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Kinder nicht mit YouTube alleine lassen

Von Martina Mara, 25. November 2017, 00:04 Uhr

"Guck mal, Mama", rief mir das Töchterlein unlängst zu.

Eine für Linzer Gefilde recht ungebräuchliche Formulierung. Mir war jedoch schnell klar, wo ihr Ursprung liegt. Bei Bobo Siebenschläfer nämlich, dem Protagonisten zahlreicher Kleinkindgeschichten, der seine Mutter in YouTube-Clips oft mit exakt diesen Worten anspricht und der zum Rollenmodell meiner Tochter geworden ist.

Mal abgesehen von etwaigen Sorgen über die Teutonisierung des Österreichischen ist das eine harmlose Anekdote. Trotzdem zeigt sie, wie Kinder durch Nachahmung lernen, wie sie selbst Bildschirmfiguren als Vorbilder heranziehen, mit ihnen lachen, weinen und sich ihre Eigenarten "abgucken". Das funktioniert im Positiven, aber genauso im Negativen, wie eines der berühmtesten Experimente in der Geschichte der Psychologie schon Mitte der 1960er demonstrierte: Sozialpsychologe Albert Bandura führte damals Kleinkindern Videos vor, in denen Erwachsene oder alternativ Comicfiguren auf eine Puppe einschlugen. Danach ließ er sie in einem Raum warten und beobachtete ihr Verhalten. Viele Kinder imitierten, was sie gesehen hatten, schimpften und traten auf Spielzeug ein – bei beiden Filmvarianten. Der Versuch wurde zur Grundlage für Banduras Theorie zum "Lernen am Modell".

Zurück in der Gegenwart mehren sich Berichte über gewalthaltige, als kindertauglich getarnte Online-Videos auf YouTube (siehe Seite 26). Böswillige Idioten oder einfach nur unreflektierte Kasperl manipulieren Clips mit Charakteren, die bei Drei- bis Fünfjährigen besonders beliebt sind, lassen Schweinchen Peppa Putzmittel trinken oder köpfen Elsa, die Eiskönigin. Über die Nachahmungsgefahr hinaus sind solche Inhalte für Kleinkinder hoch verstörend. Dreijährige kennen keine Satire, keinen Unterschied zwischen der "echten" und der manipulierten Peppa. Der Horror kommt bei ihnen ungefiltert an und im schlimmsten Fall sind sie alleine mit ihm. Deswegen das ganze Internet verteufeln? So einfach geht es nicht, denn dafür ist es im Alltag der meisten Eltern viel zu präsent, und schließlich gibt es ja auch wertvolle Web-Inhalte. Aber: Man lässt kleine Kinder ja auch nicht unbegleitet durch die Innenstadt spazieren und überall dort reinstiefeln, wo ein buntes Schaufenster lockt. Auch da sind Spielzeugladen und Beate Uhse für Dreijährige kaum zu unterscheiden, auch da laufen hinter der nächsten Ecke womöglich Perchten herum. Das Ziel muss daher sein: Kinder an die Hand nehmen, die Online-Welt gemeinsam erkunden und sich selbst bei scheinbar kindgerechten Inhalten immer einen kritischen Erwachsenenblick bewahren. Zur bequemen Nanny taugt die YouTube-Auto-Playlist allerdings nicht.

 

Martina Mara ist Medienpsychologin und forscht am Ars Electronica Futurelab zur Mensch-Roboter-Beziehung. Twitter: @MartinaMara

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am 27.11.2017 10:56

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