So kam der Skisport ins Stodertal
Vom ersten Lift und späten Erinnerungen: Die Skigeschichte zwischen Pyhrn und Priel ist eine sehr bewegte. Eine Zeitreise von Marlies Czerny, Roswitha Fitzinger und Christoph Zöpfl.
- Vom ersten Lift und späten Erinnerungen: Die Skigeschichte zwischen Pyhrn und Priel ist eine sehr bewegte.
- Eine Zeitreise von Marlies Czerny, Roswitha Fitzinger und Christoph Zöpfl.
Erstmals in Schwung kam der Skisport zwischen Pyhrn und Priel im Jahr 1905 mit der Bahnlinie von Linz bis Spital und dem Durchbruch im Bosrucktunnel. Aufstiegshilfen gab‘s noch keine, die Skipioniere stapften in ihren haltlosen Bindungen auf die Wurzeralm. "Sie wurden von den Einheimischen als Brettel-Affen belächelt", erzählt Angelika Diesenreiter. Die ehemalige Vizebürgermeisterin von Hinterstoder hat im Museum "Alpineum" Skigeschichte zusammengetragen. "Die Bahn zog viele Leute aus den Städten an. Die Akzeptanz der Einheimischen war aber gering."
Noch lange brauchten die ersten Skitouristen eine dicke Haut und viel Muskelkraft, um überhaupt auf die Berge für ihre Abfahrt zu gelangen. 1907 veranstaltete die Spitaler Sportgruppe eine Skitour auf den Stubwieswipfel und den Arlingsattel. Zwei Jahre später fuhren die Rosenauer auf dem Hengstpass vereinsmäßig Ski. Im abgelegenen Stodertal ging‘s 1912 um das "1. Stoderer Ski-Preisfahren".
Die weitere Entwicklung wurde durch die Kriege gebremst. Es sind selbst schon Skier in der Region produziert worden. "Mit dem Lindbichler-Stodertal-Ski wurde die deutsche Wehrmacht ausgestattet", erzählt Diesenreiter. Wäre der Wagner Isidor Lindbichler aus dem Zweiten Weltkrieg lebend heimgekehrt, so erzählen sich Einheimische, stünde noch heute eine Skifabrik im Tal. Die Produktion wurde 1958 eingestampft.
Zu zehnt auf dem Ziehschlitten
Ein Aufschwung kam nach dem zweiten Weltkrieg. Der heute 75-jährige Horst Hackl, ein Urgestein des 1912 gegründeten Skiklubs Hinterstoder, erinnert sich gut an seine ersten Bogerl, die er ohne Schweiß ziehen konnte. Das war 1948 beim Gressenbauer-Lift, dem ersten Lift im Tal und dem zweiten in Oberösterreich nach jenem auf dem Feuerkogel (1932). "Wir sind mit einem Ziehschlitten raufgezogen worden, zehn bis 15 Leute hatten Platz. Das war eine romantische Geschichte mit vielen Pannen", erzählt er. Die Pannen nahmen sie lieber in Kauf als weiterhin herumzubrettern. "Wir haben schon immer von Aufstiegshilfen geträumt."
Der erste Sessellift in der Region ging 1958 in Windischgarsten auf dem Wurbauerkogel in Betrieb. Ein Jahr später kam der Skisport auf der Hutterer Höss mit der ersten Seilbahn in Fahrt. Auf die Wurzeralm führte 1962 die erste Seilbahn, auf die Bärenalm in Hinterstoder ging‘s ab 1969 mit Maschinenkraft.
Auch durch Menschenkraft ging viel weiter. 1973 übernahm Rudi Rohregger die Führungsarbeit im Skiklub. "Da war außer einer Stoppuhr und einem Startnummer-Satz nichts vorhanden", erzählt Edith Rohregger, die Witwe von Rudi. Nach und nach wurden immer größere Rennen inszeniert. Bis 1986 erstmals die weltbesten Skirennläufer den Weg nach Hinterstoder zu einem Weltcuprennen fanden – vor allem dank Visionsträger und Gründervater Rudi Rohregger.
