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Ansbach-Attentäter bekannte sich in Handy-Video zu IS

Von nachrichten.at/apa, 25. Juli 2016, 15:41 Uhr
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Bildergalerie Selbstmordanschlag in Ansbach
Bild: DPA

ANSBACH. Der Selbstmordanschlag von Ansbach hat nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann einen islamistischen Hintergrund. Das gehe aus einem Bekennervideo auf dem Handy des Attentäters hervor, in dem er sich zur Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bekenne und mit Anschlägen drohe. Bei dem Bombenanschlag sind 15 Menschen verletzt worden, drei davon schwer.

In dem Bekennervideo kündige der 27-jährige Syrer einen Racheakt gegen Deutsche an als Vergeltung, weil sie Muslime umbrächten, sagte Herrmann.

Der mutmaßliche Täter beziehe sich auf Abu Bakr al-Baghdadi, den Anführer der Terrormiliz IS, fügte der bayerische Innenminister hinzu. Es gebe Leute, die mit der Welt abgeschlossen hätten, zitiert Herrmann aus dem Video. Die Deutschen würden nicht mehr in Ruhe schlafen können.

Die Terrororganisation "Islamischer Staat" hat sich inzwischen zu dem Attentat von Ansbach bekannt. Der syrische Attentäter war dem IS-Sprachrohr Armaq zufolge ein "Soldat des Islamischen Staates".

Asylantrag in Österreich

Der Selbstmordattentäter hat 2014 auch einen Asylantrag in Österreich gestellt. Wegen eines positiv beschiedenen Asylantrags in Bulgarien im Jahr 2013 sei diese jedoch abgelehnt worden, sagte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Montag zur APA.

Der Syrer sei nicht aus Österreich ausgewiesen worden, weil er über ein von Bulgarien ausgestelltes "Konventionsreisedokument" verfügte, das einen 90-tägigen Aufenthalt im Schengenraum erlaubt, fügte Grundböck hinzu. Bereits zuvor hatte das deutsche Innenministerium erklärt, der 27-Jährige hätte nach Bulgarien rückgeführt werden sollen. Er hatte sich seit 2014 in Deutschland aufgehalten, auch dort war sein Asylantrag abgelehnt worden.

Abschiebeanordnung kurz vor der Tat

Der Attentäter hat nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) kurz vor seiner Tat eine Abschiebeanordnung erhalten. Ob diese Anordnung die Attentatsabsicht beschleunigt habe, sei im Moment aber Spekulation, sagte Herrmann am Montag in der ARD.

Der 27-jährige Syrer, der sich am Sonntagabend in Ansbach in die Luft gesprengt und 15 Menschen verletzt hatte, sollte nach Bulgarien abgeschoben werden.

Der Flüchtling war offenbar in Bulgarien in die Europäische Union eingereist und als Asylbewerber registriert worden. Später reiste der Mann nach Deutschland weiter, wo das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aber seinen Asylantrag ablehnte und eine Rückführung nach Bulgarien anordnete. Ein Verwaltungsgericht habe die Entscheidung bestätigt, sagte Herrmann.

Das Bamf habe dann aber selbst die Abschiebeanordnung wieder aufgehoben, wohl wegen gesundheitlicher Probleme des Syrers. Vor zwölf Tagen habe das Bamf dann neuerlich eine Abschiebung nach Bulgarien unter dem sogenannten Dublin-Verfahren angeordnet, sagte Herrmann. Diese Anordnung wäre innerhalb von 30 Tagen zu vollziehen gewesen. Gemäß den Dublin-Regeln ist dasjenige EU-Land für Asylbewerber zuständig, das sie als erstes betraten.

Bombe mit Metallteilen

Der mutmaßliche Täter starb bei der Explosion nahe dem Open-Air-Konzert, bei dem zum Abschluss Joris, Philipp Dittberner und Gregor Meyle auftreten sollten. Der Mann, der öfter in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, habe die Bombe mit scharfkantigen Metallteilen in seinem Rucksack bei dem Musikfestival mit etwa 2500 Besuchern zünden wollen, sagte Herrmann bei einer Pressekonferenz in Ansbach. Ihm wurde aber der Einlass verwehrt. Die Explosion ereignete sich gegen 22 Uhr vor dem Eingang zum Konzert. Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger sagte: "Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben."

 

Es ist die dritte Bluttat in Bayern innerhalb einer Woche. Am Montag vergangener Woche hatte ein afghanischer Flüchtling unter anderem in einer Regionalbahn in Würzburg Menschen mit einer Axt angegriffen, am Freitag war ein junger Mann in München Amok gelaufen. Mehrere Menschen starben, viele wurden verletzt.

