut oder renoviert, spart man lieber, als in Sicherheit zu investieren", analysierte Messina im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica".
Auf seismisch aktiven Gebieten befinden sich laut dem Experten zwölf Millionen Privatwohnungen und sechs Millionen öffentliche Gebäude. Besonders gefährdet seien Kommunen entlang des Apennins. Investitionen in erdbebensichere Baustandards seien der einzige Weg, um sich vor der Gefahr zu schützen.
Jetzt solle damit begonnen werden, die Bevölkerung auf schwere Katastrophen vorzubereiten, sagte Messina. 60 Prozent der Immobilien in Italien seien vor 1971 errichtet worden, drei Jahre vor Einführung eines Gesetzes, das antiseismische Standards in der Bauwirtschaft eingeführt hat.
Laut Messina sei das Erdbeben vom Mittwoch mit jenem im August in Amatrice und Umgebung in Verbindung zu bringen. "Wir können nur Hypothesen aufstellen. Wahrscheinlich hat sich der nördliche Zweig derselben Erdbebenlinie bewegt, die das Erdbeben in Amatrice verursacht hat", sagte Messina.
In Europa sind Italien und Griechenland die am meisten gefährdeten Gebiete. Sie liegen in der weltweit größten Erdbebenzone, die von West- und Mitteleuropa bis nach China reicht, berichteten die Geologen. Dort treten immer wieder tektonische Beben auf. Die Ursachen liegen in gebirgsbildenden geologischen Kräften, so die Forscher.
SCHRECKLICH solche Ereignissen die man NICHT zähmen kann !
Californien liegt auch auf so einer Platte die eines Tages rutschen wird .
ich erinnere mich noch an das Erdbeben in Friaul 1976 !
https://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben_von_Friaul_1976
das haben meine Bekannten in Villach gespürt und gesehen als die Lampen am Plafond herumwanderten .
Die Region heißt auf Deutsch nicht Marke sondern Marken. Italienisch le marche, Plural!