Es war aber nicht der Ski-Weltcup, der das Stodertal am nachhaltigsten veränderte, sagt Edith Rohregger, "sondern die Seilbahn". Sie erinnert sich gut an das Jahr 1959, als der erste Doppel-Sessellift auf die Höss führte. In Dreier- und Viererreihen hätten sich die Tagesgäste bis zur Landesstraße angestellt, drei Stunden Wartezeit in Kauf genommen. "Die Mütter fuhren mit ihren Kindern am Lift rauf – und die Männer gingen zu Fuß, das ging schneller", erzählt die 69-Jährige.
Keinesfalls will sie die Errungenschaft Weltcup schmälern, im Gegenteil: "Das war eine Riesengeschichte. Der Ort wurde medial in die Welt hinausgetragen." Doch eigentlich sei danach zu wenig passiert im Ort. Es entstand die Hösshalle, auch als Medienzentrum für Journalisten. Doch bei den Hotels habe sich wenig entwickelt, sagt Rohregger. "Schon 1986 hat‘s geheißen: Wenn kein Hotel kommt, war das der letzte Weltcup." 30 Jahre später, bei der 12. Weltcup-Auflage am kommenden Wochenende, müssen Gäste für ein Quartier sogar bis Sattledt ausweichen.
Vom Sommer- zum Wintersportort
"Früher war Hinterstoder nur ein Ort für Sommerfrischler", weiß Horst Hackl. "Was wir durch den Weltcup erwartet hätten, ist aber nicht eingetroffen. Für Großinvestoren wären wir erst als größeres Skigebiet interessant, zumindest durch eine Verbindung mit Vorderstoder." Auch Hackl hätte einst überlegt, an seine Frühstückspension anzubauen. "Gott sei Dank hab ich‘s nicht getan."
Manche Entwicklungen stimmten ihn traurig. "Leider gibt‘s die Bärenalm nicht mehr, das war ein feines Familienskigebiet." Als absehbar war, dass Eigentümer Peter Schröcksnadel die Bärenalm verhungern lassen wird, blickte sich Rudi Rohregger auf der Höss nach einer alternativen Weltcupstrecke um. "So oft war Rudi selbst im Sommer dort oben", erzählt Edith. "Er stand inmitten der Bäume im dichten Wald und Steilgelände. Und hatte die Vorstellungskraft für die heutige Hannes-Trinkl-Piste." Vor neun Jahren hatte Rudi auf der Piste einen Herzinfarkt erlitten, "leider hat er den Weltcup heraußen nicht mehr erlebt."
Ab Freitag geht der Weltcup zum dritten Mal auf der Höss über die Bühne. Rohreggers Tochter Eveline ist Rennleiterin, Sohn Rainer bei der Bergbahnen AG ein wichtiger Mann. Der Nachfolger von Rudi Rohregger wurde Gerold Hackl. "Ich hab‘ meinen Sohn gewarnt, weil da so viel dran hängt", erzählt Horst Hackl. Doch eines hat sich über all die Jahre nicht geändert: Die wertvolle Hilfe kommt aus der ganzen Region und auch die mittlerweile Ältergewordenen packen mit an. Edith Rohregger wird mit ihrem Turnverein am Freitag 3000 Schülern die Lunchpakete richten. Sie weiß: "Die Läufer lieben es hier. Auch, weil sie mehr Ruhe haben als anderswo."
Erster Weltcup in Hinterstoder
Eine Premiere mit Haupttreffer
- Vor 30 Jahren gastierte der Weltcup zum ersten Mal in Hinterstoder
"Wie die geschrien haben, war ein Wahnsinn." Im Skizirkus erlebt man eine solche Stadionatmosphäre nur selten. Der Tiroler Dietmar Köhlbichler war es, der diese Worte sprach und den 12.000 begeisterten Zuschauern, die das erste Weltcup-Rennen in Hinterstoder mitverfolgten, Respekt zollte. Der 22-jährige Tiroler hatte den Slalom auf Platz 7 beendet und war damit bester Österreicher. Österreichs Hoffnungsträger Günther Mader, im ersten Durchgang noch 23 Hundertstelsekunden hinter dem Halbzeitführenden Bojan Krizaj, war ausgeschieden – wenn überhaupt, der einzige Wermutstropfen einer ansonsten gelungenen Premiere, die von traumhaftem Winterwetter, einer optimalen Kunstschnee-Piste und hervorragender Organisation geprägt war.
