Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Du Opfer!

Von Martina Mara, 28. Oktober 2017, 00:04 Uhr

In den vergangenen Jahren hat das Wort "Opfer" Einzug in die Jugendsprache genommen.

"He, du Opfer" rufen sich junge Menschen heute am Schulhof oder in der Bim zu. Manchmal meinen sie das kumpelhaft ironisch. Meistens jedoch ganz unmissverständlich beleidigend. Der Opfer-Begriff drückt dadurch nicht mehr Mitgefühl bei erlittenem Leid aus, sondern eine Herabwürdigung scheinbar Schwächerer. Deine Uncoolness, deine blöde Frisur, deine Wehrlosigkeit haben dich in diese Rolle gebracht. Selber schuld, du Opfer. Ähnliche Formen der unbedacht-lässigen Täter-Opfer-Umkehr sind derzeit vielerorts im Internet nachzulesen. Seit etwa zwei Wochen teilen Millionen Menschen aus aller Welt persönliche Erfahrungen mit sexueller Belästigung und Gewalt unter dem Hashtag #MeToo in sozialen Netzwerken. Ziel ist mehr Bewusstsein über die Breite des Problems, Anlass war der Fall Harvey Weinstein. Als Hollywood-Produzent dürfte sich dieser über Jahre hinweg ein System des Machtmissbrauchs über das Mittel der Besetzungscouch erbaut haben.

Auch in Österreich schreiben nun Tausende Frauen (und wenige Männer) erstmals über Missbrauchserlebnisse und Belästigung am Arbeitsplatz oder darüber hinaus. Doch von Twitter bis zu den Online-Foren heimischer Zeitungen, darunter jene der sogenannten Qualitätsmedien, gilt: Menschen, die an der #MeToo-Kampagne teilnehmen, werden großteils verbal abgewatscht. In fast unerträglicher Frequenz poppen Kommentare auf, die einer aufgeklärten und angeblich nach Gleichberechtigung strebenden Gesellschaft unwürdig sind: Regelmäßig wird Betroffenen, Opfern da die Schuld an Übergriffen selbst in die Schuhe geschoben, ganz in der Tradition des alten "Na, hätt’ sie halt einen längeren Rock angezogen." Regelmäßig wird gefragt, warum Betroffene sich nicht viel eher gewehrt hätten, wenn der Po-Grapscher des Chefs angeblich so schlimm war. Regelmäßig werden negative Erfahrungen abgesprochen, gleichzeitig jedoch ein Sehnen nach Übergriffen unterstellt ("Die wünscht sich’s wahrscheinlich, schau’ dir Ihr Profilbild an").

Und dann, Nina Proll: Als bekanntes "Vorstadtweib" richtete sie der #MeToo-Crowd auf Facebook aus, dass sie "sexuelle Annäherungsversuche vonseiten eines Mannes grundsätzlich erfreulich finde", wohl aber "nicht jung und erfolglos genug" sei, um überhaupt belästigt zu werden. Ein Posting, das Ursachen sexualisierten Machtmissbrauchs wiederum am "Opfer" selbst festmacht und durch Sportler Felix Baumgartner schnell Zustimmung fand. Armin Wolf twitterte dazu: "Ganz simple Regel zur Orientierung: Wenn dir in einer Sexismus-Debatte Felix Baumgartner applaudiert, liegst du falsch." So ist es.

Martina Mara ist Medienpsychologin und forscht am Ars Electronica Futurelab zur Mensch-Roboter-Beziehung. Twitter: @MartinaMara

mehr aus Schöne neue Welt

In drei Sekunden nach Absurdistan

Estland, das digitiale Musterbeispiel

Ein rappender Elvis? Bitte nicht!

Was kommt nach dem Jahr der KI?

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

2  Kommentare
2  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
JudyFink (24 Kommentare)
am 30.10.2017 18:39

Das Thema Sexuelle Belästigung und Gleichstellung werden uns wohl noch lange begleiten bis das endlich nicht mehr zum Alltag gehört von sovielen Frauen. Auch das Bashing gegen Frau Proll finde ich etwas problematisch. Es stimmt schon ihre Position wirkt wie ein "in den Rücken fallen" und ist nicht zu Unterstützen. Aber wieviel Wut dann auf eine einzige Person konzentriert wird ist etwas übertrieben. Wichtiger ist es mit Beispielen aufzuzeigen das wir noch am Anfang stehen. https://wien.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/frauen/Junge_als_Betroffene_von_sexueller_Belaestigung.html

lädt ...
melden
Gugelbua (31.937 Kommentare)
am 28.10.2017 12:10

der Kampf um die Gleichstellung der Frau gegenüber dem Mann hat doch erst begonnen und wird wenn überhaupt noch hunderte von Jahre dauern.
eine gesetzliche Textänderung einer Hymne bewirkt da wirklich nichts zwinkern

lädt ...
melden
Aktuelle Meldungen