Herrmann sagte, es sei leider ein weiterer schlimmer Anschlag, der gerade die Besorgnis der Menschen weiter verstärken dürfte. Eine restlose Aufklärung der Tat sei wichtig, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herstellen zu können. "Wir müssen sehen, dass neben vielen Flüchtlingen mit schlimmen Schicksalen auch Leute in unser Land kommen oder gekommen sind, die eine echte Gefahr für die Sicherheit der Menschen in unserem Land darstellen", sagte er. "Das können wir nicht hinnehmen." Das müsse Konsequenzen haben.

Hermann fordert Konsequenzen

Er pocht auf Gesetzesänderungen auf Bundesebene. Dabei gehe es etwa um das Strafrecht und um aufenthaltsrechtliche Fragen. "Wir müssen auch anderen deutlich machen: Jeder hat die Rechtsordnung dieses Landes zu akzeptieren." Wenn jemand dagegen verstoße, müsse schon auf niedrigerer Schwelle als bisher deutlich werden, dass er das Land wieder zu verlassen habe. Allerdings hängen die Überlegungen nicht unmittelbar mit dem tödlichen Attentat vom Sonntagabend zusammen: Das bayerische Kabinett wird von Dienstag an bei einer Klausur am Tegernsee vor allem das Thema Sicherheit diskutieren.

In Ansbach gab es nach der Explosion einen Großeinsatz der Polizei, die mit 200 Kräften anrückte. Feuerwehr und Rettungsdienste waren mit 350 Kräften im Einsatz. Die Polizei gründete eine Sonderkommission mit mehr als 30 Mitgliedern. Die Tatortarbeit begann noch in der Nacht.

Täter war "unauffällig und nett"

Der mutmaßliche Täter war als "freundlich, unauffällig und nett" bekannt. Das sagte Reinhold Eschenbacher vom städtischen Sozialamt am Montag. "Der junge Mann war öfters als Asylbewerber hier und bei uns bekannt. Da ging es um soziale Leistungen", sagte er. In der fränkischen Stadt leben derzeit laut Oberbürgermeisterin Carda Seidel rund 600 Asylbewerber.

Der mutmaßliche Täter sei vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen und habe einen Asylantrag gestellt, sagte Innenminister Herrmann. Der Antrag wurde vor einem Jahr abgelehnt, der Flüchtling sei seitdem geduldet gewesen. Hintergrund sei, dass Deutschland im Moment niemanden nach Syrien in den Bürgerkrieg abschiebe. Der Attentäter hätte nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, erklärte ein Sprecher des deutschen Innenministeriums in Berlin.

In Österreich und Bulgarien registriert

Der Selbstmordattentäter soll auf seiner Flucht nach Deutschland auch in Österreich und zuvor in Bulgarien registriert worden sein. Dies gehe aus entsprechenden Einträgen im Eurodac-System, der gesamteuropäischen asylrechtlichen Datenbank, hervor, erklärte ein Sprecher des deutschen Innenministeriums laut AFP am Montag in Berlin.

Der Mann wohnte in einer Unterkunft in Ansbach und war wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Unter anderem hatte die Polizei wegen eines Drogendelikts mit dem Mann zu tun, wie Herrmann sagte. Der Syrer habe sich schon zwei Mal das Leben nehmen wollen. Er sei deshalb auch schon in einer Psychiatrie untergebracht gewesen.

Wolfgang Ambros eröffnete Festival

Wolfgang Ambros eröffnete am Freitag im Rahmen seiner "Der Watzmann ruft!"-Abschiedstour das Festival "Ansbach Open", bei dem sich am Sonntagabend der Anschlag ereignete. "Selbstverständlich ist es in erster Linie Betroffenheit, die uns bewegt, zusammen mit den besten Genesungswünschen für die Attentatsopfer", heißt es in einem Statement, das das "Watzmann"-Team der APA auf Anfrage übermittelte. "Zum Zweiten lassen wir uns den uns gemeinsamen, grundsätzlich altruistischen Blick auf die Welt nicht nehmen", so das Team. "Es soll jedoch gesagt sein: Wenn man selbst knapp einem Attentat entrinnt und nach der sich der im Tagesrhythmus häufenden Anzahl von Wahnsinnstaten, beginnt man an der Einzelfall-Apologetik zu zweifeln."