Die Hannes-Trinkl-Piste gab es damals noch nicht, gefahren wurde an diesem 21. Dezember 1986 auf der Bärenalm. Was es noch gab, waren Menschen mit großen Ambitionen, wie der mittlerweile verstorbene Rudi Rohregger oder Eugen Stallinger. Mit dabei im Team der Weltcup-Pioniere waren auch Helmut Mayr sowie der Ski-Club Hinterstoder, weiters Erich Kammerhuber und seine Helfer vom Skiclub Molln.
Dass auf dem Treppchen ganz oben schlussendlich ein Deutscher die Hände in die Höhe streckte, mag die Freude bei so manch heimischem Skifan getrübt haben, nicht jedoch die der Touristiker. Für den Deutschen Skiverband bedeutete Armin Bittners Sieg das Ende sieben siegloser Jahre. Schlagzeilen in den deutschen Medien waren dem Neo-Weltcup-Ort also sicher. Oder, wie es Eugen Stallinger in einem OÖNachrichten-Interview ausdrückte: "Der Bittner, das war damals ein Haupttreffer." Deutschland war zu diesem Zeitpunkt Zielmarkt Nummer eins in der Region, und durch den Sieg des 22-Jährigen wurde Hinterstoder auch den Deutschen als Wintersportort ein Begriff.
Gerade einmal zwei Millionen Schilling hatte man 1986 zur Verfügung. Heute sind rund 1,5 Millionen Euro notwendig, um ein Weltcup-Wochenende auf internationalem Standard ausrichten zu können. Am kommenden Freitag ist es erneut so weit. Nach fünf Jahren Abstinenz kehrt der Skiweltcup mit drei Rennen zurück ins Stodertal. Heute wie damals werden die Kräfte gebündelt. Allein 450 Helfer unter der Leitung von Organisations-Chef Gerald Hackl werden an den drei Tagen im Einsatz sein, um den erhofften 40.000 Besuchern ein unvergessliches Skierlebnis im Stodertal zu bereiten. Und wer weiß, vielleicht gibt es diesmal einen Sieger in Rotweißrot.
Stoderer Skilegenden
Hans Kniewasser
Er war in den 1970er Jahren nicht nur ein erfolgreicher Skirennläufer, sondern auch ein gefragter „Modell-Athlet“. Der legendäre „Skilehrer der Nation“, Franz Hoppichler, drehte seine Filme zur Demonstration von Fahrstil und Fahrtechnik am liebsten mit Kniewasser, der stilistisch perfekt wie kein anderer auf dem Ski stand. 1973 katapultierte er sich beim Weltcupslalom in Sterzing mit einem zweiten Platz hinter Piero Gros (Ita) in die Weltklasse. 1974 wurde er auf dem Ganslernhang in Kitzbühel hinter seinem Freund und Konkurrenten Hans Hinterseer Zweiter. Nach der Karriere wurde Kniewasser Gendarm. Im Oktober 2012 verstarb er 61-jährig an einer Lebererkrankung.
Josef Prieler
Schon mit 17 gewann er 1975 einen FIS-Slalom auf der Höss und erreichte in jenem Winter auch viele gute Plätze bei Europacuprennen. Am Ende der Saison wurde er für den B-Kader des ÖSV nominiert. Nach weiteren starken Leistungen im Europacup und bei FIS-Rennen hatte Prieler gute Chancen auf eine Aufnahme in das Weltcupteam. Es kam allerdings anders: Die schweren Verletzungen, die ihm 1978 bei einem Überfall in Nizza an der Lunge zugefügt wurden, zwangen den Spitzensportler zur Aufgabe seiner noch so jungen Karriere.
Rudi Rohregger
Er gilt als „Vater“ des Weltcups in Hinterstoder. Als aktiver Rennläufer fuhr er im B-Kader, als Funktionär prägte er länger als drei Jahrzehnte den Skiclub Hinterstoder. Dass Hinterstoder zum Weltcup-Ort wurde, verdankt man nicht zuletzt den guten Verbindungen Rohreggers, der auch FIS-Delegierter und ÖSV-Vizepräsident war. Seine Tochter Eveline (39), sie ist am Wochenende als Rennleiterin im Einsatz, absolvierte 106 Weltcuprennen. Im Jänner 2007 starb Rohregger 63-jährig an den Folgen eines Herzinfarktes.
Hannes Trinkl
An ihm kommt in Hinterstoder keiner vorbei: Mit der „Hannes-Trinkl-Piste“ wurde ihm ein Denkmal gesetzt. Vor 15 Jahren vergoldete er mit dem Abfahrts-WM-Titel in St. Anton seine beeindruckende Karriere. Mehrere schwere Verletzungen konnten ihn nicht stoppen. Insgesamt gewann er sechs Weltcuprennen und feierte 25 „Stockerlplätze“. Am Weltcup-Wochenende ist der 48-jährige Trinkl in Hinterstoder als Renndirektor der FIS im Einsatz.
Skifoan in Hinterstoder
- 1905 Skitourismus: Als 1905 die Bahnlinie von Linz nach Spital am Pyhrn in Betrieb geht, kommen erste alpine Touristen in die Pyhrn-Priel-Region.
- 1912 Erstes Ski-Preisrennen: Nach der Gründung des „Wintersportvereins Stodertal“ durch Oberförster Leopold Hummelberger wird am 10. Dezember das erste „Ski-Preisfahren“ ausgetragen.
- 1922 Stodertaler Ski und Sprungschanze: Isidor Lindbichler produziert in seiner Wagnerei in Hinterstoder Holzskier – die „Stodertaler Ski“. Im gleichen Jahr wird in der Ortsmitte die „Stodertaler Sprungschanze“ gebaut, die damals größte in Oberösterreich. Den Eröffnungssprung macht Ludwig Angerhofer, er springt 30 Meter weit.
- 1948 Erster Skilift: Der Skilehrer Georg Saxenhuber nimmt am Spintriglhang einen sogenannten Schlittenlift in Betrieb: mit 230 Meter Länge und 82 Meter Höhenunterschied der erste Lift in der Pyhrn-Priel-Region. Für Saxenhubers Vorhaben einer Personen-Schwebebahn auf die Hutterer-Böden findet sich damals noch kein Kapitalgeber.
- 1959 Seilbahn: Eröffnung des ersten Teilstücks der Hinterstoder-Seilbahn vom Tal auf die Hutterer-Böden. 1960 ging das zweite Teilstück von den Hutterer-Böden auf die Höss in Betrieb.
- 1975 Erstes FIS-Rennen: Am 21. Februar bestreiten 104 Starter das erste FIS-Rennen. Es war der Anfang für viele weitere.
Ein sehr interessanter historischer Bericht über die damaligen Zeiten, in denen es wenig Geld aber noch jede Menge Schnee gab.
Wie man aus dem Bericht entnehmen kann, hat schon damals Herr Schröcksnadel eine für ihn wirtschaftliche Entscheidung getroffen, und die Bärenalm aufgegeben. Ähnlich ist es bei der Wurzeralm, in die nichts investiert wurde.
In Zeiten der immer mehr voranschreitenden Klimaerwärmung müssen wir auf einem harten Kunstschneeband fahren. Für mich ist der Reiz des Schifahrens vorbei, denn für mich gehört auch eine weiße Landschaft dazu. Deshalb habe ich nicht nur wegen der sehr teuer gewordenen Schikarten aufgehört. Ich rate allen die in Lifte, Hotels, Gastronomie usw. investieren möchten, sich das genau zu überlegen. Von der Landesregierung OÖ, die wahrscheinlich die Hauptlast der Finanzierung zu tragen hat, erwarte ich mir eine gewissenhafte Verwendung der Steuergelder, denn wenn es sich nicht mehr rechnet, wird sich Herr Schröcksnadel wieder aus dem Staub machen.