Altstadt komplett abgeriegelt

Die komplette Altstadt von Ansbach, das rund 40.000 Einwohner hat, war am späten Sonntagabend abgeriegelt. Anrainer konnten zunächst nicht zurück in ihre Häuser. Das Open-Air-Konzert wurde abgebrochen.

Unklar war zunächst, in welchem Umfeld sich der 27-Jährige bewegte und woher er den Sprengstoff hatte. Man müsse auch klären, woher genau die Metallteile stammten, sagte Polizeivizepräsident Fertinger. Diese glichen solchen, die in der Holzindustrie verwendet werden.

Die Anschläge der vergangenen Tage haben Bayerns Innenminister Herrmann nach eigenen Worten sehr berührt. Das gehe einem auch persönlich "unheimlich nahe", sagte der 59-jährige CSU-Politiker am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Er ist seit fast neun Jahren Innenminister in Bayern. Eine solche Woche habe er noch nicht erlebt, sagte Herrmann.

Nach dem Bombenanschlag im fränkischen Ansbach hat die Polizei Zeugen aufgefordert, Videos und Bilder zu der Tat per Mail an die Behörde zu schicken. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte die bayerische Polizei in der Nacht auf Montag einen entsprechenden Aufruf.

 

Anschlag platzt in Beamtenstadt-Idylle

Der Abend ist schon fortgeschritten, einige haben den Festivalplatz neben dem Ansbacher Schloss bereits verlassen. Andere genießen an diesem lauen Sommerabend noch den Ausklang des "Open Ansbach"-Festivals, als eine lauter Explosionsknall die Fans der "Deutschpoeten" Philipp Dittberner und Gregor Meyle aus ihren musikalischen Sommerträumen reißt.

Noch Stunden nach dem Anschlag in Ansbach steht die Beamtenstadt unter Schockstarre. Menschen irren bis tief in die Nacht in der Altstadt umher, diskutieren an den Flatterbändern die Lage, mit denen die Polizei das Gebiet um den Tatort weitläufig abgesperrt hat. Erst langsam sickert auch in den sozialen Netzwerken durch, dass die ohrenbetäubende Explosion am Westausgang des Festival-Geländes "Reitbahn" nicht etwa von einer defekten Gasflasche herrührte.

So machte schon früh das Gerücht die Runde, ein junger Mann mit langem Bart und Rucksack sei kurz vor der Explosion vor den Westzugang zu dem Festivalgelände auf- und abgegangen. Ein Gerücht, das nach Angaben von Innenminister Herrmann später erste polizeiliche Vernehmungen bestätigen. Die Ermittler gehen davon aus, dass Ziel des Attentäters eigentlich die Festivalbesucher auf der "Reitbahn" waren.

Dort wurde er aber nicht eingelassen, weil er keine Eintrittskarte hatte - zum Glück. Denn, so sind sich die Ermittler sicher, die von ihm in einem Rucksack verstaute Metallsplitter-Bombe hätte unter den rund 2000 Festivalbesuchern eine groß Zahl Todesopfer gefordert.

Wäre der Plan des vor zwei Jahren nach Deutschland geflohenen Syrers aufgegangen, hätte seine Tat nicht nur etliche Todesopfer gefordert, sondern auch den Freistaat Bayern in Mark und Bein getroffen. Das Festival-Gelände, das auch für Public Viewing genutzt wird, ist Teil des alten, aus der Markgrafenzeit stammenden Schlosskomplexes, der heute die Regierung von Mittelfranken beherbergt - also die Vollzugs- und Kontrollbehörde der Staatsregierung.

Derweil treffen an den weitläufigen Absperrungen rund um den Tatort ratlose und verunsicherte Passanten auf ebenso ratlose Polizisten. Zu den rund 200 Beamten, die am Abend aus ganz Bayern zusammengezogen wurden, gehören auch welche einer Polizeihundertschaft aus München. "Wir waren erst am Freitag und Samstag beim Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum eingesetzt", berichtet einer von ihnen.

Unbeeindruckt von dem Polizei-Einsatz setzt unterdessen einer junger Mann unweit des Schlosses seine nächtliche Pokemon-Jagd fort. "Ich lasse mir doch von einem solchen Idioten nicht den Spaß verderben", macht er deutlich. Er selbst hatte sich zum Zeitpunkt des Anschlags wenige Hundert Meter vom Tatort entfernt aufgehalten. "Da war plötzlich ein Riesen-Knall." Aber einen Reim habe er sich darauf zunächst auch nicht machen können. Wer denke denn in Ansbach an ein Bombenattentat